(explizit.net) Brüderpaare in der Fußball-Nationalmannschaft hat es mehrere gegeben. Die Kremers-Zwillinge aus Schalke, die Hoeneß-, Allofs- und Rummenigge-Brüder. Seit neuestem die Brüder Bender, Sven und Lars.
Fritz und Ottmar Walter aus Kaiserslautern wurden 1954 gemeinsam Weltmeister, und beinahe hätten das auch die Förster-Brüder aus Stuttgart geschafft. 1982 standen sie gemeinsam im WM-Endspiel gegen Italien, das aber mit 1:3 verloren ging. Vater und Sohn gab es auch ein paarmal. Der Schalker Herbert, genannt „Budde“ Burdenski war erster Torschütze der Nationalmannschaft nach dem 2. Weltkrieg beim 1:0-Sieg gegen die Schweiz. In bekannter Manier mit „Augen zu und drauf“ verwandelte er einen Elfmeter. Sohn Dieter stand zwölfmal im Tor der Nationalmannschaft.
Vater rettet die Karriere seines Sohnes
Sein erstes Bundesligaspiel war gleich ein unvergessenes Skandalspiel. Es war die 0:1-Niederlage von Schalke gegen Arminia Bielefeld, jenes Spiel, das „verschoben“ worden war und den Bundesligaskandal mit auslöste. Dieter Burdenski war noch keine zwanzig Jahre alt, als er in diesem Spiel überraschend zum Einsatz kam, weil Stammtorhüter Norbert Nigbur verletzt war. Vielleicht hatte Nigbur auch mitbekommen, dass das Spiel verschoben werden sollte und kalte Füße bekommen. Jedenfalls war Dieter Burdenski völlig ahnungslos und sah die Chance seines Lebens gekommen. Wie ein Weltmeister hat er gehalten und damit die eigenen Mannschaftskameraden, die ja gar nicht gewinnen wollten, schier zur Verzweiflung getrieben. Bis schließlich ein Schalker Verteidiger den Ball in den eigenen Strafraum schoss, damit endlich ein Bielefelder Stürmer treffen konnte. Nachher wurde unter den Spielern die Bestechungssumme ausgezahlt und Dieter Burdenski erhielt zur eigenen Überraschung ebenfalls 3.000 Mark. Als der Skandal ruchbar wurde, rief der alte Burdenski seinen Sohn zu sich. „Dieter, was hast du da gemacht?“ Dieter hat ihm brav erzählt, was passiert war. „Dieter, du musst das sofort zugeben“, hat der Alte ihm geraten, „sonst ist deine Karriere zerstört.“ Dieter Burdenski hat dann auch wirklich alles gestanden und damit geholfen, den Skandal aufzudecken. Dass er in die Sache völlig unschuldig reingerutscht war, hat ihm jeder nach seiner Klasseleistung im Spiel abgenommen. Es war der alte Burdenski, der die Karriere seines Sohnes durch den entscheidenden Tipp rettete und dafür gesorgt hat, dass es zwei Nationalspieler mit Namen Burdenski gibt.
Genauso war es bei den Bernards vom VfR Schweinfurt. Vater Robert bestritt beim enttäuschenden Olympiaturnier 1936 beide Länderspiele, Sohn Günter, der lange bei Werder Bremen spielte, stand fünfmal im Tor der Nationalmannschaft. Bei der WM 1966 war er Ersatztorwart. An „Hannes“ Tilkowski kam er nicht vorbei.
Am erfolgreichsten aber war die Dörfel-Sippe aus Hamburg. Vater Friedrich, genannt „Frido“, stand 1936 zweimal in der Nationalmannschaft, beide Söhne, Gerd, genannt „Charly“, und Bernd schafften als Außenstürmer, allerdings nicht zeitgleich, den Sprung in die Nationalmannschaft.
Nationalmannschaften
Für gleich zwei Fußballverbände haben mehrere Fußballer Länderspiele bestritten. Andreas Thom, Ulf Kirsten, Darius Wosz und Matthias Sammer waren erfolgreiche DDR-Nationalspieler, bevor sie nach dem Zusammenbruch für das DFB-Team spielten. Nach Hitlers Einmarsch in Österreich mussten auf Wunsch der Nazis unbedingt österreichische Spieler integriert werden, was Herbergers Konzept für die WM 1938 durcheinanderbrachte. Willibald Schmaus, Franz Riegler, Hans Pesser und sogar Max Merkel spielten sowohl für Österreich als auch für Deutschland. Max Merkel, spätere Trainerlegende, freilich für beide Verbände jeweils nur einmal.
Weitgehend vergessen ist, dass sich das DFB-Team für die WM 1954 in Qualifikationsspielen erst gegen das damals unabhängige Saarland durchsetzen musste. Erst nach Integration des Saarlands wurden aus ehemaligen Gegenspielern Mitspieler. Gerhard Siedl vom 1. FC Saarbrücken hat fast alle Saarland-Länderspiele mitgemacht, bevor er noch sechsmal vom DFB berufen wurde. Heinz Vollmer vom selben Verein kam nach vier Einsätzen für das Saarland noch zu 11 Länderspielen für Deutschland.
Ernst Willimowski spielte 22 mal für Polen, war ein Star und Rekordtorschütze der WM 1938, schoss insgesamt 21 Tore und kam, nach Hitlers Überfall auf Polen, auch noch in acht Länderspielen für Deutschland zum Einsatz, in denen er 13 Tore schoss. Nach dem Krieg blieb er in der Bundesrepublik und spielte für Detmold.
