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Die Macht des Vorsitzenden

(explizit.net) Kardinal Marx ist zum neuen Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz gewählt worden. In dieser Funktion nimmt er eine herausragende Stellung unter den deutschen Bischöfen ein. Doch welche Befugnisse hat der Vorsitzende der DBK wirklich?

(explizit.net) Kardinal Marx ist zum neuen Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz gewählt worden. In dieser Funktion nimmt er eine herausragende Stellung unter den deutschen Bischöfen ein. Doch welche Befugnisse hat der Vorsitzende der DBK wirklich?

Die Person des Vorsitzenden

An dieser Stelle sind vier Punkte nennen. Der erste Aspekt ist die Stellung der Diözese des Vorsitzenden unter den deutschen Bistümern. Die bisherigen Vorsitzenden waren überwiegend Bischöfe der großen deutschen Diözesen wie Köln, München-Freising und Freiburg. Der zweite Punkt ist die Person des Vorsitzenden. Welche Ämter und welche persönliche Bedeutung bringt er zusätzlich mit. Kardinal Marx ist Mitglied verschiedener Kongregationen in Rom, gehört zu den acht Kardinälen, die Papst Franziskus bei der Kurienreform beraten, ist neuer Koordinator des vatikanischen Wirtschaftsrates etc. Er hat also weltkirchlich schon eine gewisse eigene Bedeutung. Ein anderes Beispiel ist der Vorvorgänger des jetzigen Vorsitzenden. Kardinal Lehmann ist Bischof einer kleineren Diözese, er gehört zu den namhaften deutschsprachigen Theologen und ist als Gesprächspartner vieler gesellschaftlicher Gruppen, Verbände und Parteien.

Moderator der deutschen Bischöfe

Der dritte Punkt hängt mit der Funktion des Vorsitzenden als Moderator zusammen. Seine Aufgabe ist es, die Diskussionen der zahlreichen deutschen Bischöfe zu leiten und zwischen ihren oft weit auseinanderliegenden Positionen zu vermitteln. Ein Beispiel aus neuester Zeit ist das Vorpreschen von Bischof Overbeck in der Frage der kirchlichen Sexuallehre, dem der Bischof von Eichstätt widersprochen hat. Der vierte Punkt ist die Bedeutung, die dem Vorsitzenden in der deutschen Öffentlichkeit zukommt.

Der Vorsitzende erhält die meiste Aufmerksamkeit

Von allen deutschen Bischöfen ist der Vorsitzende der Bischofskonferenz derjenige, der mit der Aufmerksamkeit der Medien rechnen kann, wenn er sich zu einer Frage äußert. Wenn es um eine Frage der katholischen Lehre oder um ein kirchliches Problem geht, ist er für die Medienvertreter die erste Anlaufstelle, weil er die Position der katholischen Kirche vertritt. Seine Aussagen bekommen bessere Plätze in den Nachrichten und auf den Zeitungsseiten. Jedoch sind auch andere Bischöfe präsent, das galt bis zu seiner Emeritierung für den Kölner Kardinal Meisner und immer noch, jedoch eher unfreiwillig, für den Limburger Bischof Tebartz-van Elst.

Die Aufmerksamkeit schafft Deutungsmacht

In einer Gesellschaft, in der Aufmerksamkeit ein elementarer Indikator für Bedeutung ist, hat das Folgen. Das Bild, das Medien zeichnen, bestimmt wesentlich unsere Wahrnehmung der gesellschaftlichen Realität und beeinflusst damit die Wirklichkeit. In dem Maße, in dem also der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz als Sprecher der deutschen Bischöfe wahrgenommen wird, nimmt er diese Stellung teilweise real ein. Die von ihm gesetzten Inhalte bestimmen wesentlich, wie über die Haltung der katholischen Kirche berichtet wird und gibt den anderen Bischöfen den medialen Rahmen vor, in den sie hineinsprechen können.

Kardinal Lehmann konnte den Kurs der deutschen Kirche wesentlich bestimmen

Der Vorsitzende prägt dabei durch seine Persönlichkeit die mediale Präsenz der Bischöfe mit. Erzbischof Zollitsch war eher zurückhaltend und gab kaum einprägsame Statements. Diese Lücke versuchten andere Bischöfe auszufüllen. Dauerhaft gelang es nur dem Kölner Kardinal Meisner, mediale Präsenz zu erzeugen, wobei er eher durch Aussagen auffiel, die Widerspruch als Zustimmung in der Öffentlichkeit hervorriefen. Anders Zollitschs Vorgänger, Kardinal Lehmann. Er war in der deutschen Medienlandschaft wesentlich präsenter als sein Nachfolger und konnte damit Einfluss auf die Diskussionen in der Gesellschaft nehmen. Er prägte damit das Bild der Kirche in der Wahrnehmung auch der Nicht-Katholiken. Nicht umsonst sprach man besonders in konservativen Kreisen oft von der „Lehmann-Kirche“ und meinte damit das Bild einer eher weltzugewandten Kirche, für die Kardinal Lehmann stand.

Von der Lehmann-Kirche zur Marx-Kirche

Besonders die medialen Möglichkeiten des Vorsitzenden machen ihn zu einer herausragenden Gestalt unter den deutschen Bischöfen. Durch seine mediale Präsenz kann er auch Debatten in der Kirche wesentlich bestimmen. Denn zur Kommunikation sowohl mit den Katholiken als auch mit der Gesellschaft ist die Kirche auf die Vermittlung der Massenmedien angewiesen. Gelingt es Kardinal Marx, wie einst Kardinal Lehmann, die deutsche Kirche in der öffentlichen Debatte profiliert zu repräsentieren, kann er auch innerkirchlich eine große Wirkmacht entfalten.

Keine Weisungsbefugnis

So herausragend der Vorsitzende der Bischofskonferenz in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, so gering sind seine Weisungsbefugnisse gegenüber seinen Kollegen. Denn diese sind nicht dem Vorsitzenden unterstellt, sondern nur noch dem Papst. Er lädt zu den Konferenzen ein, moderiert die Besprechungen und führt Entscheidungen herbei. Als Position der deutschen Kirche kann der Vorsitzende nur das vertreten, worauf sich die Bischöfe geeinigt haben.

<emphasize>Maximilian Röll</emphasize>



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