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Wieso Zins ohne Risiko – nostalgische Kritik an der EZB

Über die Politik des Präsidenten der EZB, Mario Draghi, wird heftig kritisiert. Viele beklagen die niedrigen Zinsen auf das Sparbuch und auf Staatsanleihen. Damit werde die Altersversorgung breiter Schichten der Bevölkerung geschwächt oder sogar infrage gestellt. Im Folgenden wird gezeigt, dass die früheren hohen Zinsen auf Staatsanleihen und Sparbücher ungewöhnlich waren. Dafür muss erst einmal geklärt werden, wofür es eigentlich Zinsen gibt:

Über die Politik des Präsidenten der EZB, Mario Draghi, wird heftig kritisiert. Viele beklagen die niedrigen Zinsen auf das Sparbuch und auf Staatsanleihen. Damit werde die Altersversorgung breiter Schichten der Bevölkerung geschwächt oder sogar infrage gestellt. Im Folgenden wird gezeigt, dass die früheren hohen Zinsen auf Staatsanleihen und Sparbücher ungewöhnlich waren. Dafür muss erst einmal geklärt werden, wofür es eigentlich Zinsen gibt:

Die Bestandteile des Ertrags oder der Zinsen

Den Zins als Ertrag eines Investments kann bezieht sich auf mehrere Faktoren, für die man mit einem Ertrag rechnen kann, stellt man sein Geld zur Verfügung. Die Bestandteile des Ertrags sind dann jeweils die entsprechende Prämie dafür. Einige Ursachen oder Risiken wofür Prämien gezahlt werden, sind:

  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Fremdwährungsrisiko Wertverlust durch Abwertung der Währung, auf die das Investment lautet</paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Liquiditätsrisiko Das Risiko, dass das Investment nicht sofort ausgezahlt wird. Beim Auflösen des Investments muss der Investor eine Zeit warten, bevor er sein Geld zurück erhälten.</paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Kreditrisiko Das Risiko, dass die Zahlungsfähigkeit des Schuldners sich verschlechtert bis zum Ausfall des Schuldners</paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Volatilität Die Schwankung im Marktwert des Investments </paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Risikoloser Zins Eigentlich ist das ein Zins für kein Risiko. Er ist eher eine Prämie dafür, dass Geld zeitweilig überlassen wird. </paragraph>

Die Rendite, die ein Investor erwarten kann, korreliert mit den Risiken, die er eingeht.

Rendite auf Deutsche Staatsanleihen

In den Zeiten der Währung „Deutsche Mark (DM)“ hatten darauf lautende Deutsche Staatsanleihen gemäß dieser Klassifizierung so gut wie kein Liquiditäts- oder Kreditrisiko. Währungsrisiko war auch fast ausgeschlossen; die DM wertete fast die ganze Zeit, in der es sie gab, gegen andere Währungen auf.

Das Volatilitätsrisiko bestand, wenn der Marktzins sich von dem Zins der Staatsanleihe entfernt. Dem konnte der Investor ausweichen, wenn er die Anleihe nicht verkaufte. Warte er bis zum Ende, erhielt er den gesamten eingezahlten Betrag zurück.

Der Zins auf deutsche Staatsanleihen war demnach inhaltlich ähnlich dem eines risikolosen Zinses. De facto war dieser Zins aber lange Zeit in der Geschichte der Bundesrepublik ungewöhnlich hoch. Eine Finanzkennzahl der Bund Future bildet eine zehnjährige Deutsche Staatsanleihe ab. Der „Nullwert“ oder Normalwert (100) korreliert mit einem Zins von 6% p.a. Ein Zins von 6% wurde also als adäquat alleine für das Bereitstellen von Kapital angesehen.

