Jesus hat im Abendmahlssaal nicht erklärt, wie er in dem Brot gegenwärtig sein will. Deshalb brauchen die Gläubigen, die zur Kommunion gehen, eine Vorstellung, wie sie die Hostie empfangen sollen. Diese ist ja nicht mehr bloß ein Stück Brot. Seit dem Mittelalter erklären die Theologen, dass es nur äußerlich Brot und Wein geblieben ist, in der Substanz es Leib Christi ist. So hat es Jesus selbst gesagt: „Das ist mein Leib,“ – „das ist mein Blut“. Es geht also darum zu erklären, was mit dem Brot geschehen ist. Dafür helfen auch physikalische Modelle. Im Mittelalter hatte man das Modell „Substanz und Anhängsel, Akzidentien“. Das Brot selbst und seine Erscheinungsweise – Farbe, Körnigkeit, Geschmack. Diese, so das physikalische Weltbild des Aristoteles, auf das sich das Mittelalter stützte, „hängen“ sozusagen an der Substanz, die Substanz ist Träger dieser Eigenschaften. Die Physik ist inzwischen sehr viel weiter in das Innere der Materie vorgedrungen und stellt sich heute die Materie nicht mehr als kleine Kügelchen vor, sondern verbindet Materie und Energie. Die Atombombe könnte man mit dem Substanz-Modell nicht erklären. Inzwischen sieht man die Energie sogar als die „Grundsubstanz“ an. Unser Weltall ist aus einem Energieblitz entstanden. Materie, so die Erklärung der Physik, entsteht in der Weise aus Energie, dass ein Feld, das sich durch das ganze Weltall erstreckt, die Energie bremst, so dass sie sich nicht mehr mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Higgs-Feld wird es nach einem englischen Physiker benannt. Energie ist als Welle präsent. Hier liegen neue Bilder bereit. Wenn Energie, dann eine Vorstellung, die vielleicht näher an die Gegenwart Jesu in der Hostie heranführt.
Mehrere Bilder, die nur Modelle bleiben
Das mittelalterliche Substanz-Modell erklärt weiterhin, dass die Hostie die Gestalt des Brotes behält, aber im Kern etwas Anderes geworden ist. Das soll nicht daran hindern, die Hostie mit den heutigen Modellen ebenfalls von einem einfachen Stück Brot zu unterscheiden. Neue Erkenntnisse werden auch neue Zugänge zum Verständnis der Eucharistie erschließen. Vielleicht sind auch Vergleiche aus der Biosphäre hilfreicher. Jesus hat in seinen Gleichnissen fast immer Beispiele aus der Natur herangezogen. Was auch von den Gleichnissen Jesu auf jeden Fall übernommen werden sollte: Es braucht mehrere Bilder, Modelle, die sich ergänzen. So hat Jesus das kommende Reich Gottes einmal mit einer Perle verglichen, dann mit einem Senfkorn, weiter mit der Aussaat von Getreide. Da keine Vorstellung das trifft, was Jesus mit seiner Gegenwart im Brot gemeint hat, sollten man mehrere Bilder nutzen.
Mit der Gegenwart Jesu rechnen
Mehrere Bilder legen sich auch deshalb nahe, weil Jesus nicht nur in Brot und Wein gegenwärtig sein will. Er geht mit den Missionaren bis ans Ende der Welt, begegnet uns in dem Gemobbten, dem Kranken, dem Hungrigen – im Nächsten. Er verspricht, unter denen zu sein, die sich in seinem Namen versammeln. Auch in dem Evangelientext, der vorgelesen wird,wird er als gegenwärtig erfahren. Und in besonderer Weise in Brot und Wein, wenn diese in einem Gottesdienst vom Zelebranten besonders herausgehoben werden. Das Verständnis dieser Gegenwart bestimmt auch zu einem guten Teil Rolle und Funktion derjenigen, die die Worte Jesu über Brot und Wein sprechen.
Was tut der Priester in der Messe?
