Hand Gottes, Kirche Schwarzrheindorf bei Bonn, Foto: hinsehen.net E.B.

Jesus ist nicht der Kronprinz

Das Hauptgebet der Christen ist das Vaterunser. Jesus hat Gott nicht als den obersten König vorgestellt, sondern als Vater jedes Menschen, besonders der Schwachen und an den Rand Gedrängten.

Wäre Gott vor allem der Herrscher, dann wären ihm die Mächtigen unter den Menschen näher. Sie würden seine Macht repräsentieren, so wie wenn sich ein Präsident mit Generälen, Konzernlenkern und populären Schauspielern umgibt.  In Saudi-Arabien wird das gerade inszeniert. Der greise König überlässt dem Thronfolger Mohammed bin Salman das Regieren. Das Land steht mit Persien in einem Stellvertreterkrieg. In Syrien unterstützt das ölreiche Land die Sunniten gegen die regierenden Alawiten, im Jemen kämpft Saudi-Arabien im Bürgerkrieg gegen die schiitischen Huthi. Es geht um die Vorherrschaft auf der arabischen Halbinsel, das Öl ist die Machtbasis.

Der Sohn Davids ohne Königsinsignien

Jesus wird als Nachkomme Davids eingeführt. Sein Jünger sind wohl davon ausgegangen, dass er die Unabhängigkeit des Volkes, dieses Mal von der römischen Besatzungsmacht, herstellt.
David war ein erfolgreicher Krieger. Deshalb bieten ihm die Stammesführer die Königswürde an. Er kann endlich die Philister, die kriegstechnisch den Israelis überlegen waren, in die Schranken weisen. Bis dahin hatten sie Israel mehrfach besiegt. Saul, der Vorgängerkönig hatte, als die Niederlage unabwendbar war, seinen Diener aufgefordert, ihn mit dem Schwert zu durchbohren. Als dieser das nicht über sich brachte, stürzte er sich selbst ins Schwert,  1 Samuel 31,4. Die Philister waren in Gaza ansässig, die militärische Überlegenheit des  heutigen Israels steht außer Frage. Die Schiiten mit der persischen Führungsmacht und die Sunniten mit Saudi-Arabien als die bedeutendste Macht stehen im Mittleren Osten in einem Konfessionskrieg. Wie die Christen in Westeuropa im 17. Jahrhundert ruinieren sie damit ihre Religion. Anders als das Vorbild des Gründers der christlichen Religion können die Muslime sich auf Mohammed berufen, wenn es um den Einsatz von Waffen gegen Ungläubige oder Häretiker geht. Die Region braucht dringend Abrüstung und ein Ende der Bruderkämpfe. Das Vorbild Jesu scheint ohne Wirkung.
Jesus hat Gott aber nicht wie David als neuer, militärisch erfolgreicher König repräsentiert, sondern auf alle äußeren Machtinsignien verzichtet. Die Kleinen, die Erniedrigten, die von Krankheit Gezeichneten haben bei ihm Vortritt, und gerade die, die eine große Schuld mit sich herumtragen. Sie sind die eigentlich Armen.

Kein Vorrecht der Auserwählung

Es gibt Völker, die wie das Volk Israel, das Moses aus Ägypten herausgeführt hat, sich als auserwählt sehen. Serbien schreibt sich diese Sonderstellung zu. Die USA bringen es auf eine kurze Formel: „In God we trust“. Sie wurde 1956 in Weiterführung früherer Auserwählungsformeln als Staatsmotto eingeführt. Woran wird Auserwählung festgemacht? Für Mohammed war es wohl die Eroberung Mekkas 630, das ihn acht Jahre vorher nicht als Propheten anerkannt hatte. Es unterwarf sich dem in Medina zum Oberhaupt gewordenen Religionsführer ohne Kampf. Ist für die USA der wirtschaftliche Erfolg, mit dem sie die größte Militärmacht unterhalten können, Zeichen der Auserwählung? Damit stehen sie aber nicht in Kontinuität mit dem jüdischen Messias Jesus.

Zeichen der Versöhnung

Nur wenige Ausschnitte aus dem heutigen Panorama zeigen, dass die Botschaft Jesu noch lange nicht angekommen ist. Damit kommt die Frage notwendig auf, ob der Sohn Gottes nicht wirksamer für Ausgleich, für Gerechtigkeit und vor allem ein Ende der religiös motivierten Feindschaften sorgen kann. Eine Antwort ist nur schwer zu finden. Die Jesus-Jünger und Jüngerinnen können die Schlussfolgerung ziehen, dass der erhoffte Friede kommen wird, wenn die Menschen sich seiner Botschaft öffnen und sein Beispiel ernst nehmen. Offensichtlich wird die Welt nicht an den Menschen vorbei in einen erlösten Zustand übergehen.

Vielleicht ist die Hand Gottes auf dem romanischen Fresko auf dem Foto oben der Anfang einer Antwort. Es gibt nur Hinweise auf den, der die Kriegshelden zum Schweigen bringen wird. Er tritt nicht mit Militärmacht auf und hat seinem Sohn einen anderen Lebensweg eröffnet. Jesus hat das Reich Gottes verkündet, es ist kaum sichtbar, es durchdringt wie Sauerteig das Mehl, findet sich als Schatz im Acker vergraben, ist die kostbare Perle, für die man sein ganzes Vermögen hergibt. In der Bergpredigt sind die für das Zusammenleben nachhaltigen Lebensregeln in aller Klarheit formuliert.

Im Blick auf das Neu Jahr könnte man sagen, dass wir nicht am Ende einer Epoche stehen, in der die Lebensregeln Jesu ins Archiv der Religionsgeschichte wandern, sondern die Geschichte mit ihm hat noch gar nicht richtig angefangen.



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