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Fußball-WM: Fußball-Fragen für Experten Nr. 11

(explizit.net)Mit Fußball überleben

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Ein Spiel, bei dem im Wortsinne um den Einsatz des Lebens gespielt wird, bei dem die Spieler plötzlich merken, dass es, je nachdem wie das Spiel endet, um ihr Leben geht, ist so etwas denkbar?

(explizit.net)Mit Fußball überleben

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Ein Spiel, bei dem im Wortsinne um den Einsatz des Lebens gespielt wird, bei dem die Spieler plötzlich merken, dass es, je nachdem wie das Spiel endet, um ihr Leben geht, ist so etwas denkbar?

Ja, auch das hat es gegeben. In den dreißiger Jahren hat es auf dem Roten Platz in Moskau stattgefunden. Kossarow, der Chef der Komsomolzen, des Jugendverbandes der Kommunistischen Partei, hatte herausgefunden, dass der unumschränkte Diktator Stalin noch nie ein Fußballspiel gesehen hatte. Er überredete die vier Starostinbrüder Nikolai, Pjotr, Andrej und Alexander, allesamt Nationalspieler, mit ihrem Verein Spartak Moskau auf dem Roten Platz gegen den Lokalrivalen Dynamo anzutreten. Stalin sollte von der Empore aus zusehen. Tatsächlich hat dieses Fußballspiel stattgefunden, das einzige, das je auf dem Roten Platz ausgerichtet wurde, die Starostinbrüder spielten großartig vor Stalin auf, dem das Spiel gefiel, bis Nikolai, der älteste plötzlich feststellte, dass neben Stalin noch ein anderer Mann mit Glatze auf der Empore neben Stalin stand. Berija, der Geheimdienstchef. Und Dynamo, ihr Gegner, war der Verein des Geheimdienstes. Eine Niederlage seines Vereins ausgerechnet vor den Augen von Stalin, das wusste Nikolai, würde ihnen Berija niemals verzeihen. Er würde auf Rache sinnen, ihnen nach dem Leben trachten, er würde alles tun, um sie zu bestrafen. Aber kann ein Fußballer, der seinen Sport liebt, absichtlich verlieren? Die Starostinbrüder konnten es nicht und hatten prompt einen Feind fürs Leben. Sofort nach dem Spiel versuchte Berija, die Brüder einzusperren, was aber nicht gelang. Sie hatten in Premierminister Molotow einen prominenten Fürsprecher. Als Molotow nach der Verbannung seiner Frau parteiintern geschwächt war, schlug Berija zu. Die Bildung einer terroristischen Vereinigung warf er den Starostins vor, was, wäre es zu einem Gerichtsverfahren gekommen, das Todesurteil bedeutet hätte. Weil das aber niemand geglaubt hätte, wurde die Anklage fallen gelassen. Nun warf ihnen Berija Raubüberfälle auf Züge vor. Zu zehn Jahren Gulag wurden die Starostins verurteilt. Dort haben sie vor allem deshalb überlebt, weil die Wärter eine „Gulag-Fußballmeisterschaft“ ausrichteten, die stets jener Gulag gewann, in dem die Starostinbrüder einsaßen. Fortan wurden sie, zwecks Titelverteidigung, bevorzugt behandelt und schafften es auf diese Weise tatsächlich, die Tortur zu überleben.

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<emphasize>Heinrich Peuckmann</emphasize>


Schlagworte: #Fußball #WM

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