Die Bibel erklärt nicht, in welcher Weise Jesus in Brot und Wein gegenwärtig ist. Wenn die Hostie und der Wein im Kelch nicht mehr Nahrungsmittel sind, müssen die Gläubigen eine Vorstellung entwickeln, was passiert. Auch für die Priester ist dieses Verständnis entscheidend. Da nicht der Priester bestimmt, was seine Aufgabe ist, sondern sich seine Rolle wesentlich von der Eucharistie herleitet, bestimmt das Verständnis der Eucharistie seine besondere Aufgabe. Wenn die konsekrierte Hostie, über die der Priester die Worte Jesu gesprochen hat, nicht ein Stück Brot geblieben ist, das im Namen Jesu verteilt wird und so an dieses letzte gemeinschaftliche Mahl vor seiner Hinrichtung nur erinnert, sondern seine reale Gegenwart hier und jetzt bezeichnet, gehören Priestertum und Eucharistie eng zusammen.
In diesem Beitrag geht es um die Gegenwart Jeus in Brot und Wein, in einem nächsten wird die Rolle des Priesters von der Eucharistie her aufgerollt. Hier kurz seine Funktion: Er sagt, „was schon ist“, wie der Staatspräsident, der ein Gesetz nur unterzeichnet, das bereits vom Parlament beschlossen wurde.
Neue Verständigung unter den Konfessionen notwendig
Was ist dann zu glauben? Darüber erzielen die Kirchen des Westens seit Jahrhunderten keine Übereinstimmung. Einige Kirchen feiern gar kein Abendmahl mehr, wohl auch, weil die Frage, was da „passiert“, nicht so beantwortet werden kann, so dass alle mit-feiern können. Auch in der Katholischen Kirche, die die Eucharistie besonders herausgehoben hat, bröckelt die Teilnahme am Sonntagsgottesdienst. Um uns der Frage der Gegenwart Jesu in der Hostie neu zu nähern, können andere Worte Jesu, in denen er Gegenwart verspricht, das Verständnis erleichtern
Jesus ist spricht von seiner Gegenwart als „Macht
"Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel
und auf der Erde. … Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der
Welt.“ Matthäus 28, 18+20
Das sagen andere Menschen nicht. Auch wenn Verstorbene wie Jesus nach ihrem Tod ihren Angehörigen erscheinen und sich in einem Lichtglanz zeigen, kehren sie in ihre neue Welt zurück, ohne etwas Besonderes zu versprechen oder einen Auftrag zu erteilen. Sie sagen auch nicht, dass sie unter den Hinterbliebenen sind, wenn diese sich z.B. an ihrem Grab treffen. Das nimmt man auch nicht von jemandem, z.B. von Platon an, dessen Texte in einem Seminar gelesen und besprochen werden. Es gibt also eine Gegenwart Jesu, die anders ist als die anderer Verstorbener.
Die Worte über Brot und Wein gehören in eine Feier
Das Abendmahl, die Messe wird mit Jesus gefeiert. Jedoch nicht erst bei der Wandlung, wenn der Priester die Worte Jesu über Brot und Wein spricht, sondern schon mit dem Beginn des Gottesdienstes begrüßen die Gläubigen Jesus mit dem Kyrie-Ruf, so wie der römische Kaiser beim Einzug in eine Stadt begrüßt wurde. Jesu Leben bis hin zu seiner Auferstehung ist Thema. Wenn Jesus so bei seinen Jüngeren und Jüngerinnen ist, dann erst einmal durch seine Worte und die Erinnerung an seine Lebensgeschichte. Deshalb gehört in jede Eucharistiefeier eine Passage aus einem der vier Evangelien. Etwas ist jedoch anders, wenn nach der Predigt und den Fürbitten die Aufmerksamkeit den Gaben von Brot und Wein gilt:
Als Jesus im Abendmahlssaal gesagt hat: "Dies ist mein Leib", dann stand er selbst für die Geltung, dass ein Stück Brot nicht mehr der Sättigung dient, sondern Gemeinschaft, größtmögliche Verbundenheit mit ihm: "Esst von dem Brot, dann habt ihr mich." Dass das etwas Besonderes ist, wird im Vergleich mit dem Islam deutlich. Dieser feiert die Gegenwart Gottes in den Suren des Korans. Gott ist durch seine Ansprache an die Menschen gegenwärtig. Die Muslime können nicht direkt sagen, dass Allah wie Jesus mitten unter der Gemeinde ist, die sich in der Moschee versammelt hat.
