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Koran – Bibel ohne Kreuz

Mohammed wird in die Reihe der biblischen Propheten gestellt. Mehrere Suren stellen eine knappe Nacherzählung biblischer Texte dar. Ein Kommentar

Beschäftigt man sich als Christ mit dem Koran, dann ist man über die vielen Bezüge zur hebräischen wie der christlichen Bibel erstaunt. Liest man dann noch „Der Andere Prophet, Jesus im Koran“ des christlichen Theologen von Stosch und des muslimischen Theologen Khorchide, dann gewinnt man einen Blick, wie differenziert und einfühlsam die Sendung Jesu im Koran zur Sprache kommt, bis dahin, dass den Christen empfohlen wird, die Eucharistie zu feiern.

Nicht mehr als eine moralische Exhortation

Wenn der Koran aber so nahe und verständnisvoll mit der Bibel umgeht, in ihr die Botschaft Gottes entdeckt, dann entsteht die Frage, ob der Koran ein Lehrschreiben wie z.B. der Jakobusbrief ist, der die Kenntnis der Bibel voraussetzt und einige Verhaltensregeln neu einschärft. So wie das griechisch verfasste Neue Testament in den Horizont der hebräischen Bibel eingebettet ist und sogar aus dieser hebräischen Bibel die Beweise zieht, dass Jesus der verheißene Messias ist, so erweist sich der arabische Koran als gültig, indem er Mohammed in die Gefolgschaft der biblischen Propheten stellt. Jerusalem wäre fast Zentrum der neuen Religion geworden. Auch nimmt der Koran die Vorstellungswelt der Bibel auf. Aber anders als das Neue Testament die Bibel der Juden als verbindliches Wort Gottes zitiert und der christliche Gottesdienst nicht nur das Psalmengebet übernimmt, sondern aus den Büchern des Alten Testament liest, gibt es im Islam keine solche Integration. Der Koran siedelt sich faktisch im Gesamthorizont der Bibel an, ohne aber die Bibel, auf die er sich ständig bezieht, der Lektüre zu empfehlen und in der Moschee zu verlesen. Ein Vergleich mit Texten des Neuen Testaments kann helfen, den Koran aus christlicher Sicht einzuordnen, um dann bei der Bibellektüre zu bleiben.

Römerbrief, Hebräerbrief, Jakobusbrief im Vergleich zum Koran

Im Folgenden soll aufgezeigt werden, dass der Koran nicht mehr ist als der Jakobusbrief. Der Vergleich bezieht sich auf das, was dieser Text im Neuen Testament leistet. Dieser setzt die Evangelien, also den Bericht über das Lebensschicksal Jesu und seine Lehre, voraus,  bringt aber keine vertiefende Deutung der Person Jesus und seines Schicksalsweges, vielmehr arbeitet er die Konsequenzen für das christliche Verhalten heraus. Während der Jakobusbrief zwar seine Autorität von Jesus herleitet, bleibt er bei Verhaltensanweisungen. Diese beziehen sich nicht auf das Rituelle, sondern er stutzt Überheblichkeit, Übervorteilung, Verwicklung in Streitigkeiten zurecht und fordert religiöse Disziplin, Gebet und Hilfe für die Nöte des Mitmenschen. Diese Charakterisierung des Textes soll diesen nicht kritisieren, sondern nur aufzeigen, was der Koran in Bezug auf die Person und die Botschaft Jesu leistet. In der christlichen Bibel gibt es weiter ausgreifende Reflexionen auf das Erscheinen und das Lebensschicksal Jesu, als der Koran sie bietet.

Die Briefe an die Römer und die Hebräer

Beide Texte geben jeweils eine vertiefende Deutung der Person und des Schicksals Jesu. Der Hebräerbrief deutet Tod und Auferstehung im Rahmen der Opfer, die im Jerusalemer Tempel dargebracht wurden. Während der Tempel nur Abbild der himmlischen Welt ist, ist Jesus mit der Auferstehung in diese Welt eingetreten und macht damit alle Tieropfer überflüssig. Auch für den Römerbrief ist die leibliche Auferstehung Jesu das zentrale Ereignis, der Beginn einer neuen Epoche, die in der Versöhnung des sündigen Menschen mit dem barmherzigen Gott besteht und das ewige Schicksal des Menschen garantiert. Eine solche vertiefende Deutung des Heilsgeschehens, das ganz an die Person Jesu gebunden ist, findet sich im Koran deshalb nicht statt, weil Tod und Auferstehung Jesu ausgespart sind und Jesu zu einem in der Reihe der Propheten eingeebnet wird. Deshalb kann der Koran von keinem Heilsereignis sprechen und ist daher in der Gefahr, die Barmherzigkeit Gottes nicht in ihrer Konsequenz aufzeigen zu können.

