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"barmherzig" - Fastenimpulse 2014 - Tag 18

(explizit.net)

Henri J. M. Nouwen – Mitleid - Tag 18 der Fastenimpulse "barmherzig" von Pater Erich Purk

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Wer sich eingehender mit den Texten des niederländischen katholischen Priesters und Psychologen Henri Nouwen befasst, hat bald den Eindruck, einen guten Freund gefunden zu haben. Zu Recht zählt Nouwen mit seinen etwa vierzig Büchern zu den meistgelesenen geistlichen Schriftstellern der Gegenwart, denn er besitzt nicht nur fundiertes theologisches Wissen, sondern greift alle Facetten des Menschseins auf und blickt bis in unser Herz. Einfühlsam ist er, von verblüffender Offenheit, ebenso verletzbar und liebesbedürftig wie seine Leser. Auch Barmherzigkeit spielte eine wesentliche Rolle im Leben dieses leidenschaftlichen Seelsorgers.

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Henri J. M. Nouwen – Mitleid - Tag 18 der Fastenimpulse "barmherzig" von Pater Erich Purk

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Wer sich eingehender mit den Texten des niederländischen katholischen Priesters und Psychologen Henri Nouwen befasst, hat bald den Eindruck, einen guten Freund gefunden zu haben. Zu Recht zählt Nouwen mit seinen etwa vierzig Büchern zu den meistgelesenen geistlichen Schriftstellern der Gegenwart, denn er besitzt nicht nur fundiertes theologisches Wissen, sondern greift alle Facetten des Menschseins auf und blickt bis in unser Herz. Einfühlsam ist er, von verblüffender Offenheit, ebenso verletzbar und liebesbedürftig wie seine Leser. Auch Barmherzigkeit spielte eine wesentliche Rolle im Leben dieses leidenschaftlichen Seelsorgers.

Henri J. M. Nouwen (1932–1996) gab seine Karriere als Hoch schulprofessor für Pastoraltheologie und christliche Spiritualität in den USA auf, um Mitglied der von Jean Vanier gegründeten „Arche“-Bewegung zu werden und sein Leben ab 1986 mit Behinderten zu teilen. Bis zuletzt war er geistlicher Leiter der Gemeinschaft „Daybreak“ in Richmond Hill bei Toronto/ Kanada. Diese Jahre mit den geistig Behinderten waren prägend, doch keineswegs leicht für ihn. Es gab viele Kämpfe und Leiden geistiger, seelischer und spiritueller Art. Nouwen nannte den Weg manchmal sogar „qualvoll“. Aber er fand seine Berufung. Dabei halfen ihm neben Gebeten und Gesprächen auch Meditationen.

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Einen herausragenden Stellenwert besaß für ihn Rembrandts Gemälde „Die Rückkehr des verlorenen Sohnes“. Darauf zu sehen ist ein großer bärtiger Mann im roten Gewand, der seine beiden Hände auf den Rücken des vor ihm niederknienden Sohnes legt. Eine geistliche Deutung dieses Meisterwerks finden wir in Nouwens Buch „Nimm sein Bild in dein Herz“. So wie der barmherzige Vater seinen heimgekehrten Sohn in die Arme schließt, so suchte Henri Nouwen Geborgenheit in der Umarmung des liebenden Gottes. Im mühseligen Alltag mit den teilweise schwerbehinderten Menschen dürstete es ihn förmlich nach Gottes Barmherzigkeit – umso mehr, als er hohe Ansprüche an sich selbst stellte und selten zufrieden mit sich war. Er wollte ein guter Hirte sein und war bereit, dafür große Opfer zu bringen.

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Im Jahr 1988 geriet Henri Nouwen in eine seelische Krise, als eine enge Freundschaft zerbrach. Daraufhin musste er seine Gemeinschaft für sechs Monate verlassen, um mit der Hilfe von zwei christlichen Therapeuten und Gebeten wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Er gestand sich selbst ein, im Rahmen dieser Freundschaft nach so viel Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung gesucht zu haben, wie nur Gott allein sie zu geben vermag. Während dieser Zeit verfasste er ein „geheimes Tagebuch“, das nach seinem Tod unter dem Titel „Die innere Stimme der Liebe“ erschien. In einem der Kapitel empfiehlt er uns, den Blick stets auf Gott zu richten und dabei ein kleines Gebet zu sprechen: „Herr, hab Erbarmen!“

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Barmherzigkeit im Sinne Nouwens kommt aus einem mitleidenden Herzen, aus dem Verlangen, ganz beim Nächsten zu sein. Das betrachtet er als eine Gabe. So möchte Jesus nicht auf uns herabschauen, sondern einer von uns sein und tief mit uns fühlen. Barmherzigkeit bedeutet für Nouwen auch die Befreiung vom Zwang, laufend Urteile über andere zu fällen. Er legt uns das Wort Jesu aus der Bergpredigt ans Herz: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! (Mt 7,1)

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Henri Nouwen identifizierte sich mit den Menschen, die Gottes Liebe am meisten brauchten. Schon 1981 hatte er tätlich bewiesen, wie sehr ihm am Schicksal Armer und Benachteiligter lag, als er für ein halbes Jahr nach Lateinamerika ging. Drei Monate verbrachte er in Peru. Dort lebte er mit einer Indiofamilie in einem Elendsviertel. Aber erst die „Arche“-Gemeinschaft (Lebensgemeinschaft mit Behinderten) wurde zu seinem bleibenden Zuhause.

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Die Macht der Liebe steht für Nouwen im Zentrum. Beispielhaft ist der folgende Textabschnitt aus einem Buch, das er für einen befreundeten jungen Journalisten schrieb: „(…) alles, was ich dir sagen möchte, ist in dieser Zusage zusammengefasst: ‚Du bist der geliebte Mensch‘, und ich kann nur hoffen, dass du diese Worte als direkte Anrede an dich aufnehmen kannst, dir zugesprochen mit aller Zärtlichkeit und Kraft, die Liebe nur je haben kann. Mein einziger Wunsch ist, dass diese Worte in jeder Zelle deines Wesens widerhallen mögen: ‚Du bist ein geliebter Mensch‘.

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Wie den Emmausjüngern in Jesu Gegenwart das Herz brannte, brennt es in vielen von uns noch heute beim Lesen der Schriften von Henri Nouwen. Er starb unerwartet infolge eines Herzinfarkts. In seinen Werken jedoch lebt Henri Nouwen weiter.

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Für heute: Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über alle, die ihn fürchten. (Ps 103,13)

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<emphasize>Susanne Jeutner</emphasize>



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