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Die Hintergründe des niedrigen Ölpreises

Neben dem niedrigen Euro profitiert gerade der deutsche Export vom niedrigen Ölpreis. Zudem wird dadurch die Inflation niedrig gehalten. Im folgenden Interview geht es um die Hintergründe, um die Folgen für das Wirtschaftswachstum wie für die Umweltbelastung durch CO

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Uli Spreitzer hat mit Dr. Frank Schallenberger, Head of Commodity Research, LBBW das folgende Interview geführt

Neben dem niedrigen Euro profitiert gerade der deutsche Export vom niedrigen Ölpreis. Zudem wird dadurch die Inflation niedrig gehalten. Im folgenden Interview geht es um die Hintergründe, um die Folgen für das Wirtschaftswachstum wie für die Umweltbelastung durch CO

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Uli Spreitzer hat mit Dr. Frank Schallenberger, Head of Commodity Research, LBBW das folgende Interview geführt

U.S.: Ich habe den Eindruck, dass ganz viel Öl am Markt ist, viele neue Quellen gefunden werden, zuletzt Eni vor Ägypten das größte Gasfelder überhaupt. Trügt das?

Dr. S: Wir haben gerade viel zu viel Öl. Angefangen hat es mit den Amerikanern und Fracking. Anfangs dachte man, Fracking ist nur etwas, was sich auf Erdgas bezieht. Aber in den USA ist interessanterweise ganz viel Fracking auch im Öl-Bereich passiert. Sie haben ihre Ölproduktion innerhalb ganz kurzer Zeit extrem nach oben gebracht. Wir lagen dieses Jahr in der Spitze bereits bei ungefähr 9,5 Mio. Barrel/Tag. In 2009 lagen wir bei gut 5 Mio. Barrel. Von 5 auf 9,5 in 6 Jahren, eine solche Revolution hatte sich niemand vorstellen können, und hatte auch so niemand auf der Rechnung.

US: Hat man vorher nicht richtig eingeschätzt, was da im Boden lag oder hat man das nur für nicht erschließbar gehalten?

Dr. S: Man hat nicht gedacht, dass man so schnell so viel rausholen kann. Technisch ist es auch möglich, in anderen Ländern Fracking zu machen. In den USA ist es aber in extremer Geschwindigkeit passiert und sicher hat man unterschätzt, wie schnell man Öl und Gas rausholen kann. Dass man die Ölproduktion in den USA fast verdoppeln kann in 6-7 Jahren – wenn man das vor ein paar Jahren behauptet hätte…. Die Geschichte geht jetzt weiter, die Amerikaner bringen immer mehr Öl an den Markt bzw. müssen immer weniger importieren. Normalerweise senkt die OPEC, wenn der Preis unter Druck kommt, ihre Produktion und dann kommt der Markt wieder ins Gleichgewicht. Dieses Mal hat die OPEC v.a. Saudi Arabien gesagt, das machen wir nicht, wir wollen unsere Marktanteile verteidigen, wir produzieren genau so viel wie vorher, im Zweifel legen wir sogar noch eine Schippe drauf. Das machen sie jetzt seit fast einem Jahr und die Konsequenz ist, dass der Ölpreis unter 50 USD/b (b pro Barrel) gefallen ist.

Wir dürften momentan ca. 1,5 – 2 Mio. Barrel Öl am Tag zu viel produzieren. Die Nachfrage kommt überhaupt nicht hinterher

US: Wie hoch sind die Förderkosten? Ich hatte mal gehört 30 USD pro Barrel?

Dr. S: Es kommt darauf an, was man betrachtet, es gibt verschiedene Arten, Öl zu fördern, und da hat man eben eine ganze Menge unterschiedlicher Kosten, und auch unterschiedlicher Break-Even-Punkte. Am günstigsten ist die Förderung im Nahen Osten, Saudi-Arabien etc. mit vermutlich unter 20 USD; wenn man im Meer fördert und noch in Küstennähe ist, liegt man bei ca. 40 USD. Der Nahe Osten und die küstennahe Förderung machen etwa 40 Mio. Barrel/Tag aus. Das sind ungefähr 40% der gesamten weltweiten Förderung.

Teurer wird es, wenn man küstenferner fördert, im tieferen Wasser ist man bei 50 – 55 USD. Bei Ultra-Deep-Water-Förderung ist man bei 55 – 60 USD. Bei dem Schiefer-Öl (Fracking d. Red.) in den USA ist man in einer Range von 50 – 75 USD, im Durchschnitt bei 60 USD.

US: Das heißt, viele Förderer zahlen drauf im Moment?

Dr. S: Diejenigen, die mit 50 USD „unterwegs sind“, kommen noch einigermaßen über die Runden. Selbst die, die eher am oberen Rand sind, bei 70 – 75, wenn sie es clever gemacht haben, dann haben sie sich letztes Jahr auf 2 Jahre abgesichert, d.h. sie könnten noch ein Jahr gute und auskömmliche Preise bekommen.

