Jesus in der evangelischen Kirche auf Spiekeroog

Abendmahl baut Kirche

Katholiken und Protestanten trennt das Abendmahl. Man feiert es nicht. Was zusammenführen soll trennt. Das widerspricht dem Auftrag Jesu. Eine Lösung haben die Theologen bisher nicht gefunden. Die Positionen aus der Reformationszeit lassen sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Es muss neu in die Bibel und dann nach vorne geschaut werden, gerade an Fonleichnam.

In einem vorausgegangenen Beitrag wurde gezeigt, dass das Abendmahl, katholisch die Eucharistiefeier, ohne Kirche nicht funktionieren kann. Es braucht einen Rahmen, damit zwischen Brot und konsekrierter Hostie unterschieden werden kann. Ohne ausgewählte Personen keine Garantie, dass die Hostie etwas anderes ist als nur ein Stück Brot. Aber auch Kirche braucht das Mahl, damit Christus in ihr gegenwärtig bleibt und sie immer mehr Kirche wird.

Dynamik des Abendmahls

An Fronleichnam besonders, aber auch in jeder Abendmahlsfeier, zentriert sich die christliche Gemeinde bei einem symbolischen Mahl. Was eigentlich eine Dynamik zu tieferer Einheit entfaltet, nämlich gemeinsam nicht nur geredet, sondern gegessen zu haben, ist zum Spaltpilz der Trennung geworden. Die Gegensätze, die im Prozess der Reformation immer schärfer wurden, konnten, anders als im Mittelalter, nicht versöhnt werden. Offensichtlich lässt sich die Trennung im Rückgang nicht zu einer Synthese bringen. Es braucht eine neue Idee, so wie sie im Mittelalter mit dem Substanzbegriff erreicht wurde. Diese besagte: Auch wenn das Brot nach außen Brot bleibt, in seiner Substanz ist es zum Leib Christi geworden. Die Lösung "Transubstantiation" funktioniert aber offensichtlich nicht mehr. Man streitet nicht mehr über das Wie der Gegenwart Jesu. Mit neueren philosophischen Modellen braucht man den Substanzbegriff auch nicht mehr allein, sondern nähert sich dem Symbolverständnis der Ostkirche. Am Modell der Nationalfahne kann man sich verdeutlichen, was die Gegenwart Jesu in Brot und Wein sein könnte. Eine Fahne ist eben mehr als ein Stück Stoff. Wer bewusst auf ein Sternenbanner tritt, beleidigt die USA als Nation. Eine Erklärung, wie Jesus im Brot gegenwärtig ist, ist notwendig, denn Jesus hat keine gegeben. Er hat nur gesagt: "Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut," ohne dass sich das Brot in Fleisch noch der Wein in Blut verwandelt hätte. Das links wiedergegeben Altarbild der alten evangelischen Kirche auf Spiekeroog zeigt Jesus, wie er Hostie und Kelch reicht. 

 Das Mahl zielt auf Jesus

Wenn das Mahl Gemeinschaft heißt und ausdrücklich von Jesus installiert wurde, dann soll es ja die christliche Gemeinde sammeln, damit er selbst gerade in dieser Versammlung gegenwärtig ist. So berichten ja die Evangelien, dass Jesus nach seinem Tod der Gemeinde erscheint , die zu seinem Gedächtnismahl versammelt ist. Das soll auch immer weiter geschehen. Deshalb braucht es ein Verständnis dafür, wie Jesus in Brot und Wein gegenwärtig ist. Es genügt nicht, die Positionen des 16. Jahrhunderts zu erwägen und zu versuchen, diese zu versöhnen. Man muss eine neue Brücke bauen. Diese kann nicht mehr einfach aus den Vorstellungen gebaut werden, wie Jesus in Brot und Wein gegenwärtig ist. Diese Gegenwart wird ja nicht statisch verstanden, vielmehr sollen durch das Mahl die einzelnen mehr im Sinne Christi verwandelt werden. Das bezieht sich durch die Mahlgemeinschaft auch auf die Verbundenheit untereinander. Jedoch geht es zuerst um die Beziehung zu Gott. In den bei Johannes zu findenden Ansprachen Jesu während des Abendmahles geht es um Einheit, jedoch nicht zuerst untereinander, sondern mit dem Vater Jesu. Zugleich entsteht dadurch unter den Mitgliedern der Gemeinde eine tiefere Einheit. Das zeigt eine neue Dimension, die im Eucharistiestreit des Mittelalters nicht im Vordergrund stand, sondern wohl als selbstverständlich gegeben vorausgesetzt wurde. Die Kirche als Institution stand erst im 16. Jahrhundert zur Disposition. Deshalb stellt sich die Frage heute etwa so:

 Wie entsteht aus Eucharistie Kirche?

