-ein Beitrag im Rahmen des Monatsthemas "Kirche & KI" der Portale explizit.net und kath.de-
Wer in der Pastoral arbeitet, kennt sie: die berühmten endlosen To-do-Listen. Ich liebe meinen Dienst – meistens jedenfalls. Aber ein Großteil meiner Arbeitszeit geht inzwischen für Organisation und Verwaltung drauf. Und mit größer werdenden Pfarreien wird dieser Anteil eher wachsen als schrumpfen.
Darum – und weil ich gern mit technischen Spielereien experimentiere – habe ich begonnen, Künstliche Intelligenz (KI) bewusst in meinen Alltag einzubauen. Nach einer steilen Lernkurve merke ich: Klug genutzt schenkt mir KI Zeit, Nerven und manchmal neue Ideen. Und ich frage mich, warum wir als Kirche diese Werkzeuge nicht systematischer einsetzen, um Haupt- und Ehrenamtliche zu entlasten.
Ein erstes Beispiel ist die Jahresplanung unserer Gottesdienste. In unserer Pfarrei feiern wir rund 190 planbare Gottesdienste im Jahr an sieben Orten – mit vielen Sonderregeln, Ausnahmen, Feiertagen und „heiligen Kühen“. Früher saß ich dafür mindestens zwei volle Arbeitstage am Schreibtisch. Heute bekommt die KI einen sorgfältig formulierten Prompt mit allen Regeln. Claude.ai erstellt mir in wenigen Minuten einen Jahresplan, den ich nur noch prüfe und anpasse.
Bei Predigten bleibt die Kreativität Chefsache. Schreiben werde ich sie weiterhin selbst – aus theologischen Gründen und weil es mir Freude macht. Aber beim „Predigtcheck“ ist KI eine hilfreiche Sparringspartnerin: Sie weist auf Brüche, Wiederholungen oder unklare Formulierungen hin und hilft, die Struktur zu schärfen. Wenn ich die biblischen Texte mitliefere, bekomme ich manchmal überraschende Hinweise auf inhaltliche Stärken und Schwächen.
Sehr nützlich ist KI auch bei langen Mails, Konzeptpapieren und Strukturfragen. Sie fasst Texte zusammen, filtert Kernaussagen heraus, schlägt Antwortentwürfe vor und kann Entwürfe für neue Gremienstrukturen analysieren: Wo liegen Chancen, wo Risiken, welche Abläufe schonen die Ressourcen von Ehren- und Hauptamtlichen? Das ersetzt nicht mein eigenes Urteil, verschafft mir aber einen schnellen Überblick.
Noch ein spannender Use-Case: Ich habe Claude (einfach aus Neugier) gebeten, unsere Pfarrbriefe mit Blick auf Zielgruppen zu analysieren. Einmal den letzten Pfarrbrief. Dann den kommenden, mit der Frage, ob es Veränderungen gibt. Super spannend, was da rauskommt. Und sehr direkt und deutlich. Falls es dich interessant, kommen unten die Ergebnisse. Wäre ja auch was, womit man als Pfarrei mal arbeiten könnte…
Wichtig bleibt: KI übernimmt keine Verantwortung. Sie kennt keine Gewissenserforschung, keine Unterscheidung der Geister. Sie ist ein Werkzeug. Theologisches Urteil, pastorale Klugheit und letztlich auch die Entscheidung vor Gott bleiben bei uns Menschen.
Mich interessiert: Welche Erfahrungen machen andere in Kirche und Theologie mit KI? Wo hilft sie euch – und wo stößt sie an Grenzen? Ich freue mich über Rückmeldungen.
Carsten Leinhäuser
(Priester aus Winnweiler im Bistum Speyer)
Kontakt: https://www.vaticarsten.de/
Hinweis der Redaktion: Carsten Leinhäuser hat das lesenwerte Buch "Die Dinos dachten auch, sie hätten noch Zeit - Kirche muss sich endlich ändern" herausgegeben. Weitere Informationen auf der Website:
https://www.droemer-knaur.de/buch/carsten-leinhaeuser-die-dinos-dachten-auch-sie-haetten-noch-zeit-9783963402388?srsltid=AfmBOoqnzdV3kjVumBfo10S7mqtHlyp3S4K25OarAM0gVNIz5L4jfKiy
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