(explizit.net) Konkrete Funktionen von Social Media und Internet in der künftigen Gemeinde
Social Media, vor allem die Communities wie auch Twitter und die Blogs, dringen immer tiefer in viele Lebensbereiche vor. Nicht nur die berufliche Sphäre, sondern auch Privates und Religion werden zunehmend durch diese Medien, so u.a. viele Gruppen in Facebook thematisiert. Diese neuen Kommunikationsmuster sind in die bisherigen Gemeindestrukturen nicht so leicht integrierbar. Aber diese Gemeindestrukturen werden sich, zumindest in den städtischen Regionen mehr differenzieren, um die unterschiedlichen Lebenswelten mit einem je anderen Gemeindemodell zu erreichen (dazu bei explizit.net
). Diese Entwicklung ist durchaus nicht negativ, denn Kirche hat keine Krise, sondern Kirche ist im Wandel. Das tut sie seit Beginn ihrer Existenz und im 21. Jahrhundert eben, angepasst an das Gesamttempo der Weltentwicklung – nur etwas schneller. Zu den Chancen, die das Internet eröffnet und welche Rolle Social Media in dieser Entwicklung spielen wird, lassen sich einige Punkte bereits jetzt beschreiben.</p> <h2>Ein Blick in die Zukunft </h2> <p>Vieles, was derzeit schon möglich ist, wird in Zukunft verstärkt getätigt. So wird die künftige Gemeinde sich und ihre Aktivitäten online präsentieren, Bild und Videoinhalte werden für Jedermann abrufbar sein. Der ursprüngliche Mitmach-Gedanke des Web 2.0 manifestiert sich in der künftigen Gemeinde in einem größeren Mitsprache- und Gestaltungsspielraum der Gemeindemitglieder, die so ihren Beitrag für ein gelungenes Miteinander tätigen können. Die Vielfalt des Internets gibt vielen Charismen Raum. </p> <h2>Internet wird Verkündigungskanal</h2> <p>In 5 und spätestens 10 Jahren werden die meisten jungen Erwachsenen eine Welt ohne Internet kaum noch kennen. Sie sind bereits geboren worden, als das Internet schon zum Netz für Zeitungsinhalte und Fernsehsendungen geworden war. Die Gemeinden können Verkündigungsfelder ins Internet verlagern und die Vielfalt der Milieus mit den jeweiligen spezifischen Angeboten bereichern. Die Kanäle der Kommunikation werden sich definitiv von den heutigen unterscheiden: Schnitzeljagten auf Facebook, Twittergottesdienste und viele flüchtige Hypes der heutigen Zeit werden dann verschwunden sein, denn was heute „hipp“ ist, wird in Zukunft längst „out“ sein. Was bleiben wird, sind grundlegende Eigenschaften des Netzes: nicht nur Verbreitung von Informationen, wie bisher durch Pfarrbrief und Bistumszeitung, sondern Kommunikation über Inhalte und Vernetzung von Gruppen über die bisherigen Pfarreigrenzen hinaus. </p> <p>Videokonferenzen via Internet sind bereits heute möglich, Glaubenskurse werden in Zukunft durch das Internet ergänzt und abgestützt, jede Gruppe kann über das Netz neue Mitglieder ansprechen. Wahrscheinlich wird es weniger Treffen von Gruppen geben und dafür mehr Kommunikation untereinander im Netz. Eine online Katechese schafft es über räumliche Grenzen hinweg Kindern und jungen Erwachsenen Inhalte zu vermitteln, die sich primär in deren bekannten Medium, nämlich dem Internet abspielt. Hier wird mehr die Frage im Vordergrund stehen, mit welchen Inhalten ich ein Milieu, eine Lebenswelt erreiche. </p> <p>Bsp.: Ein Kreis aus der Gemeinde wird wöchentlich eine Gesprächsrunde via Videokonferenz abhalten. Der Pfarrer wird den räumlich entfernten Gemeindemitgliedern die Möglichkeit geben sich mit ihm über religiöse Themen auszutauschen. Das passiert schon seit Jahrzehnten in den Bistümern Ozeaniens, wo die Katholiken auf mehreren Inseln verstreut leben. </p> <h2>Neue Gottesdienstformen im Netz</h2> <p>Die bekannten Gottesdienste in Radio und Fernsehen wird es weiter geben, jedoch werden sich andere Formen im Netz entwickeln, die Eucharistiefeier bleibt davon unberührt. Social Web-TV, also das Zuschauen, Zuhören und Mitreden werden sich mehr entfalten. Insgesamt wird sich der Fernsehkonsum verändern, je jünger die Zuschauergruppen, desto weniger schalten sie den Apparat für eine bestimmte Sendung ein, sondern nutzen auf Abruf-Dienste. Religiosität wird von diesem Wandel der Kommunikationskultur beeinflusst werden. Dass die Sakramente Ankerpunkte bleiben, die reale Anwesenheit erfordern, wird von den Menschen sogar wieder mehr geschätzt werden. Aber diese Feiern müssen sich im Internet einen Vorhof schaffen. </p> <h2>Pfarrbrief – als App </h2> <p>Zur jeder Gemeinde