Peter D. (Name geändert) ist in der Ukraine unterwegs, um Kriegsverbrechen zu dokumentieren. Seine Kamera sieht dabei Sachen, die nur schwer erträglich sind, aber das Grauen des Krieges unzensiert einfängt.
„Die Kamera ist wie eine Mauer zwischen mir und dem Krieg“, so der 55-jährige Peter D, in einem Café in einer Großstadt im Westen von Deutschland. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Der Kaffee läuft durch die Maschine, die Menschen sind in ihre Konversationen vertieft. Alltag für den Fotografen, der sonst lokal oder im Sport unterwegs ist. Immer auf der Jagd nach dem besten Motiv.
Mittlerweile war D. sechs Mal in der Ukraine. Dort ist selbst das Kaffeeholen gefährlich. „In Gegenden wie Kiew oder Lwiw ist es vergleichsweise ungefährlich. Je weiter man jedoch in Richtung Charkiw oder Saporischja kommt, muss man immer mit Raketenangriffen und Gefechten in der direkten Umgebung rechnen.“
Das ist auch das Einsatzgebiet von Peter D. Nicht selten sind es keine hundert Meter bis zur Frontlinie, in denen sich der Fotograf aufhält, um Munitionsreste, Gefechtsstellungen oder Ruinen zu dokumentieren. „Es geht um Reste von verbotener Munition wie Streubomben“, so D. „Wirklich hart sind Exhumierungen, bei denen wir sehen müssen, ob die Opfer aufgrund der Kampfhandlungen oder vielleicht aufgrund von Kriegsverbrechen ums Leben gekommen sind.“ Dabei sind die Hinweise oft spärlich, die das aus vier Personen bestehende Team finden muss. „Auch die Russen wissen, wie man Hinweise verschleiert oder Beweise vernichtet, bevor wir in der Lage sind, den Tatort zu sichern.“
Die Bilder von Peter D. gehen dabei um die Welt. Eine große deutsche Bilderagentur ist der Auftraggeber und zahlt für den Aufenthalt, die Reisekosten und das Material. In einer Branche, wo die Preise seit Jahren am Boden sind, ein lukratives, aber auch hartes, Geschäft.
„Wenn man so einen Auftrag annimmt, muss einem klar sein, was passieren kann“, so D. „Ich würde beispielsweise nicht mehr in einen Keller gehen, wenn der Fliegeralarm ertönt. Geht wirklich dort die Rakete runter, ist man im Keller eingeschlossen und man bekommt nach kurzer Zeit keine Luft mehr. Dann lieber kurz und schnell.“
Wie schnell so etwas gehen kann, musste Peter D. eines frühen Morgens erfahren, als eine Rakete nur wenige hundert Meter neben einem Supermarkt niederging, wo das Team gerade Lebensmittel besorgen wollte. „Ausgerechnet an dem Morgen hatten wir keine Helme dabei.“
Aber auch auf den Fahrten zum Einsatzgebiet sind Überraschungen nie ausgeschlossen. „Wir kamen auf dem Weg nach Charkiw um die Ecke und uns stand ein Panzer entgegen. Sein Rohr war direkt auf uns gerichtet.“ Ein Punkt, wo viele Menschen mit ihrem Leben abschließen, aber das Glück war D. an diesem Tag holt. „Es passierte nichts. Wir fuhren langsam näher und erst als wir an dem russischen Panzer vorbei waren, sahen wir, dass das gesamte Heck fehlte.“ Eine Rakete musste nur kurz zuvor in das Fahrzeug eingeschlagen sein. Glück für das Team rund um D. der die grauenvolle Szenerie mit der Kamera festhalten konnte. Das Wrack, die Munitionsreste und auch die toten Soldaten. Es sollten nicht die Letzten sein, an diesem Tag.
Auch in Zukunft wird Peter D. wieder in die Ukraine fahren. „Es ist mir wichtig, die Situation vor Ort zu dokumentieren und damit den Einwohnern dieses Landes zu helfen“, so der Fotograf. „Zudem werden wir Hilfslieferungen begleiten, Sportler treffen und auch Angehörigen von Kriegsopfern beistehen. Es ist kaum davon auszugehen, dass Russland einlenkt und in naher Zukunft der Krieg vorbei sein wird. Das ist wohl Allen bewusst.“
Sebastian Sendlak
(Studienprogramm Medien - PTH Sankt Georgen)
Fotos: Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Peter D.
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