St. Martin Freiburg, Foto: Laura C. Müller

440 Martinskirchen, eine in Freiburg

Martin, der seinen Mantel geteilt hat, ist in vielen Kirchen präsent. 440 Kirchen sind dem Heiligen allein in Deutschland geweiht. In Freiburg sind die Geschichte der Stadt und ihr Glaubensleben mit dieser Kirche eng verbunden. Ein Raum für die Begegnung mit Gott mitten im Getriebe der Stadt.

Schlichte Bettelordenarchitektur

Im Jahr 1226, keine 20 Jahre nach Gründung des Franziskanerordens, kommen die ersten Franziskanermönche nach Freiburg. Zunächst siedeln sie außerhalb der Stadtmauern, 1246 wird ihnen die Martinskapelle im Zentrum der mittelalterlichen Freiburgs geschenkt, die sie zur Klosterkirche erweitern. Wie viele andere Kirchen, die in dieser Zeit von den  neugegründeten Bettelorden gebaut werden, wird St. Martin schlicht gebaut und die Kanzel in die Mitte des Kirchenschiffs gerückt. Während zeitgleich große gotische Kathedralen entstehen, reduzieren die Bettelorden die Dekoration. In ihren Kirchen verzichten sie auf verspielte Ornamente, Türme oder Querhäuser. Statt abzulenken, soll die schlichte Gestaltung das für die Bettelorden Wesentliche akzentuieren. In St. Martin gibt es beispielsweise nur über dem Chorraum ein Kreuzgewölbe, die Decke des Langhauses ist mit Holz vertäfelt, sodass der Blick der Kirchenbesucher nach vorn, in Richtung Hochaltar gelenkt wird.

St. Martin am Anfang der Freiburger Stadtgeschichte

Bevor die Franziskaner nach Freiburg kamen, gab es bereits eine Martinskapelle, die erstmalig im Jahr 1206 schriftlich erwähnt wird. Sie stammt aber wohl schon aus dem achten oder neunten Jahrhundert. Auf dem Gebiet des heutigen Freiburgs siedelte einst die alemannische Hatten-Sippe, die bevorzugt Martin als Patron ihrer Kirchen wählte. Denkbar wäre es, dass die Sippe dort einen kleinen Ort mit Marktgelegenheit besiedelte, in dessen Zentrum die Martinskapelle stand. Damit hätte die Martinskirche eine weitaus längere Tradition als das Freiburger Münster und stünde ganz am Anfang der Freiburger Stadtgeschichte. Als die Franziskaner die Kapelle zu einer Kirche erweiterten, gab es bereits Straßen und Bebauung ringsum. Aus Platzgründen erhielt die nördliche Wand des Langhauses deshalb einen leichten Knick, so dass das nördliche Kirchenschiff von der Mitte zum Hauptportal hin noch heute enger wird.

Dominikaner in der Franziskanerkirche

Im 18. Jahrhundert, nachdem die Franziskaner vertrieben wurden, wurde St. Martin zur Pfarrkirche und vom Freiburger Weltklerus betreut. Heute ist wieder ein Bettelorden an der Kirche ansässig. 2012 wurde ein neuer Dominikaner Konvent in St. Martin gegründet. Die Predigerbrüder sind in der Pfarrei St. Martin und in anderen pastoralen Feldern in Freiburg tätig.

Alte Stadtansicht aus dem 15. Jahrhundert

An der Stirnwand des südlichen Seitenschiffs zeigt ein großes Gemälde die Mantelteilung des heiligen Martins vor der mittelalterlichen Stadt Freiburg. Ein Drittel des Bildes ist stark beschädigt. Das Gesicht des Heiligen ist nicht mehr zu erkennen. Lediglich die Umrisse eines Reiters, der einem verwundeten Mann am Wegesrand seinen Mantel reicht, sind zu erkennen. Dahinter das mittelalterliche Freiburg. Der Status des Freiburger Münsters gibt Aufschlüsse darüber, dass das Bild vor 1480 zu datieren ist, da der Chor aus der Hochgotik auf dem Bild fehlt. Ursprünglich hing das Bild im Freiburger Münster selbst und wurde der Pfarrei St. Martin 1975, nach der letzten Kirchenrenovierung, als Dauerleihgabe übergeben. Trotz Beschädigung hat das Bild Potential: Der mittelalterliche Künstler projiziert Martins Handeln in seine Gegenwart. Seinen Zeitgenossen ermöglicht er damit die Begegnung mit dem Heiligen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Wie würde der Künstler das Bild wohl heute malen? Welchen Akzent würde er heute setzen? Wo und mit wem würde er den heiligen Martin seinen Mantel teilen lassen?

Glaubenszentrum in der Stadt

In der Martinskirche, einem Ort langer Glaubenstradition, die bis vor die Stadtgründung zurückreicht, verbinden sich Glaubens- und Stadtleben weiterhin. Sie ist für die umliegenden Straßen Pfarrkirche und zugleich auch Citykirche von Freiburg. Die hellen hohen Wände und die harmonische Farbgebung laden in der quirligen Stadt ein, in Stille oder im Gebet zu verweilen. Zu den klassischen Angeboten einer Pfarrei kommen in St. Martin neue pastorale Formate hinzu, die Gottesbegegnung für die Menschen,  ermöglichen sollen, die in Freiburg leben und die Stadt besuchen.

Literatur: St. Martin in Freiburg i. Br. Geschichte des Klosters, der Kirche und der Pfarrei. München, Zürich: Schnell & Steiner, 1985.


Kategorie: Kirche

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