(explizit.net/ kath.de) Warum die Öffentlichkeit so großes Interesse entwickelt
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Viel wurde und mehr wird noch geschrieben werden zu den Vorgängen im Bistum Limburg. Manch einer vermutet eine Medienkampagne oder gar eine Hetze. Ganz von der Hand zu weisen ist ein „Hype“ natürlich nicht, er reicht aber nicht zur Erklärung der öffentlichen Aufmerksamkeit aus. Aber woher kommt dieses enorme Interesse dann? Im Kern findet gerade eine Abrechnung mit einem innerkirchlich noch nicht abgeschlossenem Kapitel der Kirchengeschichte statt: Der Umgang der Kirche mit der Moderne – Eine medientheologische Analyse:
Die Kritik dieser Tage richtet sich oft gegen die Person und die Amtsführung des Bischofs von Limburg. Innerdiözesan macht dieser Umstand auch einen Großteil des Konfliktes auf, neben schon länger bestehenden strukturellen Problemen, die nie aufgearbeitet wurden. Darum geht es mir aber nicht: Für die Gesamtkirche erkenntnisreicher ist es, die Energie hinter diesem Konflikt einmal genauer anzuschauen. Kirche stand vom Beginn der Moderne an in einem zwiespältigen Verhältnis zur selbigen. So ganz traute man ihr nie. Die Medien, sozusagen das Kind der Aufklärung und Moderne, wurden und werden in weiten Kreisen noch immer skeptisch und mit Argwohn betrachtet. Natürlich finden sich auch im aktuellen Konflikt Auswüchse eines Medienhypes, der kritisch zu betrachten ist, weil er die Medien zu einem Pranger umformen kann. Eine Desavouierung der Person Tebartz von Elst – oder jeder anderen Person – widerspricht fundamental einer christlichen Ethik. Das hat niemand verdient. Als Mitglied zweier großer katholischer Medienvereine sehe ich das sehr skeptisch und moralisch fragwürdig.
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Das Kind des aufgeklärten Bürgertums begehrt auf
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Und jetzt kommt wieder ein aber: Aber das ist nicht der Kern des Interesses. Kern ist sein Umgang mit den Medien. Hierin kristallisiert sich paradigmatisch das Kirchenbild. Wieso? Ein direktes juristisches Vorgehen und Unterlassungserklärungen sind in einer vom Geist der Aufklärung geprägten Gesellschaft genauso verdächtig wie jegliche als Vertuschungsversuch zu interpretierende Handlung – oder – Unterlassung der derselben. Krisenmanager sprechen in dem einen Fall von der „Salamitaktik“, in dem anderen Fall von der wohlbekannten „Vogel-Strauß-Politik“. Unangenehme Fakten werden in kleinen Häppchen gereicht, zeitlich verzögert, weil sie dann angeblich besser verdaulich seien, so die Salamitaktiker. Das Verhalten des Vogel Strauß‘ dürfte weithin bekannt sein. Beides jedenfalls hat die strategisch äußerst ungünstige Konsequenz in die Rolle des Reagierenden zu geraten, anstatt zu agieren. Und dahinter liegt letzten Endes ein Umgang mit den Medien als Öffentlichkeit,
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a) der darauf beruht die Medien (und damit die Öffentlichkeit) direktiv steuern zu können oder
b) es nicht nötig hat, sich auf den Umgang mit diesem nervenden Kind der Aufklärung einzulassen. Dies ist der Kern: Die Medien als vierter Stand, als Kind der aufgeklärten Bürgergesellschaft, werden in ihrem Wesen in Frage stellt. Und dies ist mit einer der Hauptgründe, warum sich das mediale Interesse an diesem Konflikt so festbeißt: Es ist der nicht aufgearbeitete Umgang der Kirche mit dem Geist der Aufklärung, der sich vor allem in dem Mediensystem manifestiert.
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Der Riss in der Kirche
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Und dieser Riss zieht sich durch die gesamte Kirche in Deutschland, durch die Priesterräte, die PGR´s, durch die Gemeinschaft der Gläubigen. Am deutlichsten jedoch wurde er vernehmbar in den Reaktionen einiger Bischöfe: Sicher zu Recht bemängelten einige die Art und Weise der medialen Berichterstattung. Worin die berechtigte Kritik liegt, versuchte ich oben zu schildern. Dennoch geriet der Kern durch die totale Fixierung auf den „Hype“-Faktor aus dem Fokus: Dass es deshalb keine Medienkampagne ist, weil völlig unklar ist, worum es eigentlich ginge. Denn die Baukosten und der Flug als Auslöser der Krise wiegen beide an sich nicht schwer genug. Es ist der Umgang in der Kommunikation mit diesen Vorgängen, genauer: mit den Anfragen der medialen Öffentlichkeit. Andere Bischöfe wiederum sahen genau den Kern und machten darauf aufmerksam, dass es eben hier doch um ein ganz fundamentales Problem gehe, dass auch die Kirche in Deutschland nachhaltig beeinflusst. Dass diese Krise nun auftritt, während ein neuer Papst gerade ein Programm der Reformation der katholischen Kirche durchführt, das als Leitbilder den nach seiner Herde riechenden Priester und die als Feldlazarett zu verstehende Kirche setzt, ist gleichsam kein Zufall, sondern der große kirchenhistorische Rahmen dieses Dramas.
