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Hunger als Waffe in Syrien

(explizit.net) „Ich entschuldige mich beim syrischen Volk“, sagte am Samstag der algerische Diplomat Lakhdar Brahimi vor der Genfer Presse, „daß wir ihm in diesen zwei Runden nicht sehr helfen konnten.“ Jeder möge daheim, so der 80jährige, in sich gehen, ob diese Gespräche gewünscht werden. Damit endeten die Treffen zwischen Bashshar al-Asads Regime und der Opposition, bekannt als Genf II, ohne greifbare Ergebnisse. Nicht einmal ein neuer Termin steht an. Immerhin gab es lokale Hilfsaktionen gegen den Hunger der Bewohner der drittgrößten Stadt Hums. Aber selbst diese waren durch die aufflackernden Gefechte bedroht. Lokale Waffenstillstände hielten zu kurz, um diese Not der Zivilisten zu lindern. Man zählt 135.000 Tote, zehn Millionen Vertriebene und 2,5 Millionen Flüchtlinge unter den Nachbarn. Die Genfer Sponsoren, Amerika und Rußland, führten in eine Sackgasse. Daher meinte Außenminister Kerry am Freitag, Barack H. Obama bat um neue Optionen.

(explizit.net) „Ich entschuldige mich beim syrischen Volk“, sagte am Samstag der algerische Diplomat Lakhdar Brahimi vor der Genfer Presse, „daß wir ihm in diesen zwei Runden nicht sehr helfen konnten.“ Jeder möge daheim, so der 80jährige, in sich gehen, ob diese Gespräche gewünscht werden. Damit endeten die Treffen zwischen Bashshar al-Asads Regime und der Opposition, bekannt als Genf II, ohne greifbare Ergebnisse. Nicht einmal ein neuer Termin steht an. Immerhin gab es lokale Hilfsaktionen gegen den Hunger der Bewohner der drittgrößten Stadt Hums. Aber selbst diese waren durch die aufflackernden Gefechte bedroht. Lokale Waffenstillstände hielten zu kurz, um diese Not der Zivilisten zu lindern. Man zählt 135.000 Tote, zehn Millionen Vertriebene und 2,5 Millionen Flüchtlinge unter den Nachbarn. Die Genfer Sponsoren, Amerika und Rußland, führten in eine Sackgasse. Daher meinte Außenminister Kerry am Freitag, Barack H. Obama bat um neue Optionen.

Beide syrische Seiten haben konträre Prioritäten. Der Opposition geht es um den zügigen Machtübergang im Konsens. Sonntag, den 9. Februar, warteten die Gegner al-Asads mit einem Prinzipientext für eine politische Regelung auf, die rasch in Genf II verabschiedet werden sollte. Anstatt zuerst auf Waffenruhe zu orientieren, gedieh sie überladenen mit dem Ziel, zugleich auch eine konstitutionelle Deklaration des Übergangs zu sein, um eine Interimsregierung mit voller Exekutivmacht zu bilden. Zwei Dutzend Prinzipien sollten den Frieden und die Wahlen bringen, erwähnten indes nicht Präsident al-Asads Abgang.

Jihadis

Andererseits hat das Regime Listen von Terroristen aufgestellt und laut New York Times bereits deren Vermögen eingezogen, die sowohl Mitglieder der oppositionellen Koalition sind als auch dort am Verhandlungstisch wirkende Zivilisten bergen. In al-Asads Augen sind sie nur Terroristen. Syriens UN-Botschafter Bashshar al-Jaafari bejahte die Angabe über die Damaszener „Terroristenliste“: wer es verwehre, Terroristen zu bekämpfen, sei ein Teil des Terrorismus. Nur divergieren die Ansichten stark über eine Definition von Terror. Indes die Regierung zuerst über Terroristen verhandeln wollte (dabei auch Jihadis aus dem Ausland), ging es Oppositionellen um den Aufbau einer Übergangsregierung.

Die Frage reift zudem, ob Oppositionelle, selbst wenn sie dies wollten, die verschiedenen und unabhängig von ihnen agierenden Gruppen kontrollieren oder stoppen könnten. Da haben allzu viele Mächte ihre Hände im Spiel: Amerika, Saudi-Arabien, Qatar und Iran. Saudis und Kuwaitis erließen Gesetze, die jene ahnden, die als Jihadis auswärts kämpfen.

