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Das Frage-Antwort-Spiel

Auf eine Frage folgt immer eine Antwort: weit gefehlt. Die Bedeutung einer Antwort ist vielfältiger. Sie ist die Erklärung, warum Politiker oder Promis immer antworten, was sie wollen und nicht, was der Interviewpartner wissen will.

Tagtäglich das gleiche Phänomen in der Flimmerkiste: Leute reden und sagen nichts. Während manche Interviewpartner verzweifeln, wiederholen die Hartnäckigen immer wieder ihre Frage. Die Antwort auf die Frage suchen Zuhörer vergeblich.

Der Zweck eines Interviews ist zweigeteilt: Der Fragende will was wissen und der Befragte will was sagen. Dann kommt nicht zwangsläufig die Antwort auf die gestellte Frage heraus. Die Frage ist bloß der Startschuss, endlich selbst reden zu dürfen.

Die Fragenden und der Zuhörer wollen mit der Antwort einen Erkenntnisgewinn erzielen, doch sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Eine Antwort ist nämlich nicht das fehlende Gegenstück einer Frage. Vielmehr ist die Antwort eine Gegenrede. Und diese kann sich gewaschen haben: die Geduld und die Nerven aller Beteiligten strapazieren.

Die Eigendynamik eines Interviews kann zur Showbühne des Antwortenden werden. Darauf ist kein Konzept gefasst: Der Antwortende nutzt die Interview-Bühne, um seine Programmatik zu setzen. Möglichst viel von seiner Person soll bei den Zuhörenden hängen bleiben. Dazu ist ihm auch das Mittel der Wiederholung Recht. Hauptsache, etwas bleibt stehen: die eigene Marke. Die Hunde machen es uns vor: an den Baum, Bein heben und Revier markieren. In einem Interview ist der Befragte in einer ausgezeichneten Position.

Egal in welcher Steillage er sich befindet, den Inhalt seiner Antworten bestimmt er. Bevor er gar nicht antwortet, sagt er lieber das, was er der Welt mitteilen will. Die Bandbreite ist groß: Von Phrasen bis zur ausschweifenden Gedankenreise kann in einer Antwort alles enthalten sein. Manchmal antwortet auch nicht der Befragte selbst, sondern schlaue Menschen, die er zitiert. Die Facetten einer Antwort zeigen sich nicht nur in Interviews mit Politikern oder Promis.

Das Phänomen zeigt sich in gleicher Vollendung im alltäglichen Gespräch. Achtung: Bis die nächste Frage kommt, dauert es nicht mehr lange. Auf eine Antwort warten manche noch heute.

Zum Foto: Eigentlich will der Interviewer den Blick des Internviewten auf einen Sachverhalt lenken. Schon im Mittelalter wusste man, dass oft der andere den Blick in eine ganz andere Richtung lenkt.



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