Ikonostase der Bischofskirche in Czernowitz

Gottesdienst – Mitfeier der himmlischen Liturgie

Gottesdienst im Westen hat einen Anfang und ein Ende. Im Verständnis der Orthodoxie hört die Liturgie nicht auf – im Himmel. Mit dem Gottesdienst in einer Kirche „schalten“ sich die Erdenbürger in die himmlische Liturgie ein.

Die Konzeption des Gottesdienstes leitet sich vom platonischen Verständnis von Abbild und Urbild her. Das Urbild ist nicht hier auf der Erde zu suchen, sondern in der Transzendenz. Zum Liturgiekonzept gehört neben der rituellen Handlung auch der Kirchenraum, nicht zuletzt die Ikonen. Die Liturgie ist somit ein Ort voller Symbole und Handlungen.

Die himmlische Liturgie

Die Orthodoxie versteht den Kircheninnenraum als Abbild des Himmels. Die Liturgie ist die Handlung, die im Paradies geschieht und im Kirchenraum ihren materiellen Ausdruck findet. Die Liturgie die in Griechenland Russland und den Ländern dieser Region gefeiert wird, geht auf den Patriarchen von Konstantinopel, Johannes von Chrysostomos zurück, der 407 starb. Sie wird die „Göttliche Liturgie“ genannt. Zuerst wird Christus als Evangelium vorgestellt, im Symbol des zeigt sich das Heilige und zieht in das Heilige ein, den Raum hinter der Ikonostas.  Christus spricht danach das Wort, durch sein Abbild, nämlich den Priester. Am Ende findet der Einzug in das himmlische Jerusalem statt und die Einsetzungsworte werden gesprochen. Das Leiden Christi wird auf dem sogenannten Rüsttisch, auf Griechisch Proskomedia, sinnbildlich in der Form des Brotes, das durch ein Messer, welches für die Lanze steht, durchbohrt. So wird im Kirchenraum als Abbild gezeigt, was im Himmel als Urbild geschieht. Christus erlebt das ewige Martyrium immer wieder aufs Neue und lässt somit die Erlösung weiter entstehen.

Der Priester als Abbild des himmlischen Christus

Der Priester, der die Liturgie zelebriert, ist das Abbild Christi. Seine Kleidung bringt das zum Ausdruck: Der Priester trägt ein weißes Untergewand, das sogenannte Sticharion. Er ist an den Ärmel verziert und mit Bändern bestückt. Diese Bänder deuten auf die Fesseln Christi hin. Auf dem Sticharion verlaufen Bandstreifen, welche an die Wunden Christi bei der Passion erinnern. Die Streifen am unteren Ende des Sticharions zeigen die Fußfesseln Christi, welche er im Gefängnis getragen hat. Das Obergewand des Priesters ist reicher geschmückt. Auf dem Rücken ist ein Kreuz und ein Stern zu sehen, was den Anfang und Ende des Weges Christi auf Erden zeigt. Im Segensgestus deutet der Priesters die Buchstaben „IC XC“, die griechischen Initialen für „Jesus Christus“ dar. Diese finden vor allem Verwendung auf byzantinischen Christusikonen.

