Lebensversicherungen im Zins-Tal: Umzug zu den Aktien

Wenn die Zinsen niedrig sind, schlägt das auf den Wertzuwachs der Lebensversicherung durch. Der Wertzuwachs nähert sich der Null. Da sich mit Aktien heute mehr erwirtschaften lässt, schichten die Versicherungen in Aktien um. Welche Risiken, vor allem in den Indexfonds stecken, zeigt der folgende Beitrag.

Wenn die Zinsen niedrig sind, schlägt das auf den Wertzuwachs der Lebensversicherung durch. Der Wertzuwachs nähert sich der Null. Da sich mit Aktien heute mehr erwirtschaften lässt, schichten die Versicherungen in Aktien um. Welche Risiken, vor allem in den Indexfonds stecken, zeigt der folgende Beitrag.

Rendite der „klassischen“ Lebensversicherung

In der Vergangenheit veranlagten die Lebensversicherungen in Deutschland Großteils in hochwertigen, risikoarmen und hoch „ge-rateten“ (AAA, AA,…) Anleihen von Staaten (Rentenpapiere) oder Unternehmen und in geringem Anteil in Aktien. Die Aufsicht (Bafin in Deutschland, FMA in Österreich etc.) bestimmt einen Höchstrechnungszins. Der Zins, mit dem Lebensversicherer ihre Produkte berechnen, darf maximal so hoch wie der Höchstrechnungszins sein. Dieser ist ungefähr die Hälfte der (Sekundärmarkt-)rendite solcher hochwertiger Rentenpapiere.

Der Versicherungsnehmer erhielt für den Sparanteil seiner Versicherung, also ohne Teile, die für Provision und Abdeckung des Risikos verwendet wurden, meist diesen Höchstrechnungszins. Diese Verzinsung auf den Sparanteil garantiert der Versicherer sogar. Zusätzlich erhielt er eine Überschussbeteiligung, eine Extraverzinsung. Diese war ähnlich hoch wie die Differenz zwischen Rendite der Rentenpapiere und dem Höchstrechenzins.

Konkurrenzsituation in Europa

Angelsächsische Versicherer wie Standard Life, Clerical medical veranlagten im Vergleich dazu mit höheren Aktienanteilen. Das war in den Zeiten vor 2001 ein Vorteil gegenüber deutschen Versicherern. Sie waren zu dieser Zeit sehr erfolgreich am Markt. Bei den verschiedenen Einbrüchen im Aktienmarkt seit 2001 haben sie diesen Vorteil eingebüßt. Manche Aufsicht hat Versicherer, wie z.B. Standard Life, gezwungen, die Aktienpositionen nahe an Tiefstständen aufzulösen. Für die Versicherten war dies langfristig oft nachteilig.

Ausgangslage in Deutschland nach den Krisen am Aktienmarkt

Nach den Baissen am Aktienmarkt in 2001 und nach 2008 hielten die Lebensversicherer nur noch einen kleinen Anteil an Aktien, typischerweise 5% oder sogar weniger, veranlagt. Sie hatten in Folge der Baissen den Aktienanteil passiv oder aktiv reduziert.

Ab 2008 setzte die Niedrigzinspolitik der Notenbanken ein. Damit fielen auch die Renditen der Staatsanleihen. Der garantierte Höchstrechnungszins fiel. Aktuell liegt er nur 1,25% pro Jahr. Der Marktführer der Versicherer, die Allianz SE, erwirtschaftet immer noch eine Gesamtverzinsungen von knapp 4%. Trotz dieses Überschusses ist die Lebensversicherung unter Druck, insbesondere da sie hinsichtlich der Abschluss- und laufenden Kosten ein teures Produkt ist.

Aufkommen der fondsgebundener Lebensversicherungen

Ein erster Versuch, die Lebensversicherungen attraktiver zu machen, indem man höhere Renditen zu erzielen suchte, waren die fondsgebundenen Lebensversicherungen. Dabei werden ein Teil der Beiträge oder Überschüsse des Vertrags in Aktienfonds angelegt. Oft kann der Versicherte die Fonds auswählen. Der Wert dieses Teils schwankt wie der entsprechende Fonds, in dem investiert wird. Für diesen Teil gibt der Versicherer meist keine Garantieverzinsung. Idee und Verkaufsargument für diese fondsgebundenen Versicherungen sind die bessere Wertentwicklung über größere Zeiträume von Aktien gegenüber Anleihen.

Von der fondsgebundenen zur indexbasierten Lebensversicherung

Verzicht auf Garantien und Übernahme von Verantwortung durch den Versicherten helfen der Versicherung, da die Garantien Geld kosten. Aber in diesem Produkt entsteht ein Wettbewerb mit Fondsgesellschaften. Vermögen wird aus der Versicherung ausgelagert. Das ist für Versicherungen ungünstig, denn das abgeschlossene Bild des Versicherungsproduktes bricht auf. Versicherer wollten diese Produktfamilie wieder in ihre Verantwortung bekommen und komplett selber gestalten. So wurden neue Produkte entwickelt

Die indexbasierten Lebensversicherungen waren solche. Statt an der Entwicklung eines Fonds nimmt die Lebensversicherung an der eines Aktienindex teil. Meist wird eine obere und untere Grenze für die Wertentwicklung des Index‘ ausgesprochen; z.B. nicht mehr und nicht weniger als 4% p.a. Wird die Grenze verletzt, zahlt die Versicherung eine vorab festgelegte garantierte Verzinsung.

In indexbasierten Lebensversicherungen verbergen sich undurchschaubare Risiken

Analysiert man das Produkt finanzmathematisch, enthält es nicht nur Aktien sondern auch andere Finanzinstrumente. Das Abschneiden der Wertentwicklung des Index geschieht nämlich vor allem durch Finanzderivate. Verwendet werden Put- oder Call-optionen. Diese Optionen beinhalten das Recht, einen Index zu bestimmten Werten zu kaufen oder zu verkaufen. Finanzmathematisch sind sie eine Wette am Kapitalmarkt. Kauft man ein Derivat, ist eine Prämie zu zahlen, verkauft man eines, möglichst zu einem höheren Preis, erhält man eine Prämie. Die indexgebundene Lebensversicherung ist also gegenüber der fondsgarantierten ein komplizierteres Produkt. Wie kann der Käufer aber die Konstruktion einer solchen Versicherung durchschauen:

Es fehlt die Transparenz für indexgebundene Lebensversicherungen

Bei Lebensmitteln hat man sich vor über einem Jahrzehnt darauf verständigt, eine Zutatenliste auf jedes Produkt zu drucken. In Absteigender Reihenfolge werden die Zutaten aufgeführt. Umstritten ist die Art der Kennzeichnung, ob mit Klarnamen oder mit den EXXX Bezeichnungen.

In der Finanzindustrie ist man nicht soweit. Die Informationspflichten wurden zwar ausgeweitet, aber man versucht, Klarnamen zu vermeiden. Wenn auf einer Indexpolice der Klarname einer Option steht, also einer Wette am Finanzmarkt, wird dies manchen Verbraucher vom Kauf abschrecken.

Gegenüber der Aufsicht müssen die Versicherer ihre Produkte aber genau darstellen. Wie bei der Lebensmittelindustrie bleibt die entscheidende Frage: Warum erhält der Kunde die Infomation nur komprimiert und nicht mit Klarnamen?

 

Uli Spreitzer



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