(explizit.net) Horst Seehofer hatte die glorreiche Idee, etwas, was nicht so gut klingt, einfach umzubenennen. Aus Vorratsdatenspeicherung wurde Mindestspeicherfristen. Wenn es schon im eigenen Bayernland mit den Ministern nicht so recht klappt, muss man ein wenig ablenken. Nicht nur die Ministerin Beate Merk hat mit Mollath ihre geregelten Probleme, der Kultusminister Ludwig Spaenle wusste vom Debakel an der privaten Schule in Schweinfurt, wo ein gesamter Jahrgang beim Abitur durchgefallen ist und auch die Sozialministerin Christine Haderthauer hat Probleme mit windigen Geschäften. Was böse klingt, muss nur umbenannt werden. Vielleicht hat so mancher Politiker in der neuen Auflage des Duden geblättert und neue Begriffe gefunden, die einfach besser klingen. Wir dürfen uns noch auf einige Umbenennungen freuen. Amerikanismen allerdings kommen momentan nicht so gut an und „Yes, we can!“ hat auch irgendwie seine Wirkung verloren.
Die Datenspeicherung wird außerdem völlig überbewertet. Die Bürger interessiert das sowieso nicht, die stellen ins Netz, was dem Ego dient und die blöden Amerikaner glauben auch noch, einen weiteren Terroristen gefunden zu haben. Es ist zwar ein Terror, was so manche User bei facebook posten, doch die meisten würden sich genauso blöd bei einem Anschlag anstellen wie sie unnötige Kommentare anschlagartig bei facebook und anderswo unterbringen. Die Scheinheiligkeit ist grenzenlos, geschnüffelt wird überall. Was die Amerikaner können, das ist den Briten und Franzosen nicht unbekannt. Und was der BND so treibt, das wollen wir lieber nicht wissen.
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Das einzig wahre Ministerium
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Es gibt nur noch einen Minister, der die Fakten noch nicht umbenannt hat und das ist der Herr Ramsauer. Bei ihm heißt es immer noch Verkehrssünder. Es ist wie bei der früheren Tarifbuße, da werden Punkte für bestimmte Vergehen vergeben und wer Reue zeigt, kann Buße tun und ein Seminar besuchen. Dort wird ihm ein Ablass gewährt und er kann weiter sündigen. Jetzt hat der Minister die Tarife neu geordnet, erreicht jemand acht Punkte, dann gelangt sein Führerschein in die ewigen Jagdgründe, wie die Zahl Acht in ihrem symbolischen Gehalt schon verkündet. Allerdings wird der Verkehrssünder bei vier Punkten bereits gewarnt. Er kann dann durch das Fegefeuer eines Fahreignungsseminar gehen und sich der Hölle des Führerscheinentzugs entziehen; dort endet die Auto-nomie der freien Fahrt für freie Bürger.
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Der geniale Duden
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Die Dudenredaktion hat bei der neusten Auflage ein wunderschönes Wort aufgenommen, nämlich Vollpfosten. Hier wird nichts umbenannt, sondern so etwas von richtig benannt, wie es nun einmal ist. Vollpfosten, es ist zu hoffen, dass dieses Wort, da es ja nun offiziell im deutschen Sprachgebrauch angekommen ist, gerne und häufig gebraucht wird: Für alle, die die deutsche Sprache umformen, um eine Lüge als Wahrheit erscheinen zu lassen; für alle, die Katastrophen schönreden; für alle, die bereits so sehr im politisch korrekten Sprachjargon beheimatet sind, dass sie gar nicht mehr merken, wie fremd sie uns Wählern geworden sind; für alle, die vertuschen wollen, dass sie auch nicht wissen, wie es richtig ist; für alle, die nichts wissen und umso mehr harmlose und unschuldige Wörter missbrauchen, um ihre Macht zu erhalten; für alle, die schöne Worte schon für Politik halten.
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Lasset uns beten
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Lasset uns denen hilfreich zur Seite stehen, die das Wort noch ehren; lasset uns beistehen denen, die sich um eine redliche Sprache bemühen; lasset uns hören auf die Dichter, die den Gebrauch der Wörter noch verstehen; lasset uns ehren die einfachen Leute, die ein Wort noch wörtlich nehmen; lasset uns aufhorchen, wenn ein Wort missbraucht wird, um die Tatsachen zu verdecken; lasset uns ehren die schönen Wörter und Worte, die uns zu Herzen gehen und lasset uns skeptisch werden, wenn irgend so ein Vollpfosten weltmännisch tut und doch nur ein schönes deutsches Wort umbenannt hat, um sein Confiteor zu ersetzen und nicht mehr aufsagen zu müssen. Ich bekenne in Demut und Reue, dass ich mich zu wenig um ein gutes Deutsch bemüht habe und Gutes unterlassen habe, indem ich irgendwelchen Vollpfosten mit ihren Umbenennungen auf den Leim gegangen bin.
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<emphasize>Thomas Holtbernd</emphasize>
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