Größtmögliche Nähe, nicht mehr Lebensmittel, Eucharistie heißt Gemeinschaft
Dann muss sich Jesus nicht nur wie Brot mit mir verbinden. Es muss geistig in Bezug auf meine Seele etwas passieren. Daher auch die berechtigte Frage: Erlebe ich etwas, das mir das Besondere der Hostie zeigt. Dazu ein erster Punkt:
Eucharistie bewirkt Gemeinschaft. Erstaunlich ist ja, dass trotz aller, durch menschliche Schwäche verursachten Kirchenkrisen die Eucharistie immer noch die Gläubigen versammelt. Das eine Brot, das von allen gegessen wird. Das entspricht dem Auftrag Jesu, der mit diesem Mahl im Gedächtnis nicht nur eines Einzelnen, sondern der Gemeinde, der ganzen Kirche bleiben will.
Das Lebensmittel wird zu einer Begegnung im Geiste
Wenn es ohne die geistige Ebene nicht geht, passiert etwas an der Hostie, welches dann auch bleibend ist, so dass die konsekrierte Hostie zu den Kranken gebracht und im Tabernakel aufbewahrt werden kann, um davor zu beten. Die Mystik eines Kirchenraumes wird nicht zuletzt durch den Tabernakel geprägt, vor dem eine Kerze in einem roten Glas brennt, so dass die Beter wissen, dass Jesus in der Hostie in besonderer Weise gegenwärtig ist.
Konnten frühere Generationen sich das noch gut vorstellen, verlangt das naturwissenschaftliche Denken, dass das irgendwie empirisch nachgewiesen werden muss. Solche Nachweise hat das Mittelalter gesehen, wenn die Hostie sich veränderte oder, wie in Walldürn, sich ein Tuch rot färbte, als dem Priester der Kelch mit Wein umgefallen war. Solche Zeichen überzeugen heute nicht mehr. Aber die Physik hat unsere Vorstellungen geweitet. Wir können Materie und Geist näher zusammendenken. Mit der heutigen Physik kommen wir sogar näher an das Verstehen, wie Jesus in vielerlei Weise gegenwärtig ist, in besonderer Weise in der Hostie.
Die Naturwissenschaften stellen neue Modelle bereit
Bisher wurden die Naturwissenschaften als bedrohlich für den Glauben erlebt. Vielleicht liegt aber gerade in den neuen Erkenntnissen dieser Wissenschaften ein besserer Zugang zu einem Verständnis der Gegenwart Jesu, der Gegenwart des Sohnes Gottes, anders als es im 19. Jahrhundert oder im Mittelalter möglich war. Die Suche nach solchen Modellen entspricht der Überzeugung, dass Gott in den Werken seiner Schöpfung erahnt werden kann. Das spricht dafür, die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte zu befragen, weil diese mit der Quantenphysik sehr viel näher an die Materie herangeführt haben. Im Mittelalter haben die Theologen mit der aristotelischen Physik erklären können, warum die konsekrierte Hostie sich äußerlich nicht verändert, aber in ihrer "Substanz", in ihrem Eigentlichen die Seele berührt, weil sie nicht ein Nahrungsmittel geblieben ist. Heute bieten sich weitere Vorstellungen an, um die Gegenwart Jesu in Brot und Wein von dem äußeren Erscheinungsbild des Brotes zu unterscheiden. Eines ist die Radiowelle, sie ist überall da, muss aber ausdrücklich gemacht, hörbar gemacht werden.
