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Kath.de-Kommentar: Christliche Solidarität ist angesagt

(explizit.net/ kath.de) Die Lage im Nahen Osten bleibt weiterhin kritisch. Besonders in Syrien und im Irak verlaufen die Kämpfe mit den Islamisten besonders heftig. Der Westen muss sich fragen, wie mit solchen und ähnlichen Phänomenen umzugehen sei. Eine Rolle könnte dabei spielen, ob die Lage der Christen, die verfolgt werden, ein relevanter Indikator für die eigenen Entscheidungen sei?

(explizit.net/ kath.de) Die Lage im Nahen Osten bleibt weiterhin kritisch. Besonders in Syrien und im Irak verlaufen die Kämpfe mit den Islamisten besonders heftig. Der Westen muss sich fragen, wie mit solchen und ähnlichen Phänomenen umzugehen sei. Eine Rolle könnte dabei spielen, ob die Lage der Christen, die verfolgt werden, ein relevanter Indikator für die eigenen Entscheidungen sei?

Im Gegensatz zu den westlichen Staaten herrscht in weiten Teilen der Welt keine oder nur eine eingeschränkte Religionsfreiheit. Unter den hiervon Betroffenen stellen die Christen die größte Gruppe. Nach einer Schätzung von Open Doors aus dem Jahr 2013 gab es weltweit etwa 100 Millionen Christen, die unter Verfolgung zu leiden hatten.

Syrien und Irak sind im Weltverfolgungsindex aufgestiegen

In den letzten Jahren sind Syrien und der Irak in der Liste des Weltverfolgungsindex aufgestiegen, die aktuell die Plätze drei und vier belegen. Zurückzuführen ist das auf den zunehmenden Einfluss von gewalttätigen Islamisten in diesen Regionen. Bis vor einigen Jahren ging es den Christen in beiden säkularen Diktaturen Syrien und Irak vergleichsweise gut. Neben den Zwangsmaßnahmen, denen alle Bürger ausgesetzt waren, gab es keine oder kaum direkte staatliche Verfolgung der Christen. Im gesellschaftlichen Bereich wurden sie zudem weitgehend geduldet, wenngleich sie latenten Anfeindungen ausgesetzt waren.

Immer mehr Christen flüchten aus dem Nahen Osten

Das hat sich in den letzten Jahren tiefgreifend geändert. Dabei lassen sich auf Seiten der Christen zwei Tendenzen erkennen, damit umzugehen: Zum einem entziehen sich viele Christen dem Problem durch Flucht. Die Zahl der Christen in den beiden Staaten, in denen sie bisher relativ starke Minderheiten darstellten, nimmt seit Jahren ab. Während unter Saddam Hussein noch 1,5 Millionen Christen im Irak gelebt haben, ist die Zahl aktuell auf unter 500.000 Christen gesunken, Tendenz weiter fallend. In Syrien ist die Lage weniger dramatisch, jedoch mit einer ähnlichen Tendenz.

Die verbleibenden Christen suchen die Nähe der säkularen Regime

Als zweite Konsequenz suchen die zurückbleibenden Christen die Nähe der alten, säkularen Regimes, die ihnen zumindest eine gewisse Sicherheit in der Ausübung ihrer Religion gesichert haben. Besonders deutlich wird dies in Syrien. Unter dem Assad-Klan, der selber der religiösen Minderheit der Alawiten angehört, konnten religiöse Gruppen weitgehend unbehelligt und unabhängig nebeneinander leben. Seit sich Islamisten als die führenden Gruppen unter den Rebellen durchgesetzt haben, suchen diese Minderheit die Nähe Assads und stehend weitgehend geschlossen hinter ihm. Für den Irak kann die aktuelle Situation seit dem ISIS-Vormarsch noch nicht genau erschlossen werden. Durch das Vorrücken der Islamisten hat sich die Lage der Christen im westlichen Irak jedoch erheblich dramatisiert. Die meisten Christen sind aus den eroberten Gebieten geflohen. Hier zeigt sich die Tendenz, in eher säkular-nationale Territorien, wie in die Kurdengebiete, zu fliehen.

