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Wann macht die Sinnfrage Sinn?

Ein Berg, eine Gemse, eine Birke quälen sich nicht mit der Sinnfrage. Sie "sind" einfach da. Anders der Mensch. Er kommt, spätestens wenn er seine Freiheit entdeckt, auf die Sinnfrage. Von ihr kommt er dann nicht mehr los. Sie wird ihm auch nicht beantwortet, vor allem dann nicht, wenn er gemobbt oder mit einer Krankheit geschlagen ist. Die Antwort muss er daher dort suchen, wo die Sinnfrage ausgelöst wird.

Das eigene Leben könnte auch ganz anders verlaufen. Warum ich mein Lebensschiff so steure, ist nur z.T. durch die Umstände vorgegeben. In der Postmoderne werden die Lebensläufe nicht mehr durch die Herkunftsfamilie vorgegeben. Je mehr Bildung jemand in Anspruch nimmt, desto mehr Chancen öffnen sich ihm und stehen auch Frauen inzwischen offen. Die Sinnfrage geht bis zu der Einsicht: Ich könnte auch gar nicht existieren. Denn dann würde sich mir eine so komplizierte Frage auch nicht stellen. Aber da ich nun mal da bin, muss ich für mich klären, warum ich eigentlich sein soll. Offensichtlich kann ich die Beantwortung dieser Frage an niemand anderen weiterreichen. Deshalb bleibt mir die Frage im Nacken und sticht mich, wenn ich keinen Sinn erkennen kann..

Mein Leben insgesamt

Die Sinnfrage bringt mich auf Abstand von dem, was gerade zu tun ist. Solange ich unter Erledigungsdruck stehe, bleibt die Frage "Warum das alles eigentlich?" unter der Decke. Aber einmal gespürt, weiß ich, dass sie da leicht wieder hervorkommen kann. Und wenn sie sich dann breit vor mich hinstellt, stehe ich ratlos da. Ich muss ja erst einmal überlegen, ehe ich mich wieder von einer Aufgabe einspannen lasse. Ich soll offensichtlich nicht nur funktionieren, sondern auch wissen, für was meine Tätigkeiten gut sein sollen.

Sinnfrage: Schattenseite der Freiheit

Wenn die Sinnfrage bohrt, dann geht es um die Freiheit. Diese befindet sich nicht im Modus des Wählens als vielmehr auf der Suche, was sich überhaupt lohnt. Ich werde darauf gestoßen, dass die Freiheit anspruchsvoll ist. Sie will nicht nur beschäftigt sein, sondern erfüllt werden. Es genügt der Freiheit nicht, von anderen geachtet und von einigen sogar geliebt zu werden, ein ordentliches Leben zu führen, um als guter Bürger zu gelten. Sie will etwas Besonderes. Das Leben soll ich lohnen, nicht erst in einer anderen Welt, Sinn muss sich für dieses Leben ergeben. Es wird auf der Rückseite auch deutlich: Ich will die Erfüllung selbst bewerkstelligen. Ich kann zwar andere bewundern, mich mit Siegertypen identifizieren, jedoch reicht das nicht. Ich will selbst Leistung zeigen, etwas gestalten, selbst laufen, springen, gegen den Ball treten. Mit der Sinnfrage stelle ich die Frage über das Ganze meines Lebens.

Meine Einzigartigkeit muss sich verwirklichen    

Um dem näher zu kommen, was ich als Sinn verwirklichen will, können meine Iris und mein Fingerabdruck mich auf die Fährte führen. Beide signalisieren mir Einmaligkeit. Auch wenn ich einen Zwillingsbruder oder eine Zwillingsschwester habe, auch bei eineiigen Zwillingen unterscheidet sich die DANN. Wenn das schon biologisch vorgegeben ist, dann gilt das auch für meine Biographie. Sie ist nie das Double eines anderen. Sie wird nämlich nicht einmalig durch Nachahmung, sondern indem ich etwas aus meinen Begabungen mache, diese entwickeln und dann zum Einsatz bringe. Wenn ich mich nicht von mir selbst abbringen lasse, meinen Weg gehe, dann finde ich Antwort auf die Sinnfrage. Ich bin ja dann bei mir. Ich bin sogar voraus, wenn ich meinen Roten Faden in die Hand nehme. Dieses Leben ist alles andere als einfach, ich muss nicht nur aus mir etwas machen, sondern mit widerständen fertig werden. Denn andere haben ja auch mit mir etwas vor, wollen mich irgendwohin lenken. Nicht wenige es auch besser, wie ich mein Leben gestalten sollte.

Die wahren Probleme verschwinden einfach

Der Philosoph Ludwig Wittgenstein schreibt am Ende seines ersten Werkes , dem Tractus logico-philosophicus  

6.52: Wir fühlen, dass selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.
6.521: Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems. (Ist dies nicht der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand?)

Wir können diesen Satz selbst überprüfen. Menschen, die Ihrem Lebensauftrag auf der Spur sind, werden nicht von der Sinnfrage gequält. Auch bei mir verschwindet die Sinnfrage, wenn ich eine sinnvolle Aufgabe anpacke. Das gilt sogar angesichts der Kriegsfolgen, der Flüchtlinge. Hier stellt sich die Sinnfrage noch drastischer. Die einzige Antwort, die wir haben, ist der Einsatz für die Opfer. Zwar bleibt die Unsinnigkeit der Kriege, der Unterdrückung, der Opfer der Diktaturen, aber ich kann eine Antwort drauf geben.

Weitere Beiträge zu dem Umgang mit der Sinnfrage:
über Einzigartigkeit 
Mein Lebensauftrag, der mich einzigartig macht
Das Böse fordert jeden,
Das Böse, mangelnder Freiheitsmut



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