gehören Inhalte, Personen, Aktivitäten und Veranstaltungen, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, nur der Infokasten vor dem Eingang in die Kirche wird digitalisiert oder wandert ins Netz, als App oder Abotweet. Die Menschen, die sich zur Gemeinde zählen, wollen in kürzeren Rhythmen und jeweils nur knapp informiert werden, um zu spüren, dass sich in der Gemeinde, in ihrer Gruppe etwas tut. </p> <h2>Digitale Kirchenzeitung </h2> <p>Die Probleme der Printmedien und Buchverlage haben bereits die kirchliche Presse erreicht. Diese werden auf Dauer nicht in der Lage sein, ihr Portfolio aufrecht zu erhalten, dafür sind die anfallenden Kosten proportional zum Nutzen überdurchschnittlich groß. Die Kirchenzeitungen werden daher ihr Angebot ins Netz verlegen müssen, denn dort sind die Kosten geringer und die Aktualisierungsrate höher. Hier ergibt sich für die Diözesen die Möglichkeit, mehr Bistums- und lokale Nachrichten an die Gläubigen zu bringen, die sowohl Bild als auch Videoinhalte beinhalten und eine größere Interaktivität ermöglichen. Man bedenke nur die begrenzte Zahl an Leserbriefen, die regelmäßig die Kirchenzeitungsredaktionen erreichen, aber aus Platzmangel nicht abgedruckt werden können. </p> <h2>Virtuelle Expeditionen </h2> <p>Reise in das Heilige Land, auf den Spuren von Paulus oder ein virtueller Rundgang im Petersdom wird für viele Gläubige zur normalen Mediennutzung gehören. Da das Durchschnittsalter der Gesellschaft permanent steigt und es auch in Zukunft Menschen geben wird, die aufgrund von Gebrechen oder Krankheit keine Reisen mehr durchführen können, wird die Technik zumindest teilweise einen Ausgleich schaffen: Ein "Experte" und/oder der Pfarrer wird interessierte Mitglieder über spezielle 3D Bildschirmbrillen auf einer Reise "begleiten" und wichtige Inhalte oder eigene Erfahrungen dazu beisteuern. Dieses Erlebnis wird weitaus mehr sein, als der gewöhnliche Dia-Vortrag im Pfarrsaal und gewiss die Neugier des einen oder anderen "Kirchenfernen" wecken.</p> <h2>Blogs und Social Media</h2> <p>Facebook und generell alle sozialen Netzwerke, derzeitige und künftige, werden sicherlich eine große Bedeutung bei der Vernetzung und Organisation haben. Es ist abzusehen, dass Facebook nicht auf Dauer die bestimmende Plattform für Gruppen und Gemeinschaften bleiben wird. Jedoch werden Plattformen, die einen qualitativ besseren Datenschutz garantieren, mit entsprechender Netzstruktur künftig für die Kommunikation in den Gemeinden eine Rolle spielen. Denn Gemeinde als Glaubensgemeinschaft, die sich auch an andere mit ihrem Zeugnis wendet, hat unmittelbar etwas mit Kommunikation und Vernetzung zu tun. Das sind Funktionen, welche die Grundpfeiler von Social Media darstellen und analog auf die Gemeinden übertragbar sind, denn ohne Kommunikation keine Kirche. Die Jugendarbeit, vor allem Koordination und die Vernetzung wird sich der Social Media bedienen. Nicht nur der Jugendpfarrer wird sich mit den Jugendlichen online austauschen, Termine und caritative Dienste planen und Ideen für Projekte realisieren. Personen mit „Schreibtalent“ werden in den künftigen Blogformen über sich, oder andere religiöse Themen berichten. Sie werden online die Kirche repräsentieren, sich eifrig in Diskussionen beteiligen und zur relevanten Themen Stellung beziehen.</p> <h2>Keine Angst vor dem Neuen </h2> <p>Dennoch: Jedes interpersonale Geschehen, welches in langer kirchlicher Tradition seinen wichtigen Stellenwert hatte, wird auch in Zukunft auf Gegenwärtigkeit, d.h. auf realem Zusammensein basieren, denn Christliche Gemeinschaft ist vom Wesen her mehr als nur ein geselliges Beisammensein. Daher wird die Eucharistiefeier, Beichte, Krankenseelsorge u.v.m. weiterhin das bleiben, was sie heute auch sind: </p> <p>Zwischenmenschliches und sakramentales Geschehen und Engagement. Was sich ändert sind die Kommunikationsmuster, die bisher durch Brief, Telefon, Zeitung und Fernsehen strukturiert wurden und die technische Entwicklung, die die Gesellschaft und damit die Kirchengemeinden ebenfalls nachhaltig verändert haben. Wer diese Entwicklung als negativen Einfluss für die Kirche ansieht, verkennt das Christentum und seine Dynamik, sich nicht zu Sklaven der Werkzeuge der Zeit zu machen, sondern diese im Sinne des Evangeliums zu nutzen. </p> <p><emphasize>Thomas Porwol</emphasize>
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