Die nationale Bewegung, die im 19. Jahrhundert an die Geschichte der Kiewer Rus anknüpfte, kam 1991 zu ihrem Ziel, einen eignen Staat mit ukrainischer Sprache, eine eigenen Verfassung und sogar einer eigenen Währung zu errichten. Die Gelegenheit, die Sowjetunion zu verlassen, bot der Putsch gegen Gorbatschow am 19. August 1991. Bereits 5 Tage später, am 24.8., erklärte das Parlament der Ukraine die Unabhängigkeit und den Austritt des Landes aus der Sowjetunion. Da die Zentrale der Sowjetunion gelähmt war, der Präsident befand sich in den Händen der Putschisten, konnte der Oberste Sowjet die Unabhängigkeit der Ukraine nicht blockieren. Das war dann der der Anfang vom Ende der Sowjetunion.
Die Entscheidung des Parlamentes wurde in einer Volksabstimmung am 1. Dezember 1991 mit 90,32% der Stimmen bestätigt, d.h. auch mit der großen Mehrheit der russisch sprechenden Bevölkerung im Osten des Landes.
Die damals kommunistischen Abgeordneten wollten nicht zuletzt deshalb die volle Unabhängigkeit des Landes, weil die Wirtschaft und das Bankwesen von Moskau aus gesteuert wurden. So wurden auch die Steuereinnahmen erst einmal nach Moskau überwiesen, um dann auf Republiken verteilt zu werden. Die Ukraine konnte davon ausgehen, dass sie die anderen Republiken der Sowjetunion finanziell unterstützen musste. Man wollte durch die Unabhängigkeit auch die ständige Mangelwirtschaft überwinden. Zudem ging es um die kulturelle Identität.
Reformen Gorbatschows ebneten den Weg aus der Sowjetunion
Im Zusammenhang mit der Perestroika wurde die Verfassung der Sowjetunion dahingehend geändert, dass den Republiken die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Union zu verlassen. Seit Ende der achtziger Jahre verließen viele Ukrainer die kommunistische Partei, weil die Chance, beruflich voran zu kommen, eine Mitgliedschaft nicht mehr notwendig machte. Bereits am 16. Juli 1990 wurden auf Beschluss des ukrainischen Parlaments Verhandlungen mit dem Obersten Sowjet über die Unabhängigkeit der Ukraine aufgenommen.
Die Feierlichkeiten zum 24. August
Am 20. Februar 1992 hat das Parlament der Ukraine, die Werchowna Rada, den Unabhängigkeitstag eingeführt. In dem Gesetzt heißt es: "In Anbetracht des Willens des ukrainischen Volkes, seines uralten Wunsches nach Unabhängigkeit und der historische Bedeutung des Gesetzes zur Unabhängigkeit am 24. August 1991, erklärt die Werchowna Rada den 24. August zum Tag der Unabhängigkeit der Ukraine, der mit einer landesweite Feier begangen werden soll.“
Die Hauptfeier auf gesamtstaatlicher Ebene findet in Kiew statt. Der Präsident besucht einen Gottesdienst in der Sophienkirche, an dem alle Konfessionen des Landes teilnehmen. Die Feierlichkeiten finden auf den Hügeln über den Dnjepr unter der Statue einer in ukrainischer Tracht gekleideten Frau statt. In den 24. Provinzen, den Provinzen des Landes werden ebenfalls Feierlichkeiten abgehalten, ebenso in den Städten. Die Denkmäler berühmten Ukrainer, so Volodymyr d.Gr., Bohdan Khmelnytsky, Mykhailo Hrushevsky und Taras Shevchenko werden mit Blumen geschmückt.
Früher gab es Militärparaden, aber seit 2010 wird auf diese verzichtet, ebenso gab es Kostengründen kein Feuerwerk. Inzwischen gibt es wieder ein Feuerwerk. Man trägt an dem Tag ukrainische Trachten, die ukrainische Fahne ist überall zu sehen. Die Kosaken tragen ihre Trachten und veranstalten Spiele. Musikaufführungen, klassisch und Volksmusik finden an vielen Orten statt. Seit 2000 ist der Unabhängigkeitstag auch eine Festival der nationalen Küche. An das Abendkonzert schließt das Feuerwerk an.
Der erste ukrainische Staat 1917-1920
Nach der Oktoberrevolution 1917 führte die im 19. Jahrhundert aufkeimende Nationenbildung zur ersten Unabhängigkeit der Ukraine. Der „Zentrale Rat“ erklärte am 20. November 1917 die Errichtung eines eigenen ukrainischen Staates, die Ukrainian National Republik (UNR). Es wurde die Freiheit der Rede, der Presse, der Religion, des Gewerbes, das Streikrecht und die Abschaffung der Todesstrafe beschlossen. Hinzu kamen die Nationalfahne und eine eigene Währung. Die Verfassung betont, dass alle Macht "vom Volk ausgeht", und seine höchste Autorität sollte das Parlament, der Allgemeine Rat sein. Die Symbole der Staatlichkeit waren ein Wappen, das die Freiheit symbolisiert, die blau-gelbe Fahne sowie die Hymne "Die Ukraine ist noch am Leben." Entscheidend war weiter die Abschaffung des Russischen als Amtssprache.
Wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Ukraine stellte die neue Sowjetmacht dem neu gegründeten Staat ein Ultimatum. Als die ukrainische Regierung das Ultimatum zurückwies, kam es zu einem Krieg mit den Bolschewiken. Die militärischen Erfolge der Bolschewiki zwangen die Ukraine, die Unterstützung des deutschen Heeres anzufordern. Im April 1918 wurde die gesamte Ukraine von der bolschewistischen Besetzung befreit, aber dafür geriet die Ukraine unter deutsche Kontrolle.
Es kam zu einem Aufstand gegen die deutschen Besatzer, der im März 1919 in Kiew beendet wurde. Dem Land blieb nur der Anschluss an Russland und damit an die Sowjetunion. Auf dem All-Ukrainischen Sowjetkongreß wurde die Verfassung der "unabhängigen Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik“ angenommen. Die staatlichen Institutionen, vor allem das Parlament, blieben erhalten, wurden aber faktisch von Moskau aus gesteuert. Am 28. Dezember 1920 unterzeichneten Russland und die Ukrainische Sowjetische Sozialistische Republik das "Arbeiter-Bauern-Allianz Abkommen über militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit". Damit entstand mit Einschluss Weißrusslands die Sowjetunion und die Ukraine erkannte damit faktisch die Abhängigkeit von der UdSSR an. Sie behielt nur die Zuständigkeit für regionale Fragen. Die Zentralregierung der Sowjetunion erhielt das Eingriffsrecht in die Angelegenheiten der Ukraine. Die Loslösung von Russland wurde durch das bis dahin machtlose Parlament leichter möglich, weil es eine staatliche Institution gab, die beschlussfähig war.
Oksana Tryhubchak
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