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Gegengelesen: "Höher, weiter, flacher…"

(explizit.net)In der Wirtschaft muss alles immer mehr und besser werden. Gehen die Verkaufszahlen nicht nach oben, sinken die Arbeitslosenzahlen nicht nach unten. Wird nicht immer mehr produziert, kann weniger verkauft werden. Wird nicht mehr gekauft, kann immer weniger verdient werden. Wird immer weniger verdient, muss mehr investiert werden, damit immer günstiger produziert wird, um immer mehr billiger zu verkaufen. Wird es immer billiger, muss öfter Neues gekauft werden. Und weil immer mehr immer weniger den Hals nicht vollkriegen, wird immer flacher, was an der Kultur einer gerechten und solidarischen Gesellschaft mal mehr werden sollte.

(explizit.net)In der Wirtschaft muss alles immer mehr und besser werden. Gehen die Verkaufszahlen nicht nach oben, sinken die Arbeitslosenzahlen nicht nach unten. Wird nicht immer mehr produziert, kann weniger verkauft werden. Wird nicht mehr gekauft, kann immer weniger verdient werden. Wird immer weniger verdient, muss mehr investiert werden, damit immer günstiger produziert wird, um immer mehr billiger zu verkaufen. Wird es immer billiger, muss öfter Neues gekauft werden. Und weil immer mehr immer weniger den Hals nicht vollkriegen, wird immer flacher, was an der Kultur einer gerechten und solidarischen Gesellschaft mal mehr werden sollte.

Und warum trinken Mäuse keinen Alkohol? Weil sie Angst vor dem Kater haben. Oder noch flacher: Was will der mit der Pistole und der roten Nase? Kaum. Flachwitze haben Konjunktur, eigene Webseiten und erscheinen als miese Witze in Buchform. Es kommt eben zurück, was an Flachsinn in den Wald gebrüllt wurde: Wie nennt man einen Boomerang, der nicht zurück kommt? Stock. Stocksteif möchte man werden, wenn man bedenkt, was immer mehr an Nonsens, Unsinn, Schwachsinn, Blödsinn und Irrsinn den Alltag beherrscht. Doch wir haben es so bestellt: Kellner: Haben Sie Barsch bestellt? Gast: Nein, höflich.

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Flach, aber nicht dumm

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Was als mieser Witz daher kommt, erweist sich bei näherer Betrachtung als angemessene Reaktion. Wenn Informationen immer schneller und zügiger verarbeitet werden müssen, muss man immer aufmerksamer auf Kleinigkeiten achten und den Sinn des Gesagten oder Gelesenen immer schneller erkennen können: Was fliegt über die Wiese und macht mus mus? Eine Biene im Rückwärtsgang. Oder noch intelligenter: Warum sieht man keine Ameisen in Kirchen? Weil sie in Sekten sind. Wer kalauert, ist vielleicht nicht der Gebildetste, hat aber immer noch Spaß an seiner Sprache. Und wo lange Erzählungen vorbei sind, muss in aller Kürze gesagt werden, was wichtig und richtig ist. Flachwitze sind so flach, dass sie immer weniger den hehren Anspruch erheben, die Hörer belehren zu wollen. Miese Witze läuten vielleicht das Ende immer schlechterer Bildung ein und opponieren mit ihrem fast gar nichts gegen das immer mehr der Wirtschaft.

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Flach oder oberflächlich

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Mag ein Witz noch so flach sein, er kratzt an der Oberfläche. Was sagt ein Gen zum andern Gen? Halogen. Flache Witze müssen so flach sein, damit man aufmerksam wird. Und genau das scheinen wir bei der Informationsflut eingebüßt zu haben, oberflächlich hört man zu und ist mit seinen Gedanken schon ganz woanders. Flache Witze verlangen die Aufmerksamkeit fürs Detail. Sie sind so kurz, dass man keine Sekunde weghören kann: Auch ein blindes Huhn legt mal ein Ei. Das Flache, so ist zu hoffen, legt die Hybris der Macher flach und dann kann, wer will, wieder in die Höhen von gebildeter Ironie und intelligentem Witz steigen.

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Schwach, nicht flach

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Wer flach mit schwach verwechselt, der muss ein Fan der deutschen Bildungspolitik sein. Von Andrea Nahles hörte man, vom Außenminister Steinmeier, vom Innerminister, von der Familienministerin und natürlich von der Verteidigungsministerin, aber was macht eigentlich Frau Johanna Wanka? Das Saarland stöhnt und ächzt, immer weniger Geld ist da für die Hochschulen. Jura, Maschinenbau, Zahnmedizin und Wirtschaftswissenschaften stehen kurz vor dem Aus. Und nicht nur das Saarland ist betroffen, ähnlich klamm sind die Kassen der Hochschulen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen. Da führt keine starke Hand, die Hochschulen müssen Drittmittel eintreiben und sind dann im Sog der Wirtschaft mit ihrem immer höher, immer weiter. Lernen verlangt Ruhe und Planbarkeit. Hatte man gerade 12 Jahre als ausreichend für die Zeit bis zum Abitur sich ausgedacht, bieten in Hessen immer mehr Schulen 13 Jahre an. Hinter all dem steckt vielleicht ein geheimer Plan der Bildungsministerin, sie will die Situation der Schulen und Hochschulen so miserabel gestalten, dass immer mehr ihr Studium abbrechen. Die werden dann in vorgespielter Fürsorge aufgefangen und zu Handwerkern umgebildet, denn es gibt ja auch den Fachkräftemangel. So flach können Zukunftskonzepte für die Bildung sein. Dagegen sind Flachwitze richtig intelligent.

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<emphasize>Ein Kommentar von Thomas Holtbernd.</emphasize>



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