In Russland hätte Trump eindeutiger als in den USA über Clinton gesiegt. Kommt es daher, dass die Russen antiliberal und rückwärtsgewandt denken? Oder fühlen sie sich von den USA bedrängt und fürchteten, dass sich mit Clinton die Spannungen nur verschärfen würden. Unser Moskauer Korrespondent geht auf die Frage ein: Warum unterstützen Russen Donald Trump?
Man hat es schon seit langem vermutet, aber seit ein paar Jahren scheint es endgültig bestätigt zu sein. Die Ukrainepolitik, die fast zu einem neuen kalten Krieg geführt hat, die Unterstützung der Assadregierung in Syrien, während alle zivilisierte Staaten wie die USA, Großbritannien, die Türkei und Saudi Arabien Assads Gegner unterstützen – Russland steht auf der falschen Seite. Und jetzt auch das noch: Die Russen sind nämlich froh, dass Trump und nicht Hillary Clinton die Wahl in den Vereinigten Staaten gewonnen hat.
Russland erhoffte als einziges Land den Sieg Trumps
Schon im Mai 2016, in der Zeit als der Sieg von Hillary Clinton als sicher galt, hat das deutsche Handelsblatt versucht herauszufinden, wen der beiden Präsidentschaftskandidaten von der Bevölkerung in den G20 Staaten unterstützt wird. Nur in einem der Länder war Trump beliebter als Clinton – in Russland.
Am 9. November, als die ganze Welt die Niederlage Clintons betrauerte, brach im russischen Parlament bei der Nachricht über den unvorhergesehenen Sieg von Donald Trump spontaner Applaus aus. Eine Abgeordnete hat sogar vorgeschlagen, durch Moskau mit amerikanischen Flaggen zu fahren – “Heute haben sie es verdient!” Man konnte die spontane Erleichterung bei diesem unerwarteten, aber erhoffen Ergebnis spüren. Warum unterstützen Russen Trump?
Für die Russen: auf keinen Fall Clinton
Man könnte auch fragen – warum wollten sie auf keinen Fall, dass Clinton die Wahl gewinnt? Man sagte, gegen Trump könnte jeder gewinnen, außer Clinton. In Russland könnte man sich auch einen anderen Präsident der Vereinigten Staaten als Trump vorstellen, aber eben nicht Clinton. Man hat sie mit den schrecklichen Neunzigern assoziiert, als Russland am Boden lag und zu einer Marionette des Westens verkam. In Russland hat man nicht vergessen, welche “verantwortliche und weitsichtige” Politik sie in Libyen betrieben hat. “We came, we saw, he died”. Nach Clinton haben die Vereinigten Staaten das Recht, überall einzumarschieren, wo sie wollen. Wenn ihnen jemand nicht gefällt, muss er damit rechnen, nicht nur abgesetzt sondern auch getötet zu werden. Dass trotz des Sturzes von Gaddafis in Libyen noch bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen, geht auch auf die Rechnung Clintons. Russland fühlt sich, nachdem es aus humanitären Gründen der “No-fly zone” in Libyen zugestimmt hatte, betrogen, als es zusehen musste, wie das Flugverbot missbraucht wurde, um „ die Rebellen an die Macht zu bomben“.
Der Nahostkonflikt
Dass die amerikanische Politik ziemlich oft, absichtlich oder nicht, auf eine Unterstützung der Islamisten hinausläuft, sowohl in Libyen als auch in Syrien, empfindet Russland als Bedrohung der eigenen Sicherheit. Dass Clinton, deren Stiftung mehrere Millionen Dollar von Saudi Arabien und Qatar erhielt, Präsidentin der größten Militärmacht der Welt werden könnte, schien den Russen schier apokalyptisch. Wird Clinton die US-Army einsetzen, um, zumindest moderate Rebellen zu unterstützen oder behält es sich nur vor, diese zu bewaffnen? Versucht sie eine “No-fly zone” in Syrien durchzusetzen, auch wenn das zu einem militärischen Konflikt mit Russland führen würde? Unmöglich schien es nicht. Dass die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland noch verschärft würden, galt als sicher.
Zukunft der Ukraine
Niemand zweifelt daran, dass Clinton auf bedingungslose Unterstützung der Regierung in Kiew setzen würde. Diese bedingungslose Unterstützung würde aber dazu führen, dass die Kiewer Regierung kein Interesse an der Lösung des Konflikts mit Russland haben würde, wohl aber an seine Verschärfung.
Trump erscheint, genauso wie für alle „Abgehängten“ in den Vereinigten Staaten, als eine erhoffte Alternative. Viele Amerikaner unterstützen Trump trotz all seiner Schwächen eben auch deswegen, weil er gegen die „alte Politik“ steht. Im Falle Russlands ist er eine Alternative für die verfahrene und sich in Krise befindlichen Beziehungen zum Westen. Zudem gehen auch in Russland Viele davon aus, dass die amerikanische Regierung mit dem Präsidenten Donald Trump dessen Äußerungen im Wahlkampf nicht zur Richtlinie für ihre Politik übernimmt. Viele Russen verstehen es auch, dass die Verbesserung der Beziehungen mit dem Westen ohne eine Änderung der Politik der Russischen Regierung auch selbst mit dem Präsidenten Trump nicht möglich sein wird.
Vladimir Pashkov
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