Die Ikonen

Neben der priesterlichen Gewandung und der rituellen Handlung tragen die zum Gottesdienst bei. Die Ikonostase ist immer gleich aufgebaut: Es gibt einen mittleren Eingang, welcher das Tor in das Paradies symbolisiert. Der Vorhang, der den Altarraum von dem Kirchenraum trennt, steht für den Vorhang im Tempel zu Jerusalem, der in der Todesstunde Jesu zerriss. Über den mittleren Eingang befindet sich die Deesis. Maria und Johannes den Täufer wenden sich mit Fürbitten an Christus Fürbitten. sprechen.
Auf der linken Seite vom Haupteingang finden sich zuerst Maria und danach der Patron der Kirche. Die rechte Seite der Ikonostase zeigt zuerst Christus, dann Johannes den Täufer. Vor der Ikone An der Stelle von Johannes des Täufers steht in den meisten Kirchen das Taufbecken. Links neben dem Kirchenpatron und rechts neben Johannes dem Täufer finden sich die Eingänge in den Altarraum. Die Türen sind, wenn es die Architektur der Ikonostase erlaubt, mit den Erzengeln Michael und Gabriel bemalt, welche den Zutritt in das Paradies beschützen sollen.
Bei den Ikonen kommt die platonische Philosophie zum Tragen. Die Ikone symbolisiert den Heiligen nicht nur, sondern zeigt das Abbild des Urbildes, welches auf Erden gelebt hat. Sie materialisiert den Heiligen. Die Verehrung gilt den Heiligen deshalb, weil sie mit Gottes Geist beseelt sind. Somit ist die Darstellung des Heiligen eine Darstellung Gottes, der sich durch den Menschen zu erkennen gibt. Große Bedeutung hat die Kommunikation mit einer Ikone, nicht zuletzt durch das Küssen und Berühren geschieht. Die Ikonen stellen auf der einen Seite den Heiligen dar, auf der anderen Seite auch Gott darzustellen. So füllt sich der Kirchenraum durch die zahlreichen Ikonen heiliger Personen,  die bei Gott sind, da Gott durch sie in der Welt gewirkt hat und Gott weiter in diese Welt hineinwirkt. Bedeutsam ist die freie Entscheidung des Heiligen, er ist nicht von Gott gezwungen, sondern hat sich aus freien Stücken ihm hingegeben.

Der Gesang

Die kirchlichen Gesänge unterscheiden sich von Land zu Land. In der griechischen Kirche wird der byzantinische Gesang verwendet, der Ähnlichkeiten zum Gregorianischen Choral hat. Der slawische Chorgesang, der den katholischen Messkompositionen mehr ähnelt, ist für die russische Kirche typisch. Die Musik unterscheidet sich nur in ihrem Klang, jedoch nicht in den Texten. Der himmlische Charakter wird in den Hymnen zum Ausdruck gebracht. Es sind die Hymnen der Cherubim, die im letzten Buch der Bibel, in der Offenbarung des Johannes zu finden sind.  Engel im Himmel besingen Gott so wie es die Menschen auf der Erde tun.

Nicht von dieser Welt

Durch viele Elemente lässt sich theologische Dimension der orthodoxen Liturgie erklären. Das Abbild des Himmels findet sich in der Liturgie wieder. Das Urbild geschieht immer zu jeder Sekunde bis in die Ewigkeit. Der Gläubige, welcher den Kirchenraum während der Liturgie betritt, erlebt den Vorgeschmack auf das Leben in der zukünftigen Welt. Somit tritt die eschatologische Vorstellung der Orthodoxie hervor. Das Leben im Eschaton, in der Vollendung am Ende der Welt, ist die Liturgie. Denn sie ist Menschwerdung, Leiden und Auferstehung Christi.
Durch das Bewusstsein, dass die Liturgie zuerst und immer im Paradies stattfindet, ist auch der Umgang mit der Liturgie geprägt. Die Gläubigen sollen zwar vom Anfang der Liturgie dabei sein, jedoch ist es auch nicht verwerflich, später zu kommen, denn die Liturgie findet ja immer statt, sie kennt keinen Anfang und kein Ende. Nur die irdische Darstellung der himmlischen Liturgie ist begrenzt und somit zeigt sich auch die Begrenztheit des menschlichen Verstandes. Die Feier der Liturgie bleibt der Kern der Orthodoxie, die Teilnahme ist zentraler Bestandteil  der orthodoxen Tradition.
Die orthodoxe Liturgie liegt der christlichen Theologie voraus. In ihr wird bereits gefeiert, was die Theologie zum Ausdruck bringt. Der Kirchenraum ist für den orthodoxen Gläubigen ein Vorgeschmack auf das Paradies. Somit sind die Elemente in der Liturgie göttlich, deshalb kann die Liturgie göttlich genannt werden. Denn der Mensch bewegt sich bei Gott, mit Gott und wird mit Gott in den Gestalten von Brot und Wein, Jesu Leib und Blut, vereint. 


Kategorie: Kirche

Kommentare (1)

  1. Roland Bachleitner am 09.09.2017
    Von der Grundauffassung der Liturgie der Ostkirche können die Liturgien im Westen viel lernen. Die Teilnahme an der himmlischen Liturgie ist zwar im Wesen der westlichen Liturgie vorhandenen mit der großen Zahl von Symbolen. Doch kommen sie in der Praxis zu wenig zum tragen. Leider!

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