Rote Spuren der Zungen des Geistes; Foto: hinsehen.net E.B.

Geist, der leben lässt

Pfingsten ist die Zeit des heiligen Geistes. Wie kann ich ihn verstehen, den ich nicht sehen kann? Wie lässt er sich erfassen? Wohin will er mich leiten?

Den Geist spüren

Es ist ganz eigenartig. Manchmal sitze ich im Gottesdienst und spüre einen guten Geist, der den Kirchenraum erfüllt und zwischen den Gottesdienstbesuchern schwingt. Ein Gefühl der Zugehörigkeit wächst und gibt mir inneren Frieden. Ich muss nicht um meine Daseinsberechtigung kämpfen. Ich gehöre ganz selbstverständlich dazu. Oder ich sitze in meinem Garten, höre die Vögel zwitschern, schau auf die bunten duftenden Rosen, erfreue mich daran, wie die Kartoffeln ausschlagen, der Salat und die Kräuter gerade einen riesigen Wachstumsschub erleben, spüre den Wind in den Haaren und komme immer wieder ins Staunen über diese Lebendigkeit, die Kraft und Energie dieser Natur. Sie ist so vielfältig und kunstvoll. In ihr spüre ich den Atem des Geistes.

Zwischen Förderlichem und Zerstörerischem unterscheiden

Alle Pflanzen und Tiere müssen zum Überleben mit den anderen auskommen. Sie können sich gegenseitig stärken aber auch schwächen. In der Natur ist es wie bei uns Menschen. Da gibt es Starkes und Schwaches, Dominantes und Bescheidenes, Schützendes aber auch Zerstörendes. Jeder hat von allem etwas in sich, das sich ohne Aufmerksamkeit unberechenbar entwickeln kann. Ich brauche einen Leitfaden, der mir hilft, die Unterscheidung zwischen dem „guten Geist“, der Entwicklung ermöglicht, und dem „destruktiven Geist“, der oft nicht direkt in seiner zerstörerischen Weise sichtbar ist, zu erkennen. Dabei hilft mir meist mein Gespür, denn Geist lässt sich spüren. Am deutlichsten spüre ich den guten Geist, wenn sich Frieden, Ruhe, Akzeptanz und eine ausgeglichene innere Freude in meiner Seele ausbreiten. Ich muss nicht in Habacht-Stellung gehen, meine Verteidigungsmechanismen aktivieren oder Angst haben, dass mich etwas verletzt.

Der Geist setzt Energie frei

Herrscht ein guter Geist zwischen mir und anderen oder auch zwischen den Pflanzen und Tieren im Garten, kann jeder seine Kräfte ins Spiel bringen. Da spüre ich auch schon mal, dass ich mich liebevoll in diesen Geist hineingezogen fühle. Was ist das, das mich in den Bann zieht? Diese Energie, die sich ausbreitet ist unsichtbar aber für mich fühlbar. Es ist für mich der Geist, der gerade die positiven Kräfte in mir und anderen bündelt und verdichtet. Den guten Geist spüre ich als liebevolle Energie, die wie ein warmes Bett die Beziehungen trägt. Ich erlebe Achtung, Wertschätzung und eine leichte, oft humorvolle Kommunikation. Auch bei gegensätzlichen Auffassungen verführt der gute Geist nicht zur unversöhnlichen Rivalität und Konkurrenz, sondern unterstützt die gegenseitige Achtung und Würde. Ich weiß nicht immer, was gerade passiert, aber ich ahne, dass Gottes Geist dann unter uns ist. Es heißt ja nicht umsonst: „wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen“. Im Gottesdienst hat es oft damit zu tun, wie sich mein Nachbar mir zuwendet, wie der Pfarrer würdevoll mit den Messdienern den Altarraum betritt. Wie er uns glaubwürdig in die Begrüßung einbezieht und in den Gottesdienst einführt. Da breitet sich ein Geist der Akzeptanz, der Gemeinschaft und der Aufmerksamkeit aus. Im Garten zeigt sich mir dieser Geist da, wo Wachsen gelingt, wo das Rotkehlchen sich traut neben mir im Brunnen zu baden oder sich meine kleinen Fische mit den Kröten im Teich wohlfühlen und vertragen. Dieser Geist, der die Lebendigkeit und Kraft in allem Lebenden freisetzt ist immer da. Ich muss ihn nur spüren wollen.

Der gute Geist führt zum Frieden

Am deutlichsten spüre ich diesen Geist, wenn Beziehungen schwierig werden. Da geht es ums „Eingemachte“. Hat sich schon ein destruktiver Geist in mir und im anderen niedergelassen, gibt es Kampf. Wer wird gewinnen? Bin ich und der andere noch bereit, dem Geist des Friedens zu folgen, bin ich zur Versöhnung bereit, oder geht es mir darum mich durchzusetzen, den anderen klein zu machen, ihn zu verletzen, ihn zu ignorieren, ihn nicht ernst zu nehmen? Will ich die Oberhand behalten? Will ich Macht über ihn haben? Ich kann mich in solchen Situationen fragen, ob ich noch bereit bin, dem konstruktiven Geist in mir Raum zu geben, damit sich Frieden ausbreiten kann. Denn er ist immer in mir da, ich brauche mich ihm nur zuzuwenden. Gebe ich ihm Raum, verändere ich mit ihm eine destruktive Situation. Oft spüre ich Gottes Geist aber auch in den Bildern, die sich vor meinen Augen ausbreiten.

Mit dem Geist beten

Wenn ich morgens aus meinem Fenster schaue, der Nebel durch das Rheintal zieht, an den Hügeln vorbeistreicht, am Himmel die Wolkenformationen dahingleiten, dann fühle ich mich mit allem tief verbunden. Ich spüre das Bedürfnis, Danke zu sagen. Danke für diesen Morgen, diese wunderschöne Landschaft, den guten Geist, der mich durch die Nacht begleitet hat, der mir jetzt den Blick auf die „Welt“ öffnet. Ich kann beten mit dem Heiligen Geist der für mich wie eine Himmelsleiter zum Vater ist, demjenigen, dem ich diese Schönheit, die Zuwendung, mein Leben verdanke. Mit dem Heiligen Geist bleibt mir der Himmel offen, damit ich dort mit meinen Gebeten auch ankommen kann.


Kategorie: Entdecken

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