Die Zusatzversorgungskasse der katholischen Kirche ist wegen der geringen Zinsen und evtl. noch anderer Probleme in eine Schieflage geraten. Weil die Kirchen feste Geldbeträge für Mitarbeiter, die in den Ruhestand gehen, versprochen haben, muss diese Kasse auf neue Füße gestellt werden. Das dürfte nicht so schwer sein, denn die Kirche ist unter den Aspekten der Risiken sehr gut aufgestellt. Trotzdem scheint etwas schief zu laufen.
Unterschiedliches Klientel und unterschiedliche Risikoprämien
Anfang der Nuller Jahre arbeitete ich in Wiesbaden. Damals waren noch mehr Versicherer dort ansässig. So kam ich im Bus ins Gespräch mit einem jungen Russlanddeutschen. Er war bei der "Hamburg-Mannheimer" versichert. Im Bereich der Versicherungen korreliert der hohe Wert den z.B. die Allianz auf ihr Renommee und ihr Zahlungsverhalten legt, mit einer entsprechenden gut situierten Kundenschicht. Das ist bei der Hamburg-Mannheimer anders.
Oder ein Kunde der Postbank: Damals gab es noch eine große Hauptpost am Bahnhof in Wiesbaden und auch eine Postbank im gleichen Gebäude. Eine Post abholend sprach mich ein Mann mittleren Alters an. Er bat mich seinen Zahlschein für die Miete auszufüllen. Er hätte seine Brille verlegt oder ein körperliches Gebrechen und könnte deshalb nicht den Zahlschein ausfüllen. Genau erinnere ich mich nicht mehr. Wahrscheinlich waren es aber nur Ausreden um einen gewissen Grad an Analphabetismus zu verbergen. Ich füllte den Schein aus. Dabei ermahnte er mich freundlich, bitte nichts zu vergessen. Denn wenn ein kleines Teil fehlte würden die es am Schalter nicht annehmen. Die wären immer sehr streng. Und in Folge wäre dann seine Miete nicht bezahlt und ihm drohe Obdachlosigkeit. Der Vermieter war offenbar auch sehr unfreundlich.
Die Risikoprämien richten sich nach den Kundengruppen
Die obigen Beispiele zeigen ein in der Branche bekanntes Phänomen. Die Versicherer und Banken haben sehr unterschiedliche Kunden hinsichtlich Vermögen, Wahrscheinlichkeit von Storno oder von Betrug.
In der Sprache der Finanzmathematik entsprechen denen verschiedene Risikoprämien. Am Beispiel eines größeren Kredits heißt das, dass der Kunde einer Postbank tendenziell mehr zahlen muss als der der Deutschen Bank, denn das Risiko, dass er den Kredit nicht abstottern kann, ist bei Kunden der Postbank wesentlich größer. Das zeigt, dass Postbank und Deutsche Bank nicht zusammenpassen. Alleine bei solchen Erlebnissen stellt sich dann die Frage warum eine Deutsche Bank eine Postbank gekauft hat. Oder ein Institut verfolgt die eine Strategie der mehreren Marken. Die Cosmos Direkt hat eine andere Kundengruppe als die Generali.
Die Risikoprämien in den Investments der Kirchen
Erstaunlich ist das Verhalten der beiden großen Kirchen. Aus Risikosicht haben sie eigentlich ein sehr risikoarmes Portfolio. Deren Finanzausstattung ist sehr gut. Noch wichtiger aber ist das Renommee, das sie verbreiten und haben. Die Hemmschwelle eines Geschäftspartners, zu betrügen oder die Zahlung zu verzögern, ist alleine deswegen viel geringer. Das gilt auch für interne Unregelmäßigkeiten. Selbst die Bautätigkeiten im Limburg sind verglichen zu manchen Abfindungen für Kurzzeittätigkeiten bei VW die bekannten „Peanuts“.
Auch ist die Mitarbeiterbindung sehr hoch. Streiks sind mehr oder weniger ausgeschlossen. Problematisch ist vielleicht das kirchliche Arbeitsrecht, wenn man sich die Diskussionen dazu ansieht. In der Sprache der Finanzindustrie wäre die Investitionsart der Kirchen strukturell als Private Equity mit einer sehr, sehr langen Investitionsdauer zu betrachten. Große Immobilien und Flächenportfolios kommen noch dazu.
Änderung in der Investmentpolitik
Irritierend ist aber, wenn Kirchen seit kurzem beginnen, ihre Investmentpolitik ähnlich wie die von börsennotierten Unternehmen zu gestalten. Sie geben damit eigentlich einen strukturellen Vorteil auf. Wenn man das will, kann man vielleicht höhere Renditen erzielen. Aber die Risikoprämien in diesen Investments werden auch massiv steigen.
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