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Kath.de Kommentar : Der lange Schatten des Vorgängers

(explizit.net / kath.de) Am letzten Wochenende standen vier Päpste im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit: Johannes Paul II. und Johannes XXIII. wurden von Papst Franziskus in Anwesenheit von Benedikt XVI. heilig gesprochen. Die Gestalt des Papa Emeritus war dabei in der Wahrnehmung eher eine Randfigur. Doch ist das Auftreten Benedikts XVI. in der Öffentlichkeit zu selten und stets zu ausgewählt, um nur Zufall oder Beigabe zu sein.

(explizit.net / kath.de) Am letzten Wochenende standen vier Päpste im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit: Johannes Paul II. und Johannes XXIII. wurden von Papst Franziskus in Anwesenheit von Benedikt XVI. heilig gesprochen. Die Gestalt des Papa Emeritus war dabei in der Wahrnehmung eher eine Randfigur. Doch ist das Auftreten Benedikts XVI. in der Öffentlichkeit zu selten und stets zu ausgewählt, um nur Zufall oder Beigabe zu sein.

Das Lexikon für Theologie und Kirche definiert, dass Heiligsprechungen Aussagen der Kirche über sich selber sind. Sie sind damit auch Aussage der Päpste über sich selber. Besonders gilt das für Heiligsprechungen von Päpsten, die immer stark kirchenpolitisch aufgeladen sind. So war es bei Pius XII., der als letzter Papst des pianischen Zeitalters mit Pius X. dieser Epoche einen päpstlichen Heiligen gegeben hat. So kann auch die Seligsprechung Johannes Pauls II. durch seinen Nachfolger verstanden werden. Benedikt XVI. hat oft auf seinen Vorgänger als den 'großen Papst' verwiesen. Johannes Paul II., charismatisch und konservativ, stellte somit eine Art Vorbildpapst für den Gelehrten Ratzinger dar.

Die Anwesenheit Benedikts XVI. war ein Zeichen

In vielen Medien konnte man von einer Heiligsprechung mit vier Päpsten lesen. Doch war die Anwesenheit Benedikts XVI., die Papst Franziskus sich ausdrücklich gewünscht hatte, mehr als nur eine Randbemerkung. Denn der Papa Emeritus tritt nur sehr selten in der Öffentlichkeit auf. Zudem ist seine Anwesenheit bei einem Ereignis nicht etwas, was von ihm ausgeht. Stets wird er vom neuen Papst dazu eingeladen, immer folgt Benedikt XVI. dem Wunsch seines Nachfolgers. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Auftritte zufällig sind. Begreift man sie dagegen als Zeichen und Hinweis von Franziskus, machen sie mehr Sinn.

Die öffentlichen Auftritte des Papa Emeritus haben System

Aus den bisherigen öffentlichen Treffen der beiden Päpste außerhalb des aktuellen Wohnsitzes des Papa Emeritus kann eine gewisse Systematik abgeleitet werden. Es gab drei Treffen dieser Art. Zum ersten mal erschien Benedikt zur Einweihung einer Statue des Erzengels Michael im Vatikan neben seinem Nachfolger. Die Aufstellung der Statue war noch von Papst Benedikt initiiert worden, Franziskus vollzog sie dann in Anwesenheit seines Vorgängers. Der nächste Auftritt Benedikts war beim Konsistorium dieses Jahres. Auch hier gibt es eine starke Verbindung zum aktuellen Papst, da die Mehrzahl der Kardinäle ihre aktuellen Posten unter Benedikt XVI. angetreten haben. Manche wurden sogar vom damaligen Papst auf einen Posten berufen, der klassischerweise mit der Kardinalswürde verbunden ist, z.B. Gerhard Ludwig Müller. Wenngleich Franziskus hier auch starke eigene Akzente setzte, wurde hier teilweise das vollzogen, was Benedikt XVI. bereits vorbereitet hat.

Benedikt ist wesentlich für die Heiligsprechung von Johannes Paul II. verantwortlich

Der dritte große Auftritt war nun die Heiligsprechung. Auch sie passt ins Schema. Denn während die Heiligsprechung von Johannes XXIII. klar auf Papst Franziskus zurückgeht und von diesem unter Aufhebung von sonst üblichen Bestimmungen durchgesetzt wurde, ist die Heiligsprechung Johannes Paul II. quasi ein Werk Benedikts. Denn dieser hatte den Seligsprechungsprozess vor der üblichen Frist eingeleitet und eine regelrechte Turbo-Seligsprechung begleitet. Dieser folgte der Heiligsprechungsprozess in gleicher Geschwindigkeit. Papst Franziskus hat dann das schon abgeschlossene Verfahren Johannes Paul nur noch entgegennehmen und bestätigen müssen. Auch hier vollzieht der amtierende Papst das Erbe des Emeritierten.

Auf die Zukunft verweist Johannes XXIII.

Die Anwesenheit von Benedikt XVI. bei der Heiligsprechung der beiden Päpste ist daher mehr als eine nette Reminiszenz. Sie ist Ausdruck einer Politik, die das frühe Pontifikat von Franziskus auszeichnet. Wo immer der Papst auf seinen Vorgänger direkt verweist, sei es im Wort oder durch eine Einladung, verdeutlicht er den Einfluss des Papa Emeritus auf diese Handlung. So kann die Doppelheiligsprechung in gewisser Weise als eine Heiligsprechung von zwei Päpsten durch zwei Päpste verstanden werden. Sie ist damit mehr als ein Coup von Franziskus, der Konservative und Liberale im Jubel über ihre Idole vereint. Es ist vor allem die Verneigung vor dem alten Papst, dessen Erbe systematisch abgearbeitet wird, während Franziskus neue, eigene Akzente setzt. Die Heiligsprechung der beiden Päpste ist daher eine doppelte: Eine durch Papst Benedikt und eine durch Papst Franziskus. Darin kann man ein Spezifikum des Bergolio-Pontifikats sehen. Der Heiligsprechung von Johannes XXIII. ist als Aussage von Papst Franziskus über sich selbst für die Zukunft aber das größere Gewicht zu geben.

<emphasize>Maximilian Röll</emphasize>



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