Die Aussparung der Konsequenz

Im Vergleich zu der christlichen Aneignung der hebräischen Bibel schreibt der Koran mit dem Textcorpus, auf das er sich nicht zuletzt deshalb bezieht, weil er die herausragende Bedeutung seines Propheten erweisen muss, nicht fort. Er hätte an der theologischen Arbeit des Paulus ansetzen können, der Bilder des Alten Testaments als Vorausdeutung des Schicksals Jesu deutet. Augustinus, der 200 Jahre vor Mohammed lebte, zeigt über viele Seiten seines „Gottesstaates“, wie sich Perspektiven und Verheißungen des Alten Testaments in Jesus erfüllt haben. Was hat sich in Mohammed erfüllt, das über den Messias, den Christus hinausgeht? Anders als Vertiefung will der Koran die Person Jesu auf ein menschliches Maß zurückbringen, indem er die Aussagen über Jesus als Sohn Gottes als Fehldeutung kritisiert. Aber es geht nicht nur die göttliche Dimension in Jesus, auch seine Menschlichkeit wird ihrer Tiefe beraubt, nämlich dass Jesus das Schicksal der verfolgten und ungerecht Verurteilten trägt und damit heilt. Der Koran reduziert Jesus um das Kreuz. Indem er das Kreuz ausspart, ist er dann aber nicht mehr immun gegen Gewalt im Namen Gottes. 

Das Mysterium des Mitmenschen

Im Matthäusevangelium wird die Menschwerdung Jesu und ihre Bedeutung für die Gläubigen in einem Bild erschlossen, dessen Fehlen im Koran die Tür zur Gewalt nicht wirklich schließt. Jede Religion tendiert nämlich zum Rigorismus. Die reale Möglichkeit eines totalen Scheiterns des Menschen, das sich in der Zurückweisung der Gnade Gottes zuspitzt, wird in der Bibel wie im Koran mit der Vorstellung einer Hölle beantwortet. Wer Gott nicht die Ehre erweist, ist des Todes. Religionskriege speisen sich aus dieser Drohpredigt. Wenn aber Jesus von einem menschlichen Gericht zum Tode verurteilt und dann auch hingerichtet wurde, dann könnte mir der gleiche Irrtum unterlaufen, nämlich jemanden zu töten, der von Gott geliebt ist. Diesen Zusammenhang steigert das Matthäusevangelium noch einmal, indem Jesus sagt: "Was ihr dem Geringsten meiner Mitbrüder getan habt, das habt ihr mir getan?" Kap. 25, 40.  Im Mitmenschen, besonders in dem Bedürftigen, begegnet mir Jesus selbst. Wie kann ich ihn umbringen! Nur Gott selbst darf entscheiden, ob er jemanden tatsächlich in dem Zustand der Gottesferne und Menschenverachtung und damit in der selbst gewählten Hölle belässt. Hier ist dann auch der gewagte Vergleich des Korans mit dem Jakobusbrief zu relativieren. Obwohl es dem Autor dieses Briefes ernst  mit dem Wort Gottes an die Menschen ist, Ungläubige im Auftrag Gottes zu bestrafen, auf diesen Gedanken kommt er nicht. Insgesamt hat Jesu Weg zu seiner Hinrichtung bewirkt, dass seine Anhänger nicht Vergeltung für den Justizmord fordern, sondern Petrus am Pfingsttag die Juden zur Erkenntnis Jesu einlädt: „Mit Gewissheit erkenne also das ganze Haus Israel: Gott hat ihn zum Herrn und Messias gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt. Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder? Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“ Apostelgeschichte 2,36ff

Die Basis des Dialogs

Für das Gespräch mit dem Islam ergibt sich ein zentrales Problem, das sein Verständnis der heiligen Schriften betrifft. Für die Christen ist Jesus das Wort Gottes. Für den Muslim spricht Allah In der Verlesung einer Sure direkt zu den Gläubigen. Denn anders als die Evangelien werden nicht Handlungen und Worte eines mit höchster Autorität ausgestatteten Gesandten Gottes vermittelt, sondern nicht der Prophet, sondern Gott selbst erzählt z.B. in Sure 20 den Lebensweg des Mose und in den Suren über Jesus dessen Lebensweg und Botschaft noch einmal neu. Während der Christ die Bibel der Juden braucht, kann der Muslim beim Koran bleiben. Logisch ist dann, dass die Bibel gar nicht in die Hände der Gläubigen kommen soll. Dann entsteht aber sofort die Frage, wie der Islam sich gegenüber seinen Wurzeln versteht, die der Koran eben in die Welt und das Personal der hebräischen Bibel wie des griechischen Neuen Testaments verlegt. Kann er sich, so wie das Neue Testament als Weiterführung seiner Basistexte verstehen oder ist er ihre Korrektur. Er will Korrektur sein und ist zugleich für die Autorität seines Propheten darauf angewiesen, dass Mohammed in der Reihe der Propheten steht. Aber was sichert dann die Wahrheit des Korans, wenn die Bibel verfälscht wurde und damit das Wort Gottes nicht authentisch weitergibt? Auch wenn der Koran behauptet, den Glauben Abrahams wieder hergestellt zu haben, er bleibt in der Vorstellungswelt der beiden Bibeln, ohne wie das Neue Testament eine neue Perspektive zu eröffnen.   

Wäre der Dialog mit Hinduismus und Buddhismus nicht sehr viel ergiebiger und liegt die Zukunft des Christentums nicht in Asien.

ein katholischer und ein muslimischer Theologe haben in einer gründlichen Untersuchung aufgezeigt, wie Jesus im Koran gesehen wird
Der andere Prophet - Jesu im Koran

ein Kommentar von Eckhard Bieger S.J.


Kategorie: Religion
Schlagworte: #Islam #Koran #Jesus

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