Ungewöhnlich ist die Karriere von Marius Hiller, der 1910 als siebzehnjähriger und zweitjüngster Nationalspieler 3 Länderspiele bestritt, sein Onkel Arthur hatte es zwei Jahre vorher zu vier Einsätzen gebracht. Dann wanderte Marius, genannt „Bubi“ Hiller nach Argentinien aus, nahm die dortige Staatsbürgerschaft an und kam zu zwei Länderspielen für Argentinien, in denen er vier Tore schoss. Als er 1964 starb, gaben Tausende Fußballfans dem hochgeachteten „Eduardo“ Hiller in Buenos Aires das letzte Geleit.
Das neueste Beispiel ist Jermaine Jones von Schalke. Als Kind eines amerikanischen Besatzungssoldaten in Frankfurt geboren, spielte er dreimal für die deutsche Nationalmannschaft, allerdings nicht in einem Pflichtspiel. Als Bundestrainer Löw ihn nicht mehr berief, entschied er sich, für die amerikanische Nationalmannschaft unter Klinsmann zu spielen. Mit viel Erfolg hat er inzwischen über dreißig Länderspiele bestritten und sich mit seinem neuen Team für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Etwas, das er mit der deutschen Mannschaft nicht erreicht hätte. Ob da die alte Freundschaft zwischen Löw und Klinsmann funktionierte? Ich biete den Jones nicht mehr auf, damit du ihn haben kannst?
Der Vielseitige
Dr. Karl Zörner war stolz, 1923 zweimal gegen Holland antreten zu dürfen, einmal im Tor der Fußballnationalmannschaft und kurz drauf als Sprinter bei einem Leichtathletik-Länderkampf, denn er konnte die 100 Meter unter elf Sekunden laufen. Nebenbei war er auch noch Wasserballer und Hockeyspieler. In diesen Sportarten schaffte es der promovierte Akademiker aber nur bis zum Titel des „Deutschen Hochschulmeisters“ und nicht bis in die Nationalmannschaft. Angefangen hatte er als Handballtorwart beim Kölner FC. Ganz nebenbei promovierte Zörner auch noch, und zwar gleich zweimal. Einmal zum Doktor der Jurisprudenz und auch noch zum Doktor der politischen Rechtswissenschaften. 1938 wurde er zum zweiten Vorsitzenden des DFB gewählt. Schon 1941 ist dieses Multitalent beim Russlandfeldzug gefallen.
Wenige Einsätze und doch dabei
Hansi Sturm vom 1. FC Köln wurde zweimal deutscher Meister und nahm an zwei Fußball-Weltmeisterschaften teil, bei denen er auch jeweils zum Einsatz kam. Das klingt nach einer erfolgreichen Länderspielkarriere, aber Sturm hat tatsächlich nur 3 Spiele für die Nationalmannschaft bestritten. Sein erstes Vorfeld der WM 1958, dann kam er beim unwichtigen Spiel um den dritten Platz bei der WM zum Einsatz, als viele Stammspieler verletzt waren, danach verschwand der bescheidene Kölner von der internationalen Bühne. Erst zur WM 1962 wurde er von Sepp Herberger wieder ausgegraben und tatsächlich im ersten Vorrundenspiel gegen Italien eingesetzt, als taktischer Rechtsaußen, der die Abwehr verstärken sollte, was auch klappte. Das Spiel endete 0:0. Auf mehr Einsätze ist Sturm nicht gekommen.
Eine ähnliche Karriere kann der Dortmunder Torwart Heinrich „Heini“ Kwiatkowski vorweisen. Er nahm ebenfalls an zwei Weltmeisterschaften teil, kam ebenfalls beide Male zum Einsatz und brachte es trotzdem nur auf vier Einsätze. Drei davon gingen verloren, jeweils haushoch, so dass Heini in den vier Länderspielen sage und schreibe 18 Gegentore hinnehmen musste. Das erste Länderspiel hat er sich durch sein eigenes Ungeschick dabei selbst besorgt. Bei der WM 1954 war er dritter Torwart ohne Länderspieleinsatz. Für das Vorrundenspiel gegen die Übermacht Ungarn stellte Herberger eine Ersatzmannschaft auf, um seine besten Kräfte für das entscheidende Spiel gegen die Türkei zu schonen. Ursprünglich sollte Heinz Kubsch im Tor stehen, aber Kubsch und Kwiatkowski rauchten gerne, was Herberger missfiel. Um nicht aufzufallen, ruderten die beiden mit einem Boot hinaus auf den Spiezer See. Als sie nach der Rückkehr aussteigen wollten, fiel Heini ins Wasser, was deshalb dumm war, weil er nicht schwimmen konnte. Kubsch musste ihn retten und aus dem Wasser ziehen. Dabei renkte er sich die Schulter aus und konnte nicht spielen. Heini stand deshalb gegen Ungarn erstmals im Tor und kassierte die ersten 8 von seinen 18 Länderspiel-Gegentoren. Seine Frau, stolz auf ihren Heini, hatte das Spiel in einer Kneipe anschauen wollen, nach dem sechsten Gegentor aber entnervt das Lokal verlassen. Denn bei jedem Tor drehten sich alle Männer zu ihr um und schauten sie vorwurfsvoll an. Na, war der nicht zu halten gewesen?
Die Geschichte der Fußball-Nationalmannschaft ist auch eine Geschichte von Kuriositäten. Im Vergleich dazu ist die Gegenwart fast schon ein bisschen langweilig.
<emphasize>Heinrich Peuckmann</emphasize>
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