Die Feldtheorie der Physik
Wie Lichtstrahlen und elektrische Energie stellen sich Radiosignale als Welle dar. Wir messen Energie auch nicht mit der Waage, sondern als elektrische Spannung, die man durch ein Kabel leiten kann, das nicht ein Rohr ist. Energie, z.B. in Form von Licht oder von Radiowellen, ist nicht wie der Mensch durch seinen Körper an einen festen Raumpunkt gebunden, sie kann sich ausbreiten, so dass ich mich sogar mit dem Auto durch die Radiowellen hindurch bewegen und jeweils eine Welle abrufen kann, um sie über Transistor und Lautsprecher hörbar zu machen. Dafür wird das Bild eines Feldes gebraucht, in dem sich die Welle ausbreitet. Inzwischen ist auch für die Materie im ganzen Weltall ein solches Feld experimentell nachgewissen. Es wird nach einem Physiker, der das vorausberechnet hat, Higgs-Feld genannt. Dieses ist über den ganzen Kosmos ausgedehnt. Dieses Feld bewirkt, dass sich die Energien nicht alle mit Lichtgeschwindigkeit verbreiten, sondern lässt Energie sozusagen gefrieren. Wenn das schon im physikalischen Bereich möglich ist, umso eher im Geistigen. Bereits unser Geist ist nicht wie der Körper an einen Raumpunkt gebunden, sondern kann sogar über diesen Kosmos hinaus etwas denken, was mit dem Instrumentarium der Naturwissenschaften nicht mehr erreicht werden kann. Z.B. kann sich der Geist einen anderen Kosmos vorstellen, der prinzipiell aus diesem Kosmos heraus nicht dingfest gemacht werden kann, weil er z.B. anderen physikalischen Gesetzen unterliegt.
So wie die Radiowelle da ist, wenn ich durch das Sendegebiet fahre, so auch der Geist Gottes. Damit ich aber die Worte und die Melodien hören kann, braucht es eine Antenne und dass der Transistor eingeschaltet wird, um die Antennensignale über den Lautsprecher hörbar zu machen. Mit der Vorstellung einer Gegenwart, so wie die Stimme der Nachrichtensprecherin im Sendegebiet überall da ist, könnte man sich die Gegenwart Jesu vorstellen, die dann mit dem Brot und dem Wein auf einen Raumpunkt gebracht wird. Das Medium dafür ist nicht die Kirche und auch nicht die Versammlung der Gläubigen, sondern der Heilige Geist. In diesem Geist ist Jesus überall gegenwärtig. Weil er Mensch geworden ist, in “Fleisch und Blut“, gehört zu seiner Gegenwart auch weiterhin das Körperliche. Menschwerdung, Inkarnation, wörtlich „Fleischwerdung“, unterscheidet die Abendmahlsfeier dann auch von Gottesdiensten, die aus Worten und Liedern zusammengefügt werden.
Die Feldtheorie bleibt nur ein Bild
Die Radiowellen als Vergleich für die Gegenwart Jesu an jedem Ort ist nur eine Vorstellung, sie gibt nur eine Idee, wie die Nähe, die Christus seinen Jüngern versprochen hat, sich aktualisiert. Wir müssen uns nicht auf dieses Bild versteifen, sondern sollten es als Vorstellungshilfe nutzen.
Was ist zu glauben: Es bleibt weiterhin Glaube notwendig, um sinnvoll an einer Eucharistiefeier teilnehmen und die Hostie empfangen zu können. Der Glaube, der Jesus überall, wo sich Menschen in seinem Namen zusammenfinden, gegenwärtig sieht, wäre die Basis. Auch begegnet Jesus in jedem Armen, Kranken, Verzweifelten. Dieser umgreifende Glaube hat dann nicht so große Schwierigkeiten, Jesus in dem Gedächtnismahl anwesend zu erfahren, so wie er mit den beiden Jüngern in Emmaus das Brot gebrochen hat. Nur spricht nicht mehr er die Worte über Brot und Wein, sondern ein Priester oder jemand, der für diesen Ritus beauftragt ist.
Damit liegt das Thema eines weiteren Beitrags auf der Hand: Was tut der Priester in der Eucharistiefeier? Hier zum Beitrag: Keine Eucharistiefeier-keine Priester-nicht umgekehrt
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!