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Die neue Landkarte für Investitionen

Anleihen versprechen wegen der niedrigen Zinsen nur geringe Renditen. Will man höhere Renditen, bieten sich Immobilien, Infrastrukturprojekte oder Private Equity an. Diese Investmentklassen sind illiquider, für Privatanleger schwerer zugänglich und weniger verständlich.

Anleihen versprechen wegen der niedrigen Zinsen nur geringe Renditen. Will man höhere Renditen, bieten sich Immobilien, Infrastrukturprojekte oder Private Equity an. Diese Investmentklassen sind illiquider, für Privatanleger schwerer zugänglich und weniger verständlich.

Illiquide Investmentklassen

 

Diese Investmentklassen unterscheiden sich von den Aktien und Staatsanleihen vor allem in folgenden Punkten:

Liquidität

Diese Investmentklassen sind weniger liquide. Ein Verkauf dauert lang von der Verkaufsorder bis zur endgültigen Abwicklung und dem Rückfluss des Kapitals. Man muss mit einem Monat rechnen, z.B. bei einem Immobilienfonds.

Art des Handels- und Handelspartner

Die Märkte für diese Produkte sind weniger liquide. Es treten wenige Verkäufer und auch weniger Käufer auf. Die meisten Transaktionen gehen gar nicht über die Börsen, auch nicht außerbörslich. Der Handel ist anders als bei Aktien oder Anleihen an den Wertpapierbörsen weniger reglementiert. Der Handel kann sogar nicht wie an den Börsen anonymisiert sein. Käufer und Verkäufer bleiben dann im Handelsgeschäft nicht anonym, sondern können voneinander wissen.

Reporting und Offenlegung

Produkte, die nicht an Börsen gehandelt werden, müssen sich auch den Regeln der Börse nicht unterwerfen. Damit entfällt u.a. das Reporting in hoher Frequenz, Verpflichtung für Ad-hoc-Meldungen, Ethikregeln, Offenlegung von Vorstandsgehältern. Auch die Zusammensetzung der Eigentümerschaft und Änderungen sind nicht wie beim Börsenhandel transparent zu machen.

Bilanzierung und Bewertung

Standardwerte von Aktien, wie die des DAX, sind Beispiele für sehr liquide Finanzinstrumente. Zwei Begriffe benennen ihren Wert, der Buchwert und der Marktwert. Ersterer ist der Wert gemäß der Bilanz, letzterer der Wert, für den eine Aktie aktuell gehandelt wird. Gerade der Wert, zu dem eine Aktie gerade gehandelt wird, kann Marktgerüchte oder politische Ereignisse „einpreisen“. Treten große Differenzen zwischen beiden Preisen auf, muss das Unternehmen dies den Marktteilnehmern erklären. Es muss weiter beantworten, welcher Preis oder Wert der „richtigere“ ist.

Vorteile der „illiquiden“ nicht am Markt gehandelten Instrumente

 

Die Frage, ob Handel an regulierten Märkten und maximale Transparenz ein Vorteil für den Investor sind, ist umstritten. Bei bestimmten Produkten hat mangelnde Transparenz nur Betrug oder extrem schlechten wirtschaftlichen Zustand verschleiert. Berühmtes Beispiel wären die Fonds des Bernard Lawrence "Bernie" Madoff oder manche Mittelstandsanleihe.

 

Manche Investmentklassen scheinen aber nur gut zu funktionieren, wenn sie nicht als liquides und an der Börse handelbares Investment betrieben werden. Solche sind Immobilien und Private Equity

Immobilien

 

Ein Vorstand einer Bank sagte bei der Frage nach Immobilien in einem Portfolio sinngemäß: er würde ja gerne investieren, aber es gäbe kein vernünftiges Instrument außer die Immobilien direkt zu halten und zu betreiben. Die Entwicklung der Immobilienfonds, sofern es um Wohnimmobilien geht, spricht für diese Aussage. Langfristige illiquide Produkte wie die berühmten Wohnungen in den 1a-Lagen der Großstädte werden von den Versicherern meist direkt gehalten. Sie passen nicht mit täglich handelbaren Fonds als Trägervehikel zusammen.

