Kreml heißt Festung. Foto: explizit.net

Russland fühlt sich bedroht

Ein riesiges Land wie Russland sollte eigentlich keine Einkreisung fürchten. Wer könnte das schaffen, Russland einzukreisen? Woher kommt diese Angst, die sich jetzt besonders in den Führungskreisen und den s.g. Analytikern in Russland verbreitet. Wahrscheinlich sind diese noch mehr als die einfachen Leute von den geschichtlichen Erfahrungen bestimmt. Das kann so verstanden werden, dass wie Kindheitserfahrungen das Fühlen der Erwachsenen und deren Ängste prägen.

Ein riesiges Land wie Russland sollte eigentlich keine Einkreisung fürchten. Wer könnte das schaffen, Russland einzukreisen? Woher kommt diese Angst, die sich jetzt besonders in den Führungskreisen und den s.g. Analytikern in Russland verbreitet. Wahrscheinlich sind diese noch mehr als die einfachen Leute von den geschichtlichen Erfahrungen bestimmt. Das kann so verstanden werden, dass wie Kindheitserfahrungen das Fühlen der Erwachsenen und deren Ängste prägen.

Schweden und Kreuzritter bekämpfen das von den Mongolen bedrängte Russland

Eigentlich kann man diese Angst, von beiden Seiten angegriffen zu werden, auf die Zeit vor der Entstehung des heutigen Russlands zurückführen. Als die in die kleine Fürstentümer gespaltenes Kiewer Rus nach dem Eroberungszug der Mongolen in Trümmern lagen, wurde das Land vom Westen her durch Schweden und deutsche Kreuzritter angegriffen. Zwar konnte der Großfürst Alexander Schweden an dem Ufer der Neva 1240 und die Kreuzritter an dem Tschudskoye See schlagen. Dieser Angriff, als das Land von Osten bedrängt wurde, ist nicht vergessen. Dieser Alexander gilt deshalb bis heute in Russland als Symbol des Kampfes gegen ausländische Eroberer. Er musste aber das Land, auch weil er sich weiter vom Westen bedroht fühlte, zum Vasallenstaat der Goldenen Horde erklären und damit de facto das tun, was viele Griechen nach dem Konzil in Florenz (1442) gemacht haben – der römischen Tiara wurde der türkische Turban vorgezogen.

Dieser Angriff der deutschen Kreuzritter und der Schweden war für Russland ungefähr dieselbe Erfahrung wie es für die Griechen die Plünderung von Konstantinopel durch die Kreuzritter 1204 war. Es ist erstaunlich, dass ein Ereignis, welches Jahrhunderte zurückliegt, noch bis heute im Gedächtnis der Menschen wirksam ist. Dafür gibt es viele andere Beispiele. Natürlich werden solche weit zurückliegende Ereignisse sehr oft künstlich im Volksgedächtnis erhalten und von politischen Kräften ausgenutzt.

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Der Großfürst von Litauen verbündet sich mit den Tataren gegen Russland

Es war nicht das einzige Beispiel, dass Russland von den beiden Seiten – vom Westen und Osten her gleichzeitig bedroht war. Im 14. Jahrhundert waren es Tataren der Goldenen Horde, die ihre Oberhoheit über Russland behalten wollten. Der Großfürst von Litauen sah im Erstarken des Moskauer Fürstentums ein Hindernis, die Gebiete der ehemaligen Kiewer Rus zu erobern. 1382 konnte das Moskauer Fürstentum seinen ersten großen Sieg nur deshalb gegen die Tataren auf dem Kulikovoer Feld gewinnen, weil der Verbündete des Goldenen Horde, der litauische Großfürst Jagailo, mit seinem Heer ein paar Tagen zu spät das Schlachtfeld erreichte.

Moslemische Khanate und die Türkei im 15. Jahrhundert

Man soll aber auch nicht den falschen Eindruck bekommen, dass Russland nur von den katholischen Mächten, die sich irgendwie mit den Tataren einigten, um Russland zu vernichten, bedroht war. Die sog. türkische Gefahr blieb auch Russland nicht erspart. Zwar war das Osmanische Reich nach dem Fall von Konstantinopel 1453 von den Grenzern Russlands weit entfernt. Echte Gefahr stellten jedoch die nach dem Zerfall der Goldenen Horde im 15. Jahrhundert übrig gebliebene Khanate – auf der Krim, in Astrachan am Kaspischen Meer und in Kazan. 1478 wurde Krim ein Vasallenstaat des Osmanischen Reiches. Unter dem Protektorat der damals ersten militärischen Supermacht konnten die Krimtataren fast ungestraft die südlichen Gebiete Russlands plündern und sogar vorübergehend Moskau einnehmen. Eine noch größere Gefahr stellte das pro-türkische Kazan Khanat dar, heute die Republik Tatarstan innerhalb der Russischen Föderation, dessen Hauptstadt Kazan nur 800 km von Moskau entfernt liegt.

So bestand nach dem Fall von Konstantinopel die Gefahr, dass das Khanat von Kazan auch genauso wie das von der Krim ein Teil des Osmanischen Reiches würde, so dass das noch kleine und relativ schwache Großfürstentum Moskau auch noch von Osten her durch die osmanische Supermacht eingekreist würde. Es kam nicht dazu, auch weil die Russen Kazan 1552 eingenommen haben, auch später Astrachan (1556). Das führte zum ersten Krieg zwischen Russland und dem Osmanischen Reich 1569. Um Astrachan unter seine Kontrolle zu bringen, hatte der Sultan ein Heer entsandt. Die Türken, zusammen mit den Krim Tataren, konnten Astrachan aber nicht einnehmen. Die Russen erhielten Hilfe durch ukrainische Kosaken, die der polnische König gesandt hatte. Die vernichtende Niederlage der Türken, nur 700 ihrer Soldaten kamen zurück, ermöglichte die Geburt des Russischen Staates, denn er wurde nicht von Westen und Osten gleichzeitig angegriffen. Einen hohen symbolischen Wert hatte die Unterstützung durch Polen, hundert Jahre bevor Jan Sobieski mit einem polnischen Heer die Belagerung Wiens durch die Türken beendete.

Vladimir Pachkov, Moskau



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