Wie jeden Sonntag genieße ich es, beim morgendlichen Schmaus dem Radio zu lauschen. Auf meinem Stammsender läuft heute Gottesdienst. Da alle anderen Sender nur nervtötende Musik vorweisen können, entscheide ich mich wohl oder übel für sakrale Gesänge, während ich das Frühstücks-Ei auslöffele. Da kommt mir auch schon der Gedanke, dass so ein Gottesdienst im Radio echt komfortabel ist.

Die Gläubigen müssen nicht das Haus verlassen, geschweige denn den Esstisch, sondern können während der Kommunion statt in eine Hostie, in das Brötchen mit Marmelade beißen. Und nach der Radioübertragung kann sich der Funkwellen-Gottesdiener gesegnet Richtung Couch zur Verdauung begeben. Schwupps, ist der Dienst für die Woche getan. Und alles ohne schmerzende Kniebänke.

Jeder der in dieser unchristlichen Zeit nach Gottesdienst lüstert, schaltet einfach stets das Radio an und der Pfarrer muss nicht das beklemmende Gefühl ertragen, vor nur einer Hand voll Leuten das Credo anzustimmen.

Hinzu kommt: Mitten in der Innenstadt verlassene Gebäude, das können wir uns in Zeiten des Baubooms eigentlich nicht mehr leisten. Dennoch übersäen Kirchengebäude das ganze Land. An ihrer Stelle könnte selten gewordener Wohnraum entstehen.

Den symbolischen Wert eines Sakralbaus inmitten der Stadt, das spiegelt den Stellenwert der Kirche für die Gesellschaft nicht mehr wider. Zu wenig ist von hier bei wichtigen Themen zu hören oder zu sehen. Da käme es dem Zeitgeist doch nahe, die Versammlung der übrig gebliebenen Gläubigen auf einen Podcast zu beschränken. Andernfalls hätte so ein Kirchengebäude nur noch architektonischen Wert.

Der Geist steckt ja nicht nur in alten Gemäuern, sondern besonders auf Empfangswellen: Zeit die Antenne auszufahren.