Private Equity

 

Private Equity basiert auf der Idee unterbewertete oder Start-Up- Firmen zu erwerben, weiter zu entwickeln und später mit Gewinn zu veräußern. Durchgeführt wird dies mittels öffentlicher Investmentfonds oder privater Beteiligungsgesellschaften. Letzteres ist der bevorzugte Weg, um zu investieren.

Entwicklungschancen dieser Firmen zeigen sich oft erst später, wenn z.B. ein Produkt erst fertig entwickelt und am Markt eingeführt ist. Bewertungen, die auf Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn basieren, bilden dies nicht ausreichend ab, weil sie das Entwicklungspotential nicht wiedergeben. Auch Übertreibung nach oben kann erfolgen. Beispiel dafür ist der ehemals neue Markt für Internet-Start-Ups und die dort gehandelten Firmen. Solche verzerrten Bewertungen zeigen sich dann auch in den darüber gestülpten Investmentfonds.

Gewinnidee der Immobilien und von Private Equity u.a.

 

Immobilien und Private Equity erzielen hohe Renditen, wenn der Investor von Verzerrungen im Wert der Investments weiß, die nicht bilanziert werden müssen, z.B. von stillen Reserven oder am Markt noch nicht erkannt sind. Auch Chancen des Unternehmens, die durch Kapitalmangel nicht genutzt werden, kann ein solcher Investor durch Mittelzufuhr nutzen.

 

Dies passt zu einem Investor, dem eine tägliche Bestimmung des Werts des Investments nicht wichtig ist.

Arbitrage

ist ein Begriff der Finanzwelt und bedeutet risikoloser Gewinn. Meist basiert er auf einem Wissensvorsprung, einer Marktverzerrung, einem Strukturvorteil oder einer monopolartigen Situation. Arbitrage kann auch bei diesen o.g. Investments zur Rendite beitragen.

Wer investiert in Private Equity, Private Debt, in Immobilien etc.?

 

Institutionelle Anleger wie Versicherer, Hedgefonds oder auch die „Waren Buffets oder Quandts“ investieren in solche Produkte. Sie haben genug Expertise, um die Produkte zu verstehen und investieren lange genug. Zudem haben sie ausreichend Zuflüsse, um Nachteile aus Illiquidität der Investments auszugleichen. Seit einiger Zeit versuchen sie aktiv als gesellschaftlicher Stakeholder die Gebiete für solche Investments auszuweiten. Die Diskussion um die Gesellschaft zum Betrieb der Autobahnen ist ein Beispiel dafür

Das Thema der Autobahngesellschaft wird gerade diskutiert. Betrieb und die Planung der Autobahnen soll von den Ländern und der öffentlichen Hand auf eine (halb-)privatrechtliche Gesellschaft übertragen werden. Eine Expertenkommission aus Allianz, Ergo und Deutscher Bank hat solche Vorschläge unterbreitet.

Fazit: Der Staat überlässt anderen das Investieren

Private Equity, Private Debt, Immobilien etc. erleben eine Renaissance bei institutionellen oder privaten Großinvestoren. Das ist auch durch die „Nullzinspolitik“ der Notenbanken verursacht. Man sollte aber nicht den „Schuldigen“ dort suchen. Das Gebiet, in dem man relativ gefahrlos hohe Renditen erwirtschaften konnte, hat sich nur von Staatsanleihen hin zu privaten Investments verlagert. Dieses Gebiet wird von institutionellen und großen privaten Investoren bespielt. Für den privaten Kleinanleger hingegen ist investieren schwieriger geworden, da der Zugang zu „private“ Investments mehr wissen verlangt. In der Summe bedeutet dies auch, dass sich der Staat zurückzieht und Investments, die er früher selber getätigt hat, an „private“ Investoren übergibt.



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