Ihre Forderung ist in einem Interview mit Kirche und Leben, der Zeitung des Bistums Münster, zu finden. Wenn die Präsidentin im Folgenden von Mandatsträger:innen spricht, sind Ämter in der Katholischen Kirche und nicht die Mitgliedschaft in politischen Körperschaften gemeint.
„Wenn AfD-Mitglieder als Mandatsträger:innen kandidieren, muss deshalb geprüft werden, ob eine solche Kandidatur abgelehnt werden kann. Es ist das absolute Minimum, ein Bekenntnis zu christlichen Werten und zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gezielt abzuprüfen und eine Wahl an dieses individuelle Bekenntnis zu binden, sodass bei einer Zuwiderhandlung eine Abwahl begründet werden kann. Im Kern ist die Unvereinbarkeit von AfD-Mitgliedschaft und Übernahme eines kirchlichen Amtes als Maßstab." Link zum Beitrag s.u.
Das klingt amtlich und passt nicht in die Gründungsidee des Zentralkomitees der Katholiken, das aus der Demokratiebewegung 1848 hervorgegangen war. Die vom Paulskirchenparlament durchgesetzte Versammlungsfreiheit hatte die Gründung von über 1.000 katholischen Vereinen geführt, für die das Zentralkomitee als Koordinierungs-Plattform eingerichtet wurde. Diejenigen, die in einem der Verbände oder in Gremien zur Wahl stehen, wie auch Hauptamtliche in der Seelsorge, sollen wohl überprüft werden. Können Bischöfe das zulassen, so lange die Partei nicht verboten ist? Sie haben einen Eid auf die Verfassung geschworen. Der Bischof von Essen macht unter konservativen Katholiken AFD-Wähler aus, greift aber nicht zu Überwachungsideen.
Kontrolle, die zur Überwachung führt
Das ist die institutionelle Seite. Man siebt die AFD-Sympathisanten aus, steht nicht nur politisch korrekt da, sondern bewahrt die eigene Organisation vor schlechtem Einfluss. Dieses „metaphysische“ Reinheitsideal liegt in der Dynamik des Religiösen, wurde allerdings von Jesus durchbrochen. Wenn er sich von Zöllnern hat einladen lassen, dann waren das nicht Beamte, wie wir sie kennen, sondern Steuereintreiber der römischen Besatzungsmacht, die nicht wenig von dem eingetriebenen Geld behalten und damit große Festmähler finanzieren könnten. Hat Frau Stetter-Karp keine anderen Ideen als eine weitere, durch Bürokratie zu gewährleistende Maßnahme. Ist Kirche auf die Mittel angewiesen, die der Staat einsetzen muss. Wo bleibt das Vertrauen, mit der katholischen Soziallehre zu überzeugen. In diese Richtung geht die Überschrift über dem Interview: „Rechtsruck in Deutschland – was die Gesellschaft braucht. Sie braucht offensichtlich ein anderes Zentralkomitee.
Rückzug aus der Gesellschaft – mehr Platz für die AFD
Offensichtlich braucht die Katholische Kirche Abschirmung gegen die Einflüsse der AFD. Das oberste katholische Laiengremium hat sich einmal als bewegende Kraft nicht primär in der Kirche, sondern in der Gesellschaft verstanden. Bis zu ihrer Aufhebung durch die nationalsozialistische Regierung hatten die Katholiken in der Zentrumspartei einen politischen Arm und nach dem Krieg in der CDU, in der frühere Zentrumsmitglieder politische Verantwortung übernahmen, so Konrad Adenauer. Das Zentralkomitee hat sich weitgehend aus dieser Verantwortung zurückgezogen und versteht sich eher als die Vertretung der Gläubigen gegenüber den Bischöfen, die als Amtskirche gesehen werden. Damit erscheint es logisch, die Kirche abzuschirmen, anstatt, wie der Artikel verspricht, Initiativen in die Gesellschaft hinein zu entwickeln.
Die AFD besetzt Räume, die Katholiken früher mit anderen Ideen beackerten
Trifft nicht die Katholische Kirche und hier gerade die Laien eine Mitschuld? Wenn man einen Synodalen Weg nur durch die Themenfelder Sexualität, kirchlicher Missbrauch von Macht und Sexualität sowie Stellung der Frau in der Kirche bahnt und alle anderen gesellschaftspolitischen Fragen umgeht, kann man auch zu dem Thema „Rechtsruck“ wenig bewirken. Vor allem hätte man längst wirkungsvolle Konzepte als das der Überwachung entwickeln müssen. Zudem hat der Laienkatholizismus seine Einflussmöglichkeiten in die Gesellschaft hinein weitgehend verloren. Man kann nur noch die Sprecher dieser Partei aufs Korn nehmen. Aber ist eine Kirche nicht für die Leute, also für die Wähler, da. Und da könnte man aus den umliegenden Ländern wissen, dass Populismus die