Björn Hirsch ist der Gründer des All for One-Network. Er hat über drei Jahre daran gearbeitet junge Menschen aus verschiedenen Kirchen für Christus zu begeistern. Nun geht er in Elternzeit und zieht sich vorerst aus der aktiven Arbeit zurück. Für uns wirft er einen Blick darauf, wie All for One zu einer inzwischen deutschlandweit bekannten Marke geworden ist.
Björn, welche Leute werden bei den Veranstaltungen von All for One erreicht?
Von den Besuchern sind etwa 30% kirchenfern, 70% sind schon in Gemeinden verortet. Aber das finde ich schon echt gut. Von den Mitarbeitern sind natürlich viele auch in den Gemeinden aktiv. Aber es kommen auch immer mehr Leute, die mit Kirche gar nichts zu tun haben. Die finden einfach die Sache cool. Unsere Social Media Expertin ist z.B. keine Christin. Und sie steckt trotzdem viel Zeit und Kreativität in diese Arbeit. Das ist einfach unglaublich.
Was ist denn „Die Sache“? Christus? Das Event? Die Gemeinschaft?
„Die Sache“ ist unsere Gemeinschaft und unser Umgang miteinander. Ich gebe vor jedem B.A.S.E.-Jugendgottesdienst den Hinweis: Auch wenn etwas schiefläuft oder es stressig wird, wir müssen immer in der Liebe bleiben und barmherzig miteinander umgehen. So geben wir Zeugnis. Und ich glaube das merken viele. Diese Art Gemeinschaft lieben auch Leute, die noch nicht wissen, wer Christus ist. Der Event an sich ist natürlich auch für viele attraktiv. Bei uns werden alle angenommen, wie sie sind. Es muss sich keiner erst bekehren oder taufen lassen. Jeder darf bei uns dazugehören, bevor er glaubt. In erster Linie finden Erwachsene durch andere Personen zum Glauben. Deshalb machen wir auch Glaubenskurse und Connect-Groups, die auf Beziehung angelegt sind.
Viel Wert legt ihr bei diesen Veranstaltungen auf den äußeren Auftritt. Wie schafft ihr es, Fachleute zu gewinnen, die in den einzelnen Gemeinden oft fehlen?
Ich glaube unser erster Vorteil war, dass unser erster Event mit 800 Gästen so explodiert ist. Das war ein Hype. Ob das gut ist oder nicht, muss hinterfragt werden. Wenn es nicht mehr gut läuft, sind viele vielleicht auch wieder weg. Da müssen wir schauen, wie wir diese Leute binden können.
Der zweite Anzugspunkt ist, dass unsere Helfer maximale Freiheit bekommen. Damit etwas gut wird, lassen wir es uns etwas kosten. Mit schlechter Öffentlichkeitsarbeit wird mehr kaputt gemacht als mit keiner. Wir wollen Ermöglicher sein. Da ist Wertschätzung auch ganz wichtig. Heutzutage können alle Dienstleistungen gekauft werden, aber das ist oft nicht besser als das, was mit Herzblut und Können gemacht wurde. Das motiviert die Leute mitzumachen.
Wie sieht das konkret in der Umsetzung aus?
Unser erster Schritt war es, Verantwortung zu übertragen. Wir haben eine Gründungsparty gemacht und 15 Listen für Teams ausgelegt. Später gab es eine Team-Connect-Party. So kamen immer mehr Fachleute auf ihrem Gebiet zusammen. Ab da hatten die Teams die Verantwortung für das, was sie tun. Einziges Kriterium war von Anfang an: Die Arbeit, die ihr bei uns abliefert, muss so sein, als bekämt ihr 100€ die Stunde. Gott ist uns nur das Beste wert. Und jedes Team muss sich im Klaren darüber sein, welche Bedeutung es aus dem Glauben heraus für das Netzwerk und die Menschen hat. Das haben wir uns vom Gebetshaus in Augsburg abgeschaut.
Vor drei Jahren hast du mit Konzertfahrten begonnen. Wie kam es schließlich zu einem überkonfessionellen Netzwerk, das Großveranstaltungen organisiert und Massen begeistert?
Die Freikirchler haben am Anfang das Risiko fest eingeplant, dass eine neue Kirche entsteht. Eine Gemeindegründung habe ich hingegen von Anfang an ausgeschlossen. Katholiken gründen keine Gemeinden. Deshalb wollten wir als Netzwerk bestehen. Wir Christen müssen uns gegenseitig kennenlernen und Verständnis für einander entwickeln. Am meisten trennen uns nämlich Vorurteile. Für mich ist das anders: Wenn Menschen mit Jesus unterwegs sind, dann ist das die wichtige Gemeinsamkeit. Deshalb war mir Beziehungsaufbau das Wichtigste. Vor allem haben die Leute auf den Konzertfahrten gesehen, wie Kirche sein kann und welche Events möglich sind.
Hattest du bei den Konzertfahrten schon das Netzwerk im Kopf?
Ja, das war von Anfang an meine Vision und ich habe mich gefragt: Wie kann ich diese an die Leute bringen?
