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Islam muss noch Grundgesetz-kompatibel werden

Was wird die nächste Regierung gegenüber dem Islam unternehmen. Die Polizei verstärken und die Überwachung verschärfen? Oder kommt es zu Initiativen, endlich die Verfassung durchzusetzen und die Moscheen auf das Grundgesetz zu verpflichten. Werden nur Linke und Rechte überwacht, sondern auch Gewalt predigende Imame?

 

Es musste das Jahr 2017 kommen, ehe der oberste europäische Gerichtshof die automatische Anerkennung einer Scheidung nach Scharia-Recht verhandelt. Bisher wurden solche Scheidungen von deutschen Gerichten einfach durchgewinkt. Wo blieben die Frauenrechtlerinnen, um diese ständige zweite Gerichtspraxis, die oft zulasten der Frau gehandhabt wird, zu hinterfragen.

Der Islam macht es seinen Anhängern schwer

Eigentlich müsste der Islam selbst das größte Interesse daran haben, Verfassung und Religion in Einklang zu bringen, damit seine Gläubigen in diesem Staat leben und ihn nicht innerlich ablehnen müssen. Das müsste auch im Interesse der Türkei, Persiens und Saudi Arabiens sein, denn offensichtlich fliehen die Muslime vor dem Islam. Die Christen und ihre Kirchen sollten dem Islam aus seinen Problemen helfen, denn sie haben ausreichend Erfahrungen mit Konfessionskriegen. Der Syrienkrieg ist ein solcher zwischen Schiiten, vertreten durch Persien und Sunniten, vertreten durch Saudi Arabien und die meisten Golfstaaten..
Aber ist der Islam nicht längst in den westlichen Gesellschaften angekommen? Sind es nicht ein paar Außenseiter, die gegen die westliche Zivilisation kämpfen? Das ist ein großer Irrtum. Die Außenseiter können sich sehr wohl auf den Koran berufen, nicht unbedingt auf den Text selbst, sondern auf die wörtliche Auslegung.
Nicht nur die Politik muss klären, ob der Islam mit der Verfassung kompatibel ist. Jeder Bürger, der diesen Staat mitträgt, muss den Islam verstehen lernen. Heute das Problem nicht wahrhaben zu wollen, wird diese nur verschärfen. Was ist an den Erwartungen auf einen verfassungskompatiblen Islam dran?

Es ist im Kern ein theologisches Problem

Der Vergleich mit den Juden kann deutlich machen, wo das Problem liegt. Sie haben wie der Islam in ihren heiligen Büchern ebenfalls Rechtsvorschriften, kommen aber offensichtlich mit einem Staat, der sich eine säkulare Verfassung gegeben hat, klar. Die Christen hatten von ihrem Ursprung her keinen Anspruch, ihre innere Ordnung mit der staatlichen zu synchronisieren. Sie warteten auf die kommende Welt. Das änderte sich, als das Christentum unter Theodosios 380 Staatsreligion wurde und dann die Kultur der germanischen Reiche prägte. Der Abschied von der Staatsreligion dauerte in Deutschland bis zur Weimarer Verfassung und in Spanien noch länger, In den orthodoxen Ländern kehrt er nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems zurück. Die orthodoxe Kirche wird in mehreren Ländern wieder wie die Staatsreligion behandelt. Für den Islam sind zumindest drei Faktoren zu nennen:

-  das Koranverständnis
-  daraus folgt Ablehnung des westlichen Gesellschaftsmodells
-  die Zwangsmitgliedschaft Islam

Es geht im Folgenden nicht um Kritik, sondern um die Herausarbeitung der theologisch-politischen Logik des herrschenden Koranverständnisses.