Die Deutschen Staatsanleihen und die Lebensversicherungen

Diese Staatsanleihen bildeten einen großen Teil der Finanztitel, in die die Lebensversicherungen investierten. Der höchstzulässige garantierte Rechnungszins der Versicherer war meist ungefähr halb so hoch wie die Rendite dieser Staatsanleihen. Kapitalbildende Lebensversicherungen sind hinsichtlich ihrer Gebühren eines der teuersten Finanzprodukte am Markt. Die Abschlusskosten machten damals bis zu 4% der Beitragssumme aus.

Auf Grund des hohen Zinses der Staatsanleihen konnten die Versicherungsnehmer dennoch Erträge oberhalb des Garantiezinses für ihre Verträge erhalten.

Auswirkungen eines hohen risikolosen Zinses

Der hohe risikolose Zins hatte auch Auswirkungen auf die Zinsvergabe der Banken u.a. Er bildete einen Großteil des Zinses, den die Banken verlangten. Der Zins für das Kreditrisiko, also Qualität des Schuldners, war relativ weniger gewichtig, weil die Bundesrepublik wirtschaftlich stabil war und geblieben ist. Damit entfiel eine detaillierte Risikoprüfung, die die hohen Abschlusskosten gerechtfertigt hätte.

Umgekehrt ist die Situation heute. Der Zins aus Kreditrisiko etc. ist relativ wichtiger als der risikolose Zins. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit hat mehr Gewicht bekommen. Sie kann auch nicht mehr durch Rendite aus dem risikolosen Zins ausgeglichen werden. Auch hilft ein hoher risikoloser Zins nicht mehr, die schwächeren Kreditnehmer auszusortieren.

Das Geschäft der Kreditvergabe ist anspruchsvoller geworden. Vielleiht auch deswegen vergeben die Banken - trotz der „Nullzinspolitik“ der EZB - so wenig Kredite

Frage nach dem richtigen risikolosen Zins

Vergleiche der Erträge aus Anleihen vs. aus Aktien der letzten Jahrzehnte zeigen, dass über größere Zeiträume hinweg die Rendite der Aktie über der der Zinsen von Anleihen liegen, also Anleihen vorzuziehen waren. Staatsanleihen waren durch die entsprechende Politik der Notenbanken bevorzugt. Bei der jetzigen Nullzinspolitik der EZB sind die Verhältnisse umgekehrt. Aus dem Vergleich folgt die Konsequenz, solchen Anleihen Aktien vorzuziehen.

Warum die jetzige Situation so kritisiert wird, ist unklar. Es ist nämlich zu fragen, warum ein risikoloser Zins höher als Null sein muss.

Das Standardargument ist folgendes. Mit der Kreditvergabe wird ein Konsumverzicht geübt und dieser ist zu bezahlen. Das übersieht aber, dass wir in einer Welt sind, in der die Geldmenge nicht mehr an einen Goldstandard geknüpft ist. Eine Geldschöpfung aus dem „nichts“ ist also für eine EZB bzw. die Banken möglich. Es steht also immer das Geld zur Verfügung, das für Kredite, die die Banken vergeben, notwendig ist. Die Banken brauchen eigentlich die Spareinlagen ihrer Kunden nicht mehr.

Auch eine weitere implizite These ist zu hinterfragen. Warum muss eine Zentralbank gewährleisten, dass ein Vermögen bewahrt (also mindestens Investitionsausgleich) werden muss? Kann ein Investor ein risikoloses Bewahren seines Vermögens erwarten ohne eigenes Zutun?

Die Kritik an der EZB ist nicht berechtigt

 

Die häufige Kritik von Lebensversicherern und mancher Politiker an der EZB ist nicht gerechtfertigt. Sie verdeutlicht etwas anderes. Diese Kritiker wollen den „paradiesischen“ Zustand für Investoren, wie es z.B. die 90er Jahre bestanden, zurück. Aber für diese Investmentwelt haben andere gesellschaftliche Gruppen gezahlt. Wer Rendite will, soll das entsprechende Risiko tragen und dies lautet unternehmerisches Risiko oder Liquiditäts-, Kredit oder Währungsrisiko.



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