Also bist du mit einem Konzept gestartet und hattest ein festes Ziel?
Nein, das Netzwerk hat sich schon entwickelt, aber mehr nach dem Effectuation-Prinzip. Ich schreibe keinen Businessplan und sage: In drei Jahren muss ich von A nach B kommen und dazu habe ich die Mittel X. Ich habe erstmal eine grobe Vision und diese Vision verfolge ich. Mein Glück war dann, dass Leute zu mir kamen, die meine Vision teilten. Das ist für mich das Erfolgsgeheimnis hinter allem. Mitarbeiter findest du schnell, aber Menschen die wirklich den gleichen Herzschlag haben sind selten.
War dein Plan speziell auf Fulda bezogen oder hättest du ihn auch irgendwo anders umsetzen können?
Meine Vision ist erstmal unabhängig von Fulda entstanden. Und mittlerweile bekommen wir aus ganz vielen Regionen Deutschlands Anfragen, ob wir da auch so eine Arbeit aufbauen könnten. Wir fahren dann in andere Städte, machen Visionstage und geben den Leuten einen Fahrplan, wie so ein Netzwerk gründet werden kann.
Vor einiger Zeit gab es einen Visionstag, an dem das Thema All for One-Deutschland zentral war. Ist das Konzept übertragbar oder muss es wie in Fulda von unten wachsen?
Unsere Aufgabe ist es nur die Vision zu pflanzen. Andere Städte laden uns ein und wir treffen uns erstmal mit vielen Ehrenamtlichen aus allen Kirchen und Denominationen. Ich glaube, dass Gott in unserer heutigen Zeit Segen auf Einheit legt. Nach dem Treffen ziehen wir uns dann wieder raus. Oft bilden sich danach Arbeitskreise vor Ort.
Oft prallen in solchen Arbeitskreisen Welten aufeinander. Werden diese unterschiedlichen christlichen Lebensstile im Netzwerk bemerkt?
Für die Leute, die mitmachen spielt das eigentlich keine Rolle. Natürlich kann manchmal am Verhalten bemerkt werden, dass diese Denkmuster noch in den Köpfen sind. Aber wir haben von Anfang an im Leitbild festgehalten, dass wir uns nicht über einander stellen und auch keine Leute abwerben. Wir machen auch keine theologischen Diskussionen. Bei den Glaubenskursen kann so etwas ins Gespräch kommen, aber erstmal sind die Veranstaltungen auf Einheit aus. Es gibt viele Dinge die uns vereinen und darauf wollen wir uns konzentrieren.
Diese Einstellung ist bemerkenswert, wie scheinbar auch einer eurer Follower auf Instagram findet. Er schreibt: „Ein Fest war das! Was für ein Privileg, mit solchen Weltveränderern zu dienen!“ Hältst du das Netzwerk für weltverändernd oder sogar weltverbessernd?
Verändern und Verbessern ist erstmal ein Unterschied. Ob es weltverbessernd ist, muss jeder für sich entscheiden. Weltverändert im Kleinen auf jeden Fall, dem Wunsch nach auch im Größeren. Das nächste Thema vom B.A.S.E. ist ReLOVEution, also eine Revolution der Liebe, die Jesus in Gang gesetzt hat. Er ist für uns ans Kreuz gegangen. Wie lasch gehen wir manchmal damit um? So monoton, wie die Lesungen oft vorgetragen werden, kein Wunder. Aber da steckt wirklich eine Botschaft dahinter. Wir als Christen müssen einfach Weltveränderer sein. Das ist unser erster Auftrag. Unsere Events sind nur Mittel zum Zweck, sie sind nicht das Wichtige. Aber wir müssen uns in gewisser Weise präsentieren, damit die Leute uns zuhören. Und dann haben wir eine unschlagbare Botschaft. Weltveränderung geschieht immer nur durch die Veränderung Einzelner.
Wie geht es im Netzwerkjetzt ohne den „Weltveränderer Björn Hirsch“ weiter?
Es geht gut weiter. Wir haben jetzt einen neuen Vorstand, nachdem ich in Elternzeit bin. Dann haben wir ja auch zwei Leute eingestellt, die viel Arbeit im Hintergrund machen und wir haben gute Teamleiter. Ich wollte mich von Anfang an herausziehen, das wurde nach außen vielleicht nicht so sichtbar. Viele haben mir Zuschreibungen gemacht, die mir selbst Angst gemacht haben: Du bist der Prophet, der Visionsträger, Mutter, Vater… Davon habe ich mich persönlich distanziert. Ich habe den Anfang gemacht, aber das Netzwerk muss ein Werk von vielen Leuten sein, damit es beständig ist. Es geht nicht unverändert, aber gut ohne mich weiter.
Das klingt nach einer guten Aussicht. Vielen Dank für die Zeit, die du dir genommen hast und für das nette Gespräch. Ich wünsche dir alles Gute für die Elternzeit und hoffe, dass du deiner Familie mindestens genauso guttust wie dem Netzwerk.
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