Die wörtliche Auslegung des Korans verschließt den Zugang zum Verfassungsstaat

Wenn der Koran wörtlich ausgelegt werden muss, dann muss er trotzdem interpretiert werden. Es muss ja die Bedeutung seiner Worte verstanden werden. Das erfordert immer eine Kenntnis der Umwelt seiner Entstehung, denn nur so wird erst die in der damaligen Umwelt gebräuchliche Sprache verständlich. Will man den Koran wörtlich verstehen, dann muss man die Umwelt und den Sprachgebrauch der Entstehungszeit kennen. Nicht nur gibt es in diesem Buch viele Bezüge zur Bibel, sondern ebenso zu den damaligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in die hinein der Koran spricht. Das ist bei der Bibel nicht anders, jedoch gibt es da keinen Zwang zur wörtlichen Auslegung. Denn es geht im Neuen Testament nicht um Offenbarungsworte, sondern um die Person Jesu. Über ihn gibt es bereits 4 Evangelien und dann noch einmal Deutungen seines Lebensschicksals in den weiteren Texten. Die Christen sind von Anfang an gewöhnt, dass einzelne Texte nicht einfach wörtlich genommen, sondern in Bezug zu anderen verstanden werden müssen. Gleiches gilt von der jüdischen Bibel, die die zentralen Ereignisse mehrfach berichtet. Der Koran braucht eigentlich auch die Deutung einzelner Texte aus dem gesamten heraus. Aber das verbietet sich durch die wörtliche Auslegung. Der entscheidende Punkt ist dann:

   Ein wörtliches Verständnis verlangt, den Koran so zu verstehen, wie er in seiner
   Entstehungssituation verstanden wurde.

Das ginge noch, wenn man die Sinnspitze auf die neue Umwelt anwenden würde. Das genau würde die wörtliche Auslegung aber infrage stellen. Den Koran wörtlich verstehen, heißt, die damalige Gesellschaftsordnung mit zu übernehmen. Denn nur dann versteht man ihn wörtlich. Hinzu kommt, dass im Koran sehr detaillierte Anweisungen für das Verhalten vorgegeben sind und diese nicht nur als gute Ratschläge, sondern als relevant für das Endgericht gelten. Es wird deutliche: Der Salafismus ist also nicht zufällig und auch kein Missverständnis, sondern die folgerichtige Konsequenz aus der Maßgabe, den Koran wörtlich zu verstehen. Den wörtlich zu verstehenden Koran gibt es aber nur im gesellschaftlichen Umfeld seiner Entstehungszeit. Diese und nicht die eines Verfassungsstaates mit unabhängiger Gerichtsbarkeit lässt die Scharia zur Geltung kommen. Scharia heißt also Rückkehr in die Entstehungszeit. Weil sich die vielen Islamversteher wie die Islamphobiker das nicht klar machen, läuft das auf Konfrontation hinaus. Zwei Welten prallen aufeinander, jede muss aus ihrem Selbstverständnis die andere ablehnen. Den Islam nicht zu verstehen, kann deshalb nur die Probleme verschärfen. Denn wie sollen Muslime in einem gesellschaftlichen Umfeld zurechtkommen, in dem sie ständig feststellen, dass die Regeln anders laufen als sie es für richtig halten. Man muss dann als Bürger dieses Staates den Grund des Konfliktes ernst nehmen, nämlich dass die wörtliche Auslegung es unmöglich macht, sich einer säkularen Verfassung zu unterwerfen. Das bedarf einer kurzen Erklärung:

Der Koran begründet eine Rechtsordnung

Da die Muslime in den letzten Jahrzehnten kaum Erfahrungen mit einem funktionierenden Rechtsstaat gemacht haben und die zentralasiatischen Völker nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems keiner alternative Staatsordnung als der des Koran Vertrauen schenken konnten, kam es nicht nur zu einer Wiederbelebung der christlichen Orthodoxie in diesen Ländern, sondern auch des Islam, aber meist unter der Prämisse des authentischen Islam und der Regeln, die zu seiner Ursprungszeit entwickelt wurden. Das heißt aber, sich in eine Stämmegesellschaft zurückzuversetzen, die eben ihre Rechtsordnung nicht vom Römischen Reich, sondern damals notwendigerweise von der Religion übernehmen musste. Jetzt könnte man denken, dass Islamgelehrte die westlichen Verfassungen daraufhin untersuchen, ob sie mit dem Koran kompatibel sind. Aber da steht die wörtliche Auslegung dagegen und die heißt eben, dass der Islam mit der damaligen Stämmegesellschaft kompatibel ist. Wörtliche Auslegung heißt dann konsequenterweise Wiederherstellung dieser Gesellschaft. Genau das wollen ja die Salafisten.

Für den Rechtsstaat gibt es einen weiteren Klärungsbedarf.

Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft besagt in einem Verfassungsstaat mit Personalausweis und Steuernummer eine nach außen ausgewiesene Mitgliedschaft. Das ist ja die Errungenschaft der us-amerikanischen Staatsgründung, dass die Staatszugehörigkeit nicht mehr über die Religionszugehörigkeit entscheidet. Das galt zwar für Mitteleuropa auch für die Zeit nach dem Westfälischen Frieden, war aber faktisch mit erheblichen Diskriminierungen verbunden. So sind die Vereinigten Staaten vorrangig von Religionsflüchtlingen gegründet. Diese Trennung von Staatszugehörigkeit und Religionszugehörigkeit kennen muslimische Länder nicht. Für die islamischen Länder gibt es keinen formellen Eintritt in die muslimische Religionsgemeinschaft und schon gar nicht die Möglichkeit, diese Zugehörigkeit aufzugeben. Genau diese Praxis führt die Bundesrepublik grundgesetzwidrig fort. Wer aus einem muslimischen Land kommt, wird als Mitglied dieser Religion behandelt, ob er will oder nicht

Für die Politik und noch mehr für die christlichen Kirchen ergeben sich konkrete Aufgaben:

Islamunterricht im Rahmen der Verfassung als Lebensform: Die Islamgelehrten müssen sich der Frage stellen, ob das Grundgesetz mit dem Koran vereinbar ist. Nur diejenigen, die das nicht nur bejahen, sondern auch aus dem Koran begründen, können in diesem Land verantwortungsvoll für Muslime predigen, Koranunterricht halten und die muslimischen Gesetze auslegen. Von den Pfarrern der christlichen Kirchen wird das selbstverständlich erwartet. Wenn diese Klärung unterbleibt, muss sich die Ablehnung des säkularen Verfassungsstaates in Widerstand gegen diese Ordnung verwandelt.

Die christliche Theologie ist zur Auslegungsfrage des Koran gefordert: Die christlichen Theologen können sich nicht länger von der Aufgabe dispensieren, die Fragen der Auslegung zu klären. Sie sind es dem Islam sogar schuldig, da ja die christlichen Konfessionskriege nicht ohne die Theologen so lange gedauert hätten. Jeder Anflug von Überheblichkeit verbietet sich angesichts der eigenen Geschichte.

Islamwissenschaft ist kein Orchideenfach mehr
die Maßgabe, den Koran wörtlich auszulegen, ist erst eine neuere Entwicklung. In der Blütezeit des Islam, als der christliche Westen von dem Ideentransport der Sarazenen profitierte, wurde innerhalb des Islam um diese Fragen gerungen. Diese Tradition wird wegen der Vorherrschaft der wörtlichen Auslegung innerhalb des Islam nicht ins Gespräch gebracht. Die Forschungsergebnisse der Islamwissenschaft müssen endlich in den politischen Dialog eingebracht werden.

Einschreibepflicht auch für Muslime: Die grundgesetzwidrige Praxis deutscher Behörden, Zuwanderer aus muslimischen Staaten als Angehörige der muslimischen Glaubensgemeinschaft zu registrieren, ist zu unterbinden. Der Staat kann die Religionszugehörigkeit nicht feststellen, sondern nur das einzelne Individuum. Faktisch machen das aber die deutschen Behörden für Flüchtlinge aus muslimischen Ländern. Soll diese Praxis geändert werden, erfordert das wahrscheinlich, die Moscheegemeinschaften wie jüdische Kultusgemeinden oder wie die einzelnen protestantischen Gemeinden in Bremen zu behandeln, als eigenständige Größen, die letztverantwortlich für ihre Religion fungieren. Diese können sich zusammenschließen, der Zusammenschluss wäre aber nur Interessenvertretung und nicht mit einer Landeskirche oder Diözese vergleichbar.  Muslim wäre dann, wer sich als Mitglied einer Moscheegemeinschaft eintragen lässt. 

Die Parteien, nicht nur die Regierung sind gefragt
Inwieweit eine Partei, die demnächst im Bundestag vertreten ist, tatsächlich auf dem Boden des Grundgesetzes steht, entscheidet sich für die im Bundestag gewählten Parteien nicht zuletzt an diesen Fragen. Es ist doch ein eigenartiger Staat, der von seinen Bürgern verlangt, die Freiheitlich-demokratische-Grundordnung zu bejahen, Parteien, die das nicht tun, verbietet, Menschen von der Beamtenlaufbahn ausschließt, zugewanderte Muslime aber davon ausnimmt. Das Parlament, das Sonderrechte einräumt, tut den Muslimen damit keinen Gefallen.

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Kategorie: Religion

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