Die Lage der Christen als Indikator für die westliche Politik

Für die Politiker des christlichen Europas stellt sich die Frage, ob das Schicksal und das Verhalten der Christen in diesen Ländern für sie ein relevanter Indikator ihrer Politik sind. Dies umso mehr, als man es in diesen Staaten kaum mit Politikern und Strömungen zu tun hat, die im westlichen Verständnis demokratische, freiheitliche Ziele verfolgen. Daher müssen andere Indikatoren ausgewählt werden, mit denen der Westen die Lage in den genannten Gebieten einordnen und bewerten kann. Denn es gilt, den vielfältig aus diesen Regionen zu hörenden Ruf nach westlicher Unterstützung zu beurteilen. Während der Westen bisher Assad nur duldet, wird bereits aktiv über eine Zusammenarbeit mit dem Iran nachgedacht, um die ISIS-Truppen zu bekämpfen, während die Kurden bisher in den Überlegungen kaum eine Rolle spielen.

Bevorzugung der Christen in der Flüchtlingspolitik

In diesem Zusammenhang steht auch die Flüchtlingsfrage. Nach Schätzungen der christlichen Agentur Habeshia, die sich in der Betreuung der Flüchtlinge auf der Insel engagiert, bilden Christen einen großen Teil der Flüchtlinge auf Lampedusa. Auch viele Flüchtlinge aus Syrien sind aktuell Christen, die im Westen um Aufnahme ersuchen. Das wirft für die Politik die Frage auf, ob christliche Flüchtlinge bevorzugt behandelt werden sollten. Hierzu gibt es bereits Tendenzen. So hat der Unionspolitiker Mißfelder die Bevorzugung von Christen in der Flüchtlingsfrage gefordert, während in vielen Städten die meisten syrischen Flüchtlinge schon überwiegend Christen sind. Für eine solche Bevorzugung könnten zwei Argumente sprechen: Erstens, wenn Christen in ihren Heimatländern besonderer Gefahren ausgesetzt sind. In Syrien scheint das aktuell teilweise der Fall zu sein und auch der Leidensdruck der Christen in der Sahelzone scheint überdurchschnittlich hoch zu sein. Zweitens, wenn das Christliche als solidaritätsstiftender Faktor in den westlichen Staaten wirksam werden kann. Denn über gemeinsame christliche Wurzeln könnten die Akzeptanz und Solidarität mit den Verfolgten verstärkt werden. Schließlich ist die Haltung der Bevölkerung entscheidend für eine gelingende Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten.

Solidarität mit den Christen als politischer Faktor

Die Lage der Christen im Nahen Osten, besonders in Syrien und Irak, ist in den letzten Jahren immer schwierigerer geworden. Zugleich haben sich die dort um die Macht kämpfenden Gruppen, besonders auf der Seite der Rebellen, immer mehr radikalisiert, sodass es dem Westen immer schwierigerer fällt, seine Politik nur nach Maßstäben wie Demokratie- und Freiheitsverständnis zu ordnen. Wenn der christlich geprägte Westen die Christen im Nahen Osten in den Blick nimmt, kann er auf einen Indikator zur Einordnung der Lage zurückgreifen. Dazu kann die Kirche selbst, d.h. die kirchlichen Hilfswerke und die kirchlichen Stellen mit weltkirchlichem Auftrag beitragen: Durch eine klare Darstellung der Flüchtlingsproblematik aus christlicher Perspektive, um die Solidarität und Akzeptanz für Flüchtlinge in der Gesellschaft zu fördern.

<emphasize>Maximilian Röll</emphasize>

<emphasize>(kath.de-Redaktion)</emphasize>


Schlagworte: #Kath.de #Kommentar

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