(explizit.net)Alles Hitler oder was?
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Es gibt einige Vergleiche, die darf man einfach nicht machen. So lautet zumindest ein ungeschriebenes Gesetz. Irgendwen mit Hitler zu vergleichen, das geht einfach nicht. Das ist wahrscheinlich so, weil sich sonst die anderen Diktatoren diskriminiert fühlen, als da wären Männer wie Benito Mussolini, Francisco Franco, Josef Stalin, Augusto Pinochet, Charles Taylor, Idi Amin, Jean-Claude Duvalier, Kim il-Sung und sein Sohn Kim Jong-il, Manuel Noriega, Mao Zedong, Muammar al-Gaddafi, Ruhollah Chomeini, Nicolae Ceauscescu, Pol Pot, Saddam Hussein, Slobodan Milosevic, usw. usf. Wieso wird immer nur der Adolf herangezogen? Das ist nicht gerecht, die anderen waren auch böse.
Und jetzt hat der Finanzminister Schülern die Welt etwas unglücklich erklärt. Putin könne man nicht mit Hitler vergleichen, ganz so blöd sei er, der Wolfgang Schäuble, auch nicht. Die Presse sei es gewesen, die habe ein Zitat aus dem Zusammenhang gerissen und er habe jetzt den bösen Buben. Bei Beckmann hat der Minister dann alles klar gestellt. Die Kanzlerin hatte jedoch vorher schon bekundet, dass sie solche Äußerungen nicht mag. Das kommt halt dabei raus, wenn man zu viel redet, nicht weiß, wie man mit Schülern spricht und nur im Prinzip mit Russland zusammenarbeiten will.
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Das muss doch mal gesagt werden
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Dabei ist ein Diktator nur jemand, der sagt, was Sache ist. Im alten Rom war es die Person, die in schwierigen Zeiten die gesamte Macht in seiner Hand hielt, um Unheil für den Staat abzuwehren. Das will der Putin doch auch und der Minister Schäuble hätte vielleicht gerne die gesamte Macht in seiner Hand. Wer den Hitler aus der Kiste holt, der will einen Effekt erzielen. Aber beschwört er nicht die alten Geister, wenn er die Annexion der Tschechoslowakei mit der Heimholung der Krim vergleicht? Und wer sich dann beschwert, dass die Presse alles nur verdreht und unvollständig zitiert, der muss sich fragen lassen, was er mit dem Vergleich bewirken wollte. Doch nur die Bestätigung für Russland, dass der Westen die Muster der Nazis wieder aktiviert und die Ukraine zu einem faschistischen Staat umwandeln will. Es braucht neue Denkmuster. Da sollte der Finanzminister sich andere Schreiber suchen, die intelligentere Redemanuskripte formulieren können.
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Äpfel und Birnen
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Stellt man einen Vergleich an, dann sollte man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Fahren Deutsche nach Frankreich, wollen sie nicht, dass ein Franzose ihnen boche (Dickschädel) hinterher ruft. Die Zeiten sind vorbei, Franzosen und Deutsche sind keine Feinde mehr, außer sie spielen gegeneinander Fußball. Feindseligkeiten, die heute zwischen den Ländern aufkommen können, haben vielleicht noch Wurzeln in solchen alten Streitigkeiten, doch Elsass und Lothringen lassen wir den Franzosen, wichtig ist nur, dass die Leute dort deutsch reden. Mit dem Burgund ist es etwas anders, das könnten wir eingemeinden, denn dort gibt es halt den besten Wein.
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Ein Ruck ging durch Europa
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Der deutsche Herzog, einer der vielen Bundespräsidenten a. D., wollte, dass ein Ruck durch Deutschland geht. Und sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Es ruckt andauernd und das nicht nur in Deutschland. In Europa gibt es keine Grenzen mehr, abgesehen von der Schweiz, wir können in fast allen Ländern mit dem Euro bezahlen. Die Menschen reisen von Land zu Land, Osteuropa ist inzwischen keine terra incognita mehr. Wirtschaftsbeziehungen bestehen bis nach Stalingrad, da muss keine Armee mehr hin marschieren und wegen der Eiseskälte wieder umkehren. Wir leben in einem anderen Europa als vor 25 Jahren.
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Friedliche Vergleiche
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Wie wäre es, wir würden Vergleiche bemühen, die konstruktiv sind? Lassen wir den Hitler und seine Brüder im Geiste als Korrektiv für unser Denken und suchen uns Beispiele, die vermittelnd sind. Den Teufel kann man nicht mit dem Beelzebub austreiben. Politiker können sich die Frage stellen: Was hätte Johannes Paul II. mit Putin gemacht? Oder wie hätte Mahatma Gandhi gehandelt? Die Haltung solcher Männer und Frauen ist unabhängig von der Geschichte. Vergleiche, die sich auf historische Ereignisse und Personen beziehen, hinken immer und sind oft eher ein Indiz dafür, dass Altes beim Alten bleiben soll und Entwicklungen geleugnet werden. Wer Frieden will, muss sich auch von gewohnten Vergleichen lösen.
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<emphasize>Kommentar von Thomas Holtbernd</emphasize>
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