Daneben sollen sich 600 aus Gefängnissen ausgebrochene Irakis deren Splittergruppen in Syrien angeschlossen haben. Je mehr nun die schiitische Bagdader Zentralmacht versagt, desto mehr spühren es auch die Nachbarn und die im Bürgerkrieg verwickelten Sunniten. Nach Berichten der Times gibt es den regen Austausch unter den al-Qaida Kämpfern im westlichen Falluja und ihren Gesinnungspartnern in Syrien. Iraker sammelten Kenntnisse im Aufbegehren gegen die Amerikaner bis 2008, wobei manche in Abu Ghraib einsaßen.

Al-Asad versäumte es nicht, auf diese Entwicklungen hinzuweisen, und sich als Kämpfer gegen den regionalen Terrorismus darzustellen. Dieses Argument benutzt auch Moskau.

Europa

Vorige Woche erörterten 28 EU-Außenminister die Lage. Maßgebendes kam aber nicht aus Brüssel, das sich Regierung und Opposition in Kiew zuwendet. Catherine M. Ashton, Außenbeauftragte der EU meinte, zu Wirtschaftshilfe in nötigen Reformen bereit zu sein, um nun einen Staatsbankrott in der Ukraine zu verhindern. Europäer sind mit sich befaßt, obwohl in der Genfer Sackgasse ihre Kraft schon das Zünglein an der Wage sein könnte. John Kerry meinte, die Syrienkrise habe sich dramatisch vertieft. Vor allem zeige sich der UN Sicherheitsrat unfähig, stärkere Schritte zu gehen. Mehr als die nicht bindenden Beschlüsse kamen nicht heraus. Humanitäre Hilfe scheiterte am Moskauer Gegenhalten. So sind nicht nur Hunger ein Teil der „großen Politik“, sondern auch die Clusterbomben.

C-Arsenal

Frustration feuert den Kriegsbrand an, aus dem die chemischen Waffen längst noch nicht geborgen sind. Die gefährlichsten Waffen sollen dann auf Hoher See durch das US-Schiff Cape Ray zerstört worden. Am 27. Januar stach es aus Virginia in See gen Mittelmeer. Zur Zeit befindet es sich im spanischen Hafen Rota, bis sich genügend Stoff ansammelt.

Nach jüngsten Angaben werden eine amerikanische und eine finnische Firma helfen, das syrische C-Arsenal mit 1.200 Tonnen Giftstoffen durch Verbrennen zu vernichten. Ein Anlaufpunkt der Waffen bildet gleichwohl das südosttexanische Port Arthur mit seinem großen Vernichtungskomplex. Allerdings geriet dieser Prozeß ins Stocken, obwohl es einen weltweiten Aufschrei zum Einsatz solcher Waffen am 21. August gab. Nach allem, was wir bislang über den Hergang und die Untersuchungen erfahren haben, sprechen alle Anzeichen für Einheiten des Regimes als Urheber das Giftgasangriffes. Jedoch steht das endgültige Urteil bis zu den gänzlich eindeutigen Befunden und Befragungen noch aus.

Bislang gingen drei Verschiffungen solcher Waffen ab, die zwölf Prozent der Menge ausmachen. Damit ist längst der erste Termin gefallen, dies bis zum 5. Februar bewältigt zu haben. Al-Asad nutzt dies zu seinen Gunsten aus. Wenn er auch recht hat, daß die Waffen im Bürgerkrieg nicht sicher bewegt werden könnten, so sind sie doch eine Art Trumpfkarte. Das Ziel, alles bis zum 1. März zu erledigen, wird wohl nicht eingehalten.

Resolut

Alles in allem ist das ein trauriges Bild im Bürgerkrieg. Wenn der Pariser Außenminister Laurent Fabius auf die Hungersnöte – laut UN Angaben vor allem von 800.00 Syrern in Hums, Aleppo und Dair az-Zur – als absoluten Skandal hinwies, so müssen sich doch alle fragen, was sie tun oder nicht tun um dieses Drama zu beenden. Es ist ja nicht so, daß es keine Nahrung gibt. Aber was möglich wäre, wird berechnend zurückgehalten: Hunger als Waffe. Die von Fabius angesagte „starke Resolution“ des UN-Sicherheitsrats fehlt. So dreht sich alles im Kreise, während mehr Syrer sterben und Nachbarn stärker verwickelt werden. In diesem Lichte erscheint ein neuer Ansatz als zwingend geboten. Man möchte hoffen, daß Präsident Obama auf seiner Reise auch nach Saudi-Arabien alte Fehler wett macht und entsprechende Hilfe einholt. Aber so lange es keine resolute Kooperation vor allem zwischen Amerika, Mittelost und Europa gibt, zieht sich dieser dreijährige Krieg weiter in die tödliche Länge. Genf III sollte angesteuert werden, in aller Entschiedenheit.



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