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In den vielen Kommentaren in den Social Media und unter den Online-Artikeln und Blogbeiträgen, durch die Unterschriftenaktionen, Facebook-Gruppengründungen , Protest- und Solidaritätsbezeugungen zeigt sich eines: Gallia est omnis divisa… Es gibt diverse geistige e Kirchenprovinzen, die jeweils anders reagieren. Das Thema, wie mit der Moderne und deren Erscheinungen und Geist umzugehen sei, spaltet. Und es ist auch kein Zufall, dass sich 2015 das Ereignis zum 50ten Mal jährt, das von vielen als ein Ausgangspunkt zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Moderne gewertet wird: Das II. Vatikanische Konzil.
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Die Erwartungen der Moderne
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Im Limburger Konflikt ist der Verständnisschlüssel nicht das Bauprojekt, sondern der Umgang mit der Moderne und den Medien als deren Kind. Von daher lassen sich auch die meisten Punkte verstehen, die Kritiker in unterschiedlichen Bereichen vorbringen. Unter Rückgriff auf Can. 212 §3 des kirchlichen Gesetzbuches sehen sie bei einigen Punkten Änderungsbedarf und melden ihn an– ein Bedarf der eben aus den geänderten Werten in der Moderne entsteht: Transparenz und Beteiligung auf der Entscheidungsebene. Ein Bedarf, der sich theologisch aus einem reformierten Kirchenbild, wie Papst Franziskus es umsetzt, herleitet: Die Kirche als Feldlazarett, die als Mission immer den Menschen in Bedarfslagen sieht und weniger daran interessiert ist, ein paar noble Elitekliniken zu schaffen (um im Bild zu bleiben).
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Führungsstil, Personalentscheidungen, Beteiligungsmodelle bis hin zu ekklesiologischen Fragestellungen des Verhältnisses von Laien und Geweihten – der Grundkonflikt kann in allen Bereichen durchdekliniert werden und kann für viele diskussionswürdige Umstände ein Verstehensraster liefern. Er erklärt auf jeden Fall zum Teil das enorme Interesse der Medien, das in der Öffentlichkeit auf so große Resonanz stößt. Er erklärt auch die Tragweite des Konfliktes für die Zukunft der Kirche. Die theologische Diskussion steht an: Kirche als Feldlazarett oder Eliteklinik?
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Zwei ergänzende Hinweise:
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Ich kann keine Solidaritätsaktion unterschreiben, da ich mich unter Berufung auf §212 CIC als kritisch solidarisch sehe:
Can. 212 — § 1. Was die geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens erklären oder als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen im Bewusstsein ihrer eigenen Verantwortung in christlichem Gehorsam zu befolgen.
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§ 2. Den Gläubigen ist es unbenommen, ihre Anliegen, insbesondere die geistlichen, und ihre Wünsche den Hirten der Kirche zu eröffnen.
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§ 3. Entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer hervorragenden Stellung haben sie das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen und sie unter Wahrung der Unversehrtheit des Glaubens und der Sitten und der Ehrfurcht gegenüber den Hirten und unter Beachtung des allgemeinen Nutzens und der Würde der Personen den übrigen Gläubigen kundzutun.
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Nach dieser Bestimmung des Kirchenrechts gibt es Dinge, über die in einem freien Dialog gesprochen werden muss, sowohl für die deutsche Kirche - aber auch in Limburg. Erster Schritte sind gemacht und es wird zugehört. Dies ist eine Notwendigkeit für den zweiten Schritt, theologisch Umkehr genannt. Diese erfordert Handlungen, Kurskorrekturen. Diese wiederrum äußern sich auch außerhalb eines rein sprachlichen Rahmens – ich würde es mir wünschen. Als Christ jedenfalls stehe ich in einer Solidargemeinschaft mit allen Christen weltweit, mit jedem und jeder – vielleicht ist das gerade auch unser großes Kapital. Auch wenn es mir persönlich bei manchen blinden Solidaritätsbekundungen, die in jeder Kritik eine Majestätsbeleidigung sehen, die mir aus einer Zeit zu kommen scheinen, in denen eine Person qua Amt der Gemeinschaft und der gemeinschaftlichen Kritik enthoben war, noch mehr Kopfschütteln verursachen als manche plumpe Kritik oder Vereinfachung der Sachverhalte: Wenn es nicht gelingt, innerhalb der Kirche eine Konfliktkultur zu etablieren, die anders ist als die aus Politik und Co. bekannte, scheitert in gewisser Weise auch ein konstruktiver Anspruch der Kirche, Impulsgeber in der Moderne zu sein, ohne in ihr aufzugehen. Doch es gehören zwei Seiten dazu.
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Dass die Kirche und Ihre Amtsvertreter in der Moderne unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit stehen, erklärt Charles Taylor in dem Buch ein „ein säkulares Zeitalter“ sehr gut. Er prägt das Stichwort des Zeitalters der Authentizität, in der das Kriterium zur öffentlichen Bewertung die Einhaltung der eigenen Forderungen ist.
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<emphasize>Jürgen Pelzer</emphasize>
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