(explizit.net) Im Kino läuft passgenau zur Wahl „König von Deutschland“ an. Ein Film über den durchschnittlichen Deutschen. Schlimmer als man es sich vorstellen kann, spielt Olli Dittrich als Thomas Müller den deutschen Durchschnitt. Und wenn man die durchschnittliche Begegnung von Merkel und Steinbrück gesehen hat, dann hat der Siegeszug des Mittelmaßes bereits begonnen. Da stehen drei Journalisten und der Joker Stefan Raab auf der einen Seite und zwei Ikonen des langweiligen Durchschnittsdeutschen auf der anderen Seite. Bemerkt man bei Merkel und Steinbrück noch zumindest Relikte von politischem Kampfgeist, so sind die Journalisten schon jenseits vom Mittelmaß, langweilige und angepasste Fragesteller, die wie Kleinkinder dem Onkel und der Tante einen Kuss auf die Wange geben müssen, aber nicht wollen. Anerkennend wird auf den geschaut, der ein wenig frech wird und doch auch nicht mehr bringt als Durchschnitt.
In Österreich, da werden im Wahlkampf noch richtige Phrasen gedroschen und Thesen vertreten. Frank Stronach ist in Salzburg bereits in politischer Verantwortung und fordert jetzt die Wiedereinführung der Todesstrafe. Der durchschnittliche Deutsche ließe sich sicherlich auch von einem solchen Ansinnen ansprechen. Am Stammtisch werden wahrscheinlich schon die Verbrecher aufgelistet, die man demnächst hängen möchte. Der ans Mittelmaß gewöhnte Wähler hält solche Forderungen für radikal und mal endlich dran. Die wirklichen Probleme geht der Durchschnittsdeutsche nicht an. Da wird sich aufgeregt, weil die Grünen einen Veggie-Day ins Gespräch gebracht haben, doch wie eine Gesellschaft gerechter gestaltet werden kann, das ist nicht von Interesse, denn man bildet einen Durchschnitt und danach geht es doch allen gut.
.
Mutti breitet den Mantel aus
.
Der Deutsche fühlt sich wohl, wenn er in der Masse untergehen kann. Und Angela nimmt alle unter ihren Mantel, sie hat – so sagen es die Medien – die Sympathie der Deutschen. Alle wollen in die Mitte, denn Mutti hat sie dann lieb. Wer aus der Reihe tanzt, ein wenig unterm Mantel hervorguckt, der bekommt erst das volle Vertrauen von Mutti und dann einen Tritt. Peer kann das nicht, er ist für das deutsche Mittelmaß zu anstrengend, so sagen es die mittelmäßigen Journalisten, die sich bei Jauch und Konsorten jovial und besserwisserisch geben. Seine Ausführungen wären nicht massentauglich, was nichts anderes bedeutet als die Huldigung des Götzen Schlichtheit. Wer in einer Demokratie den Wählern keine Anstrengung abverlangt, der bereitet der Tyrannei den Weg.
.
Wer Uno sagt, bekennt sich nicht
.
Welch ein Mittelmaß an Courage, die Entscheidung zu einem Angriff auf Syrien einem Uno-Mandat anzulasten? Ob die UN einen Angriff befürwortet oder nicht, das muss niemanden davon abhalten, Farbe zu bekennen. Will ich Krieg? Ja oder Nein. Und nicht nur das. Wer einen Krieg führt, sollte sich auch sicher sein, ihn gewinnen zu können. Und wenn man einen Krieg gewinnen kann, dann braucht man ihn auch gar nicht mehr zu führen. Klare Worte kamen da bisher nur von Papst Franziskus, Kardinal Marx und einigen anderen. Ein Nein zum Krieg verlangt einen überdurchschnittlichen Mut und kein Mittelmaß.
.
Der Überdurchschnittliche
.
Ein Mann, der bereits so alt wie Methusalem ist, kann gar nicht mehr durchschnittlich sein. Er war bereits zugegen als Gott die Welt erschuf, manche sagen gar, er hat die Welt erschaffen, Helmut Schmidt. Den kümmert keinen Deut, was so ein durchschnittlicher Politiker oder Meinungsträger sagt. Mit 94 erweist sich dieser Altkanzler als jugendlicher Rebell. Er rüttelt die Durchschnittsdeutschen wach und wirbt für Europa, gegen den Appell an den Egoismus, wie er es Merkel vorwirft. Ihn interessiert nicht das Wahlkampfgetöse, sondern die notwendige Politik. Und man spürt im Regierungslager schon die Angst, wenn die SPD den Helmut noch schnell zum Kanzlerkandidaten machen würde, dann hat Angela ausgedient. Gegen Helmut kommt niemand an.
.
Confessio
.
Im Zeitalter von NSA, in Zeiten wie diesen, wo Geheimdienste kritische Bürger ausspionieren und rechtsradikale Mörder laufen lassen, da wagt sich niemand mehr, ein klares Wort zu sprechen. Und vielleicht gibt es NSA und Geheimdienste auch gar nicht, vielleicht machen die gar nicht das, was ihnen vorgeworfen wird. Doch einen Erziehungseffekt hat das. Ein öffentliches Bekenntnis wird systematisch abtrainiert, es könnte ja jemand meine Botschaften abhören und entschlüsseln. Stattdessen posten die durchschnittlichen Deutschen in aller Freiheit bei „Facebook“ und anderswo Botschaften wie „Gehe jetzt ins Bett“ und halten dies für ein politisches Bekenntnis. „Gute Nacht Deutschland!“
.
<emphasize>Thomas Holtbernd</emphasize>
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!