Jesus wollte eine neue Gemeinschaft unter den Juden. Er startete eine Sammlungsbewegung, sammelte, indem er das Volk neu auf Gott ausrichtete. Er nannte diese "Reich Gottes". Von Gott, dem Vater Jesu, geht diese Sammlung aus. Als sein Projekt auf Ablehnung stieß, gab er es nicht auf, sondern wählte zur Repräsentation der 12 Stämme Israels aus dem Jüngerkreis zwölf Apostel. Sie haben im Namen ihren Auftrag stehen. Apostel heißt „Gesandte“, sie sollen Gesandte Jesu sein um die Sammlung, die er begonnen hatte, fortzuführen. Aus dieser Sammlung entstand erst dann die Kirche, als Israel auch die Predigt der Apostel ablehnte. Die Sammlung soll aller Menschen einbeziehen und kommt erst am Ende der Welt an ihr Ziel, wenn Christus wiederkommt und dem Vater die neue Schöpfung übereignet. Es ist also das Volk, das Gott sich erwählt hat und das er durch Jesus sammelt. Neben der Beschreibung des Volkes Gottes gibt es noch eine andere, um die Realität der Kirche zu erfassen.

Eucharistie und der Leib Christi

Was langsam die Kirche wird, wird in der christlichen Bibel, dem Neuen Testament, als Leib Christi verstanden. Es geht also nicht nur um Mitgliedschaft im Volk Gottes, sondern auch um eine Eingliederung in Christus. Der Christ wird durch die Taufe zu einem Glied am Leibe Christi. Dass diese Dimension der Kirche direkt mit dem Abendmahl, dem Empfang des Leibes und Blutes Christi korrespondiert, liegt auf der Hand. Für die lateinische Kirche der Neuzeit, die sich gerade durch Messe und Verehrung der Hostie von der protestantischen Orientierung am Wort abhob, gilt das in besonderem Maße.

Für den Zusammenhang von Leib Jesu in der Hostie und dem Leib Jesu als Kirche muss eine Vorstellung eine Erklärung gefunden werden. Die wird schwieriger zu finden sein als in Bezug auf das Volk Gottes, da der Leib mehr Einheit fordert. In Bezug auf das Volk Gottes ist das einfacher zu erklären. Die Eucharistie nährt dieses Volk auf seinem Weg, so wie das Volk Israel auf seiner Wüstenwanderung durch das Manna und die Wachteln.
Überträgt man das Verständnis der Eucharistie auf die Kirche, dann hat sie wie Brot und Wein auch eine Außenseite, eben die Institution. Da stimmen Katholiken und Protestanten überein. Jedoch was sie innen ist, kann man soziologisch nicht fassen. Dieser innere Wesenskern ist die Verbindung mit Gott, aber nicht nur, dass die Gläubigen an Gott denken und ihm im Glauben die Rettung der Menschheit zutrauen. Sie ist Leib Christi. Dieser Leib hat eine Seele, sie wird beseelt durch den Heiligen Geist. In dieser Kirche ist Jesus aber nicht nur geistig gegenwärtig, sondern leibhaftig mit seinem Auferstehungsleib.

Perspektive: Gegenwärtig werden

In Deutschland stehen beide Kirchen vor der gleichen Herausforderung: Immer mehr Menschen wissen mit der christlichen Botschaft nichts anzufangen. Es wäre eine neue Sammlungsbewegung notwendig. Jesus will ja auch heute alle Menschen in Beziehung zu Gott bringen. Als die Apostel sich auf den Weg machten, war die Welt ähnlich wie heute, in den Städten eine Vielzahl von Weltanschauungen, das Römische Reich ein großes Völkergemisch, die Menschen auf der Suche. Warum nicht gemeinsam diese Herausforderung annehmen und dann der Eucharistie als Dynamik zur Einheit ihren Platz geben. 

Paulus über die Einigungsdynamik des Abendmahls:
"Brüder und Schwestern! Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot." 1 Korinther 16f

Link zur Frage, wie die Kirche garantiert, dass die konsekrierte Hostie nicht mehr nur ein Stück Brot ist:
Abendmahl braucht Kirche

 

 


Kategorie: Kirche

Kommentare (1)

  1. Walter am 16.06.2017
    Abendmahl-Exklusion oder Inklusion ?

    kann/darf die Theologie anders als konfessionsgebunden denken ?
    Verlöre sie sonst nicht sämtliche -über Jahrhunderte erworbene "Anrechte "?
    Sie exkludierte sich ...!
    Demnach müsste sich inkludierende Theologie mehr auf SEINE - nicht konfessionsgebundene Kirche ausrichten.
    Das hiesse : das Abendmahl baut ( und braucht ) nicht Kirche als Institution, sondern Kirche als SEIN Volk
    (s.1 Petrus).

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