(explizit.net) Der österreichische und der bayerische Finanzminister haben sich über die Hypo-Adria-Bank verständigt. Es werde 1,23 Milliarden Euro von Wien nach München fließen. Damit wäre dieser Beitrag auch schon zu Ende und alles zu dem kurzen Gerichtsstück inclusive Vor- und Nachgang, das hier gegeben wurde, gesagt. Niemand regt sich auf. Der Vorgang ist aber zumindest eine Glosse wert
Mein Vater sagte in der oberpfälzer Wortkargheit über solche Possen immer: "A bissl a Unterhaltung wars ja a, und was will man denn immer reden." Es geht um einen fast wundersamen und plötzlichen Friedensschluss in Form eines Rechtsvergleichs - neudeutsch Memorandum of understanding - zwischen Österreich und Bayern. Verglichen haben sich gestern die beiden Finanzminister Dr. Schelling und Dr. Söder - zurzeit der heißeste Kandidat auf die Nachfolge von Ministerpräsident Seehofer - auf die Zahlung von 1.23 Mrd EUR durch die Republik Österreich an die Bayern LB. Und es geht um die Heta, also die Nachfolgeeinheit oder Abwicklungseinheit der Hypo Alpe Adria Bank. Das ist die Bank, über die es andauernd Untersuchungsausschüsse in Österreich gibt. In diesen Ausschüssen sind manchmal die Akten geschwärzt, manchmal nicht. Frau Hon.-Prof. Dr. Irmgard Griss, vormalige Präsidentin der Verfassungsgerichtshof und als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten auch schon ins Gespräch gebracht, scheint als einige der wenigen ungeschwärzte Akten sehen zu dürfen. Deswegen gibt es auch den berühmten Griss-Bericht. Wem jetzt in Analogie der Untersuchungsausschuss zu NSU oder NSA einfällt, hat wahrscheinlich ein passendes Bild. Frau Griss durfte auch den gestern vereinbarten Vergleich sehen, bzw. muss ihn in einer Kommission noch absegnen bevor, ein entsprechendes Gesetz im Nationalrat verabschiedet wird.
Eine Balkanbank mit 11 Milliarden Risiko-Titeln
Die Hypo Alpe Adria hat bekannterweise riesige Bilanzen produziert und viele nicht mehr werthaltige Kredite in den Balkanstaaten vergeben. Die Bank wurde dann 2007 von der Bayern LB gekauft und dann in 2009 wieder an die Republik Österreich zurück übergeben und verstaatlicht. Und dann wurde nach einigen Jahren Wartens eine Bail-in Richtlinie 2014/59/EU der EU erlassen. Mit dieser konnte die Republik Österreich die Bank unter Beteiligung der Gläubiger (Bail-in, Schuldenschnitt) abwickeln. Die Bank erhielt dazu auch einen neuen Namen Heta. Die Nebenbemerkung sei erlaubt: Österreich hatte im Vergleich zu Griechenland das günstigere Zeitfenster erwischt. Am 1.3.2015 erließ die Finanzminister Dr. Schelling unterstellte Aufsichtsbehörde, die FMA einen Bescheid, in dem sie der Heta verbot, Schuldtitel in Höhe von 11 Mrd. zu bedienen. Auch die Bedienung bzw. Rückzahlung von Eigenkapital/Krediten an die Bayern LB wurde untersagt. Investoren klagten gegen die Bescheide der FMA. Sie konnten sich drauf berufen, dass Österreich für Garantien über die HYAA haftet. Deshalb gab es lautes Grummeln am Finanzplatz Frankfurt, dass nämlich Österreich diese Bankenabwicklung "missbraucht".
Die Gerichte sollten klären
Was dann zwischen Österreich und Bayern folgte, waren viele, viele je wechselseitige Klagen an den Standorten Wien und München. Oder besser gesagt, es wurden viele Klagen eingereicht und viel Zinnober darum gemacht. Am 8.5. 2015 wurde dann erstinstanzlich Österreich durch das Landgericht München zur Zahlung von 2,23 Mrd Euro verurteilt. Österreich legte Berufung ein und beide Seiten verkündeten lautstark, dass sie fleißig weiter prozessieren wollten. Nun knapp zwei Monate später ist der juristische Krieg mit einem Vergleich abgeschlossen. Man einigt sich irgendwo in der Mitte. Wenn aus der Abwicklung der Heta noch was übrig bleibt, könnte Bayern bzw. die Bayern LB noch einen Nachschlag bekommen.
Woher dieser Sinneswandel auf beiden Seiten?
Das erstaunt doch jetzt alles sehr. Markus Söder sprach vor kurzem noch davon, dass Österreich schlimmer sei als Griechenland, weil es im Gegensatz zu Griechenland überhaupt nicht zahlen wolle. Offensichtlich wollen der vormalige und der jetzige und auch vormaliger Mithafter sowie Eigentümer in dieser gegenseitigen und gemeinsamen Angelegenheit nichts mehr sagen. Gerichtsprozesse sind unkontrollierbar. Da beide Parteien Besitzer der HYAA waren oder sind, haben Sie ja die gleichen Daten und werden wohl schon lange zum gleichen Ergebnis gekommen sein. Fazit: Ein erster erfolgreicher Schritt in die Nichtaufarbeitung der HYAA wurde getan. Politisch wird nichts mehr anbrennen. Österreich hat als Regierung eine große Koalition und über die Untersuchungsausschüsse wurde schon gesprochen. Die bayerische Opposition macht man bekannterweise als Regierungspartei selber. Für andere Kläger ist die Informationsquelle eines Prozesses versiegt.
Um in Bayern zu bleiben: „Jetzt ist nur schad, dass das Stück schon gar is.“
Links
www.br.de/nachrichten/hgaa-streit-oesterreich-100.html
<emphasize>Uli Spreitzer</emphasize>
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