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Säen und warten

Es gibt viele Tage, da nagen Zweifel an einem, ob das, was man tut, im Leben voran bringt. Nach außen hin scheint dann die Mühe umsonst zu sein. Stillstand statt Fortschritt. So geht es auch dem Nachfolger Jesu. Doch das Evangelium schaut tiefer als das Menschenauge. Was nach Stillstand aussieht, ist in Wahrheit Wachstum.

Jesus vergleicht das Reich Gottes mit dem Wachstum des Getreides. Der Mensch sät aus und egal was er tut: das Zeug wächst. Die Erde bringt das Wachsen hervor. Der Sämann steht nur am Anfang bei der Aussaat und am Ende bei der Ernte. Und so ergeht es auch dem Reich Gottes: Das Wort Gottes wurde ausgesät und bringt seine Frucht hervor. Wie das geschieht, bleibt dem Menschen verborgen.

Diesen wunderbaren Vorgang des Wachstums nennt man Gnade. Sie ist außerhalb der Verfügung des Menschen. Man kann sie nicht manipulieren. Daher braucht der Sämann nur Geduld. Er kann das Wachsen nicht beschleunigen. Aber er kann die keimende Saat ausreißen. Und darin liegt das Problem des geistlichen Lebens.

Die gute Saat wurde schon gesät. Sie reift heran und soll zur Pflanze werden, die Frucht bringt. Der Mensch wird ungeduldig mit der Gnade und versucht, aus eigener Kraft vorankommen. Er will das Wachsen erzwingen. Dabei richtet er aber nur Schaden an: bei den Gewächsen, die er ausreißt; bei sich, der so zum schlechten Sämann wird.

Das trifft auch in unseren Beziehung zu: Eine Freundschaft oder gar der Gatte kommt mit seinem Leben nicht voran. Wir wollen helfen und richten nur Schaden an. Wie wollen den Stillstand beenden und in Fortschritt umwandeln. Wir begehen dabei den Kardinalfehler: Wir wissen nicht, was im anderen vorgeht. Wir sehen die Keime nicht, die da austreiben und Kraft sammeln. Uns Menschen bleibt nur das Urteil vom Ende her vergönnt: Wir dürfen die Früchte sehen und genießen. Doch was vorher war, sehen wir nicht. Die Samen keimen unter der Erde. Wir können durch die Oberfläche nicht hindurchschauen.

Freundschaft, Ehe und vieles mehr ist daher so schwer: Man muss auf die Gnade vertrauen, auf den größeren Gott, der das Verborgene sieht und wachsen lässt. Dieses geistliche Gesetz ist sozusagen der erste Hauptsatz der Gnade: Ich bin für andere Menschen nicht der Heiland. Der Zweifel soll daher nicht das Wachstum, sei es das der Freunde oder das eigene, beeinträchtigen, sondern viel mehr unsere Meinung von uns selbst, Motor der Gnade für den anderen zu sein. Wer kennt die verborgenen Keime des Heils?

Das Evangelium vom 11. Sonntag


Schlagworte: #Wachstum #Gnade

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