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Wenn Bischöfe nicht weiter kommen schlägt die Stunde des Papstes

(explizit.net/ Kath.de) An diesem Dienstag hat der Präfekt der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Müller von Erzbischof Robert Zollitsch die Rücknahme der „Handreichung zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung in der Erzdiözese Freiburg“ verlangt. Einige Tage zuvor hatte Kardinal Marx weitere Diskussionsbeiträge zu dem Thema erbeten, indem er Müllers Darstellung der Katholischen Lehre nicht als Schlußpunkt der Diskussion gelten ließ.

(explizit.net/ Kath.de) An diesem Dienstag hat der Präfekt der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Müller von Erzbischof Robert Zollitsch die Rücknahme der „Handreichung zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung in der Erzdiözese Freiburg“ verlangt. Einige Tage zuvor hatte Kardinal Marx weitere Diskussionsbeiträge zu dem Thema erbeten, indem er Müllers Darstellung der Katholischen Lehre nicht als Schlußpunkt der Diskussion gelten ließ.

Es könnte Staunen verursachen, wie höchste Amtsträger der Katholischen Kirche hier öffentlich zueinander auf Distanz gehen. Steht doch Müller der Glaubenskongregation vor, die stellvertretend für den Papst und in enger Absprache mit ihm auf Verstöße gegen die wichtigsten Kernthemen des Katholischen Glaubens hinweist. Ebenso gehört auch Marx dem engsten Kreis von Papst Franziskus an, seitdem er in die neue achtköpfige Kardinalskommission zur persönlichen Beratung des Papstes berufen wurde.

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Die Wichtigkeit des Themas

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Doch kann dieser Umstand auch, lassen wir die Frage nach dem Verhältnis von Gesamt- und Ortskirche beiseite, für die Wichtigkeit der Sache gewertet werden. Schon seit vielen Jahren gibt es ein Ringen über den Umgang mit Wiederverheirateten-Geschiedenen, bei dem sich immer wieder das Amt der Einheit aus Rom einschaltete mit dem Verweis auf die Lehre Jesu und ihrer Rezeption in der Geschichte. So wies Ratzinger 1994 eine Handreichung der Oberrheinischen Bischöfe Kasper, Lehmann und Saier zurück, die unter gewissen Umständen die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten erörterte.

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Beim letzten Besuch des Papstes in Deutschland bat der deutsche Bundespräsident, Christian Wulff, auch aus eigener Betroffenheit, Papst Benedikt XVI. um baldige Schritte zu einem besseren Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Wenn heute in Deutschland etwa die Hälfte aller neugeschlossenen Ehen geschieden werden, kann man das Ausmaß der Betroffenheit abschätzen.

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20 Jahre Stillstand

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Seit 1994 sind knapp 20 Jahre vergangen, doch Theologisch wie Pastoral hat sich wenig getan. Die Spannung zwischen den Worten Jesu, die von der Kirche nicht krumm gebogen werden dürfen, und der Notwendigkeit, in der Seelsorge mit Wiederverheirateten Geschiedenen so umzugehen, dass sie Sorge um die Seele auch zum Tragen kommt, scheinbar bisher nicht lösbar zu sein.

Sowohl die Handreichung von Zollitsch als auch die Zurückweisung durch Müller sind ein Déjà-vu von 1994 und in der Sache nichts Neues. Die Positionen haben sich nicht geändert.

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Neue Akzente durch den Papst

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Papst Franziskus selbst hat sich bisher noch nicht zu der konkreten Frage geäußert. Doch hat er das Thema „Familie“ ganz Oben auf seine Aufgabenliste gesetzt. Erst im Oktober waren 100.000 Kinder und Erwachsene zu einem Familientreffen auf dem Petersplatz versammelt, bei dem Franziskus auch über den Mangel an Liebe sprach, der die größte Sorge in den Familien und Beziehungen verursacht. Der Papst wies darauf hin, dass die Eheleute die Gemeinschaft in der Gemeinde brauchen, um Tag für Tag zu verzeihen und den Partner neu anzunehmen.

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Erste Schritte

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Dass Franziskus die dritte außerordentliche Generalversammlung der Weltbischöfe seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zum Thema „Familie“ einberuft, zeigt den Willen, die Familien zu stärken. Auch dass im Rahmen der Vorbereitung auf die Synode das Denken und die Lebenspraxis in der ganzen Weltkirche durch einen Fragebogen erfasst werden, weist darauf hin, dass alle Beteiligten bei der Suche nach einer situationsgerechten Hilfe für Familien und Gemeinden einbezogen werden sollen.

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Dabei wird auch der Pastoral mit wiederverheirateten Geschiedenen Raum gegeben. In der Fragestellung und den Ausführungen wird einerseits der Gegensatz zur Lehre Jesu deutlich. Etwa wenn auf die Schönheit der Ehe hingewiesen wird, die Jesus wiedererrichtet hat, nachdem sie in der Tradition des Volkes Israels aufgegeben worden war. Dies wird darin konkretisiert: „Zum Ursprung zurückkehrend hat Jesus die Einheit und Treue der Ehegatten gelehrt und Verstoßung und Ehebruch zurückgewiesen.“ Andererseits wird auch versucht das Ausmaß des Ausschlusses von den Sakramenten mit dem damit verbundenen Leid und die erfahrene Ausgrenzung zu erfassen.

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Eine Frage des vatikanischen Fragebogens zielt auf die Verkündigung und die seelsorgerliche Umsetzung der Barmherzigkeit Gottes. Daraus läßt sich folgern, dass wiederverheiratet Geschiedene als Teil der Gemeinde zu verstehen sind. Erst kürzlich verdeutlichte dies der Präsident des Päpstlichen Familienrates, Vincenzo Paglia, als er gegen die Diskriminierung von Geschiedenen protestierte und betonte, dass sie nicht außerhalb der Kirche seien.

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Automatismus beim Kommunionempfang?

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Das Problem muß aber auch in einem weiteren Kontext bedacht werden. So kann man fragen: Ist denn bei jedem Messbesuch der Kommunionempfang der Gläubigen zwingend notwendig für eine echte Mitfeier? Ein teilweiser Verzicht auf die Kommunion löst zwar nicht die Frage nach dem Sakramentenempfang von Wiederverheirateten Geschiedenen, zeigt aber, dass im Leben immer wieder Verhältnisse vorkommen, die zuerst nach Versöhnung verlangen. Wir sind eine Gemeinschaft von Glaubenden, die jeden Tag aufs Neue der Umkehr, der Vergebung und des Neuanfangs bedürfen.

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Die Auswertungen der Fragebögen um den weltweiten Stand der Familie heute werden neue Impulse geben. Papst Franziskus sagte in den vergangenen Monaten sinngemäß, dass die Theologie immer aus dem alltäglichen Tun erwachsen müsse. Wenn es eine Lösung gibt für den Konflikt zwischen Erzbischof Müller und Erzbischof Zollitsch, der über eine bloßes Machtspiel hinausgeht, kann sie nur hier liegen: In einer Theologie, die den heutigen Glauben und das Leben der Christen neu in den Blick nimmt.

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<emphasize>Dominique Humm</emphasize>

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