Jetzt kommen die „Einschläge“ niedriger Preise natürlich näher und es wird den einen oder anderen Produzenten treffen. Interessant ist, dass die Schiefer-Öl-Industrie in den USA 15% des High-Yield-Anleihen-Marktes ausmacht. Und beim einen oder anderen Beteiligten wird es demnächst sicherlich zu finanziellen Engpässen kommen.

US: Bleibt Öl als Energieträger weiter gefragt, oder machen die Länder es richtig, die Öl auf den Markt werfen, solange es noch gefragt ist?

FS: Der Energieverbrauch wird durch Bevölkerungsentwicklung steigen und damit verbunden Wohnraum, Verkehr. etc. Die Energieeffizienz nimmt zwar zu. Dennoch sagen Prognosen in 20 Jahren 50% mehr (Primär) Energieverbrauch als jetzt.

US: Wie ist der Anteil des Öls daran?

FS: Öl hat zur Zeit 33% Anteil am Primärenergieverbrauch, erneuerbare Energien 2%. Prognostiziert auf 20 Jahre sind erneuerbare bei max. 7% und Öl sinkt auf 29%. D.h. absolut steigt der Ölverbrauch weiter.

Geändert haben sich mittlerweile auch die Perspektiven für die Kernenergie. Die Wachstumsstory in diesem Segment ist zunächst Geschichte und damit wird der Anteil des Öls weniger stark zurück fallen.

Besonders problematisch ist der 30% Anteil der Kohle an der Primärenergie – in puncto CO2-Bilanz ist das immer noch viel zu viel …

US Wie hoch ist der Anteil des Öls, das nicht als Energieträger verwendet wird, z.B. als Polyethylen?

FS: Sehr nachrangig.

US: Die ÖL-Gas Preiskopplung – das verstehe ich nicht.

FS: In Deutschland sind sie gekoppelt, historisch hat dies in den Niederlanden durch Royal Dutch begonnen. In den USA sind die Preise nicht gekoppelt. In Europa ist die Kopplung durch die Nachkriegsgeschichte (Investitionen) verständlich, aber heute ist das eigentlich ein Anachronismus. Für Verbraucher und Industrie wäre eine Entkopplung viel vorteilhafter, man vergleiche die USA und die niedrigen Gaspreise durch Fracking dort.

US: Wenn in Zukunft die Nachfrage nicht sinkt, was verursacht dann den Preisverfall jetzt?

FS: Wir haben jährlich eine Zunahme der Nachfrage in Höhe von 1-1,5 Mio. Barrel pro Tag. Das dauert 12-18 Monate um den jetzigen Überhang in der Förderung auszugleichen. Die USA und die Saudis geben weiterhin Vollgas in der Produktion, um Marktanteile zu sichern.

Sieht man die Grenzkosten der Förderung, so sind Öl aus Ölsanden (90 USD) oder Ethanol aus Raps etc. die teuersten Ansätze und die werden durch die niedrigen Preise als erstes wegfallen.

US: Mir scheint, Saudi Arabien ändert das Geschäftsmodell des Landes (Flughäfen, Tourismus etc.)

FS: Saudi-Arabien ändert das Geschäftsmodell sicherlich nicht grundsätzlich. Aber die Frage ist, wie lange der Haushalt mit all den Sozialleistungen einen Ölpreis von 50 USD aushält. Greift man die Reserven an, oder man fängt an, Kredite aufzunehmen.

US Werden die Elektroautos einen Beitrag zur Nachfrageabsenkung bei Öl haben?

FS Das gibt in absehbarer Zeit keinen nennenswerten Beitrag US Was passiert auf der Seite der Investoren in der Ölindustrie

FS Große Konzerne streichen Ihre Budgets zusammen. Es gibt kaum Neuinvestitionen in Förderung; also der bekannter Schweinzyklus. Das ist nicht der einzige Schweinezyklus vgl. den bei Basismetallen oder seltenen Erden

US: Korrelation Öl und Wirtschaftswachstum. Gab es da Änderungen in den letzten Jahren?

FS: Der Hebel, also der Einfluss des Öls war früher größer.

5% des weltweiten BIP war die weltweite Ölrechnung in 2011,12,13. Dieses Jahr sind es ca. 2%. Diese gesparten Beträge gehen in den Konsum und in Investitionen. Umgerechnet als Schub für die Volkswirtschaft bedeutet dies. Ein durchschnittlicher Ölpreis von 66 USD in den Jahren 2015 und 2016 bedeutet 0,3% zusätzliches BIP für Europa, 0,7% für USA und 1% für China. Der niedrige Ölpreis ist also ein riesiges Konjunkturprogramm

US CO

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: Wie ist der Einfluss der Zertifikate?

FS: Fast keiner. Bei diesem Ölpreis spielen die Kosten für Zertifikate nur eine Nebenrolle.

Herr Dr. Schallenberger, wir bedanken uns für das Interview



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