15 Minuten zu spät rollt der Zug in den Bahnhof ein. Den Anschluss kann man sich jetzt abschminken. Zwei Swypes auf dem Handy und schon ist er raus: der Hate-Kommentar auf den Sozialen Netzwerken. Von harmlosen Beleidigungen bis beängstigende Drohungen ist alles dabei. Die Anonymität enthemmt die Kommunikation und ist schwer abzuwenden. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, meint Malte Krohn, Leiter der Social Media Abteilung des DB-Personenverkehr. Er referierte heute auf der Tagung „Kirche im Web 2025“ in der katholischen Akademie Franz Hitze Haus in Münster. Die ökumenische Tagung am 13./14. März 2025 steht in diesem Jahr unter dem Titel „Zwischen Shitstorm und Pfarreifusion“.
Kritik ja, aber wie?
Auf den Sozialen Netzwerken zeigt die Deutsche Bahn auf Instagram, Facebook, Bluesky, WhatsApp, YouTube und LinkedIn Präsenz. Einige Portale dienen eher dem Erklärcontent, andere vor allem Facebook, Bluesky und WhatsApp sind Kommunikationskanäle, die von einer direkten und schnellen Frage-Antwort Kultur leben. Malte Krohn betont, dass bei den 500.000-800.000 Anfragen jährlich zwischen wirklichen Anliegen und Wutkommentaren unterschieden werden muss. Denn gern fungieren die Sozialen Medien als Blitzableiter genervter Bahnfahrer:innen. Der Konzern will dabei „überlegt, konstruktiv, respektvoll und tolerant formulierter Kritik gegenüber aufgeschlossen“ auftreten. Auf ihrer Website macht die Deutsche Bahn unter dem Titel „Unsere Netiquette“ ihren Online-Verhaltenskodex stark.
Immerhin geht es bei den Adressaten der Kommentare um echte Menschen, die die meist „ungehemmte Kommunikation“ auffangen müssen. Die bewusste Entscheidung hier nicht einfach eine KI einzusetzen, liegt an dem technischen Wissen und dem oft emotionalen Fingerspitzengefühl, welches beim Antworten gefragt ist, betont Malte Krohn.
Man muss auch über sich selbst lachen können
Mit Posts unter der Überschrift: „WhatsApp ist down. Glück für alle in der Bahn, die das gerade gar nicht mitbekommen.“, bietet die Deutsche Bahn Raum für Selbstironie und kommt damit den Kritikern zuvor. Gleichwohl bedarf es einem Feingefühl, bestätigt der Social Media Leiter des DB Personenverkehrs. Manche Dinge würden online besser ankommen als andere und intern unter den Mitarbeiter:innen sei das natürlich genauso.
Influencer aus den eigenen Reihen
Besondere Aufmerksamkeit gebührt dem DB-Lokführer Peter Wuschansky. Unter dem Username „Peterle Sky“ steht er für lustigen und kompetenten Content und bietet als Trainfluencer Einblicke in seine tägliche Arbeit. Auch in anderen Bereichen kommen Mitarbeiter:innen der Deutschen Bahn zu Wort. So auch in der einwöchigen Kampagne „Kein Herz für Hater“ aus dem letzten Jahr. Mit der Aktion, die sich gegen Hass im Netz einsetze, stellte die Deutsche Bahn die Reichweite ihrer Kanäle zur Verfügung. Auch mit ihrem „Regenbogen-ICE“ zeigte der Konzern Haltung und bezog Stellung zu unpassenden Kommentaren unter den Postings.
Das richtige Maß
„Der Diskurs in den Sozialen Medien gestaltet sich immer rasanter“, stellte die Deutsche Bahn fest. Das sporne Hate-Debatten an, diene aber auch dem Informationsfluss und stütze die Kommunikation in Störfällen. „Am Ende zählt das richtige Maß. Ein respektvoller Umgang mit berechtigter Kritik, hilft eine innovative Fehlerkultur zu integrieren“, so Malte Krohn.
Dieses Beispiel des Deutsche Bahn Konzerns lässt sich auch auf andere Bereiche, wie die die digitale Kirche, übertragen. Malte Krohn betonte, dass es dabei auf eine gute Krisenkommunikation, ein entsprechendes Feingefühl, etwas Selbstironie und die gute Nutzung der eigenen Reichweite ankomme. Bei der Tagung „Kirche im Web 2025“ in Münster wurde deutlich, dass es einige Parallelen, zwischen der Bahn- und der Kirchen-Kommunikation gibt.
Tagung "Kirche im Web"
Die Tagung "Kirche im Web" findet am 13./14. März 2025 in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster und online statt. explizit.net begleitet #kiw25 medial. Weitere Infos auf www.kircheimweb.net.
Ovine Giselle Gottschalk
Hinweis: Dieser Beitrag ist im Rahmen des „Studienprogramms Medien“ der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main entstanden. Infos auf https://www.medienprogramm-stgeorgen.de/.
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Junge Feder
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