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Arabische Golfstaaten nennen Muslimbruderschaft Terrorverein

(explizit.net) Im Namen König Abdullahs hat Saudi-Arabien die Muslimbruderschaft am Freitag, 07. März, zum Terrorverein erklärt. Alle Schritte wie Einreiseverbot, Verfolgung und Einziehung von Mitteln gelten ab Sonntag, 09. März. Dem folgten die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Damit unterstützen die drei Golfländer auch Ägyptens Interimsregierung, die bereits am Jahresende die Muslimbruderschaft auf den Terroindex gesetzt hat. Im Gegensatz dazu unterstützt Qatar, wo der TV-Sender al-Jazira weiterhin auch für Muslimbrüder agitiert, solche Islamisten der Golfregion. Daher entstand ein Bruch: jene drei Golfstaaten zogen ihre Botschafter aus Qatar ab. Dem schloß sich Kairo am Donnerstag an. Reden kamen auf wie „dunkle Mächte zerstörten die arabische Einheit.“ Was steckt wirklich dahinter?

(explizit.net) Im Namen König Abdullahs hat Saudi-Arabien die Muslimbruderschaft am Freitag, 07. März, zum Terrorverein erklärt. Alle Schritte wie Einreiseverbot, Verfolgung und Einziehung von Mitteln gelten ab Sonntag, 09. März. Dem folgten die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Damit unterstützen die drei Golfländer auch Ägyptens Interimsregierung, die bereits am Jahresende die Muslimbruderschaft auf den Terroindex gesetzt hat. Im Gegensatz dazu unterstützt Qatar, wo der TV-Sender al-Jazira weiterhin auch für Muslimbrüder agitiert, solche Islamisten der Golfregion. Daher entstand ein Bruch: jene drei Golfstaaten zogen ihre Botschafter aus Qatar ab. Dem schloß sich Kairo am Donnerstag an. Reden kamen auf wie „dunkle Mächte zerstörten die arabische Einheit.“ Was steckt wirklich dahinter?

Der Erlaß des saudischen Königs hat die 1928 in Ägypten gebildete Muslimbruderschaft, al-Ikhwan al-Muslimun, nun verboten. Erinnern wir uns: diese Organisation zweigte sich nach dem Zweiten Weltkrieg über Ägypten, Syrien und den Iran in Islamländern und in Westeuropa aus. Ein Schub neuer Zweige folgte seit den 1970er Jahren, darunter 1973 und 1987 Vorläufer der Hamas im Gaza, wo sie voll durch einen Coup seit 2007 regiert.

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Am Nil

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Die Muslimbrüder etablierten sich seit der Globalära ab 1991 weltweit. Am Nil blieben sie wegen ihrer radikalen Methoden und des Parteigesetzes 1977 zumeist verboten, das Parteien auf religiösen Grundlagen verwehrt hat. Nach der Lotusrevolte mit dem Sturz Husni Mubaraks 2011 konnten sich die Muslimbrüder legalisieren und ihre Rechtspartei bilden. Ab Mitte 2012 stellten sie den Präsidenten Muhammad Mursi – nur für ein Jahr.

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Mursi fegte die Coupvolte am 30. Juni bis 3. Juli 2013 weg. Dessen Anhänger setzten auf Gewalt. Das Faß lief nach dem Bombenanschlag auf das Polizeihaus al-Mansuras mit 16 Toten und etwa einhundert Verletzten über. Am Heiligabend 2013 stürzte das Gebäude in der Stadt im Nildelta durch die Wucht der Detonation ein. Kairo stellte die Muslimbrüder und ihre Zweige als Drahtzieher dar. Ohnehin seit dem 23. September verboten, setzte sie Adli Mansurs Interimsregierung auf den Terrorindex. Aus Berliner Sicht schloß sich ein Kreis: die Regierung des Staates, wo sie 85 Jahre zuvor als eine politische Moschee-plus-Machtbewegung im Gefolge der deutsch-osmanischen Jihadisierung des Islam entstand, stufte sie als Terrorverein ein. Mehr noch. Auf Kairiner Vorschlag vom Sonntag widmet jetzt die Arabische Liga eine künftige Tagung ihrer Innenminister dem Antiterrorkampf.

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Golfstaaten

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Die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organistion, al-Jamaa al-Irhabiyya, oder Partei wurde laut Erlaß des saudischen Innenministeriums zu einem Straftatbestand erhoben. Ihre Anhänger werden fortan im Königreich und in der weiteren Golfregion verfolgt. Auf dieser Ebene entstünden die Namenslisten. Mitgliedern droht fünf bis 30 Jahre Haft an. Der königliche Erlaß, der im Vormonat aufkam und jetzt umgesetzt wird, benennt laut Associated Press vom Sonntag als Terrororganisationen ebenso die al-Qaida im Jemen und deren Zweige, darunter die an-Nusra Front im Irak, die Hizballah und im Jemen die schiitischen al-Huthiyyun. Die Muslimbruderschaft hingegen verurteilte den saudischen Schritt als eine „komplette Abkehr“ von den früheren Beziehungen und als Einmischung.

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Gaza

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Daß Saudis die Muslimbruderschaft und ähnliche Organisationen auf die Schwarze Liste des Terrors gesetzt haben, entspringt einigen Faktoren. Da ist der nicht enden wollende syrische Kriegsbrand vor ihrer Haustür. Er wird durch den russischen und chinesischen Beistand noch verlängert; überdies durch die vielen Islamistenvereine, die gegeneinander kämpfen und Bashshar al-Asad zum lachenden Dritten erheben. Hier mischen Iran und die Hizballah direkt mit. Ein Übriges erbringt gleichwohl die Hamas in Gaza, die aus der Muslimbruderschaft am Nil hervorging. Kairo wollte eine Gruppe nicht verbieten, ohne den anderen Zweig weiter agieren zu lassen. Was Wunder, daß ein Kairiner Gericht am Dienstag alle Aktivitäten der Hamas am Nil verboten hat. Sie wurde angeklagt, das islamistische Aufbegehren nach dem Sturz von Muris in Ägypten unterstützt zu haben.

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Die Hamas gilt in Kairo als Sicherheitsrisiko. Ihr Sprecher Sami Abu Zuhri erklärte, das Kairiner Verbot beeinträchtige Ägyptens Ansehen und dessen Rolle gegenüber der palästinensischen Sache. Damit wende sich Kairo vom Widerstand gegen Israel ab. Aber die Hamas setzt unvermindert auf Gewalt. Das jüngste Beispiel war das mit Waffen und Raketen beladene Schiff aus Iran für die Hamas, das israelische Einheiten im Roten Meer gekapert haben. Medien zufolge hatte die panamaische „Klos-C“, die sodann nach Eilat eskortiert wurde, Mittelstreckenraketen an Bord. Irans Außenminister Muhammad Javad Zarif bestritt all dies als „Lügen“ und wähnte dahinter ein allein ein mediales Manöver.

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Aber mit Hamas werden zudem die Militärlager und Anschläge auf der Halbinsel Sinai assoziiert. Ihre Vertreter schwören auf Gewalt. Sie denken nicht daran, Kompromisse zu suchen. Kairo will die Gruppe isolieren. Daher habe es 1.200 Tunnel zerstört, die für den Schmuggel von und nach Gaza benutzt worden sind. Allerdings muß man auch Kairo auf die Finger schauen und es warnen, wie harsch es nun mit seinen Oppositionellen umgeht.

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Dilemma

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Am Freitag hat auch eine Gruppe von 27 Staaten die ägyptische Regierung kritisiert, in erheblichem Maße Gewalt gegen die oppositionell Protestierenden anzuwenden. Diese Staaten, darunter Amerika, Großbritannien und Frankreich, möchten die Regierenden für ihre Taten verantwortlich halten. Überdies verurteilen sie Restriktionen gegen das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu vereinen. Zu viel tödliche Gewalt wurde angewandt. Dies ist zu betonen: will Kairo wirksam Terror bekämpfen, darf es nicht in jene Brutalität abrutschen, dies es bei Terroristen anklagt und die es aus dem Alltag entfernen möchte. Andererseits ist es genau die Taktik einiger Demonstranten, Übergriffe zu provozieren.

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Jedenfalls müssen alle, die sich wie Kairo und ar-Riyad gegen ihre regionalen Extreme wenden, einen Balanceakt vollziehen. Sollten sie sich brutaler Vergehen schuldig machen, werden auch ihre besten Absichten verdorben. Immerhin sind sie diversen Erpressungen entgegen getreten. Ägypter und Saudis sowie andere Araber koordinieren sich erstmals gegen bestimmte Gruppen, die für ihren Terror bekannt geworden sind. Nur so mag die Form gefunden werden, die eine friedliche Austragung von Konflikten erlaubt. Wenn die regionalen Herrscher aufstehen und der militanten Gewalt das Wasser abgraben, kann ebenso der syrische Bürgerkrieg befriedet und die Manupulation von außen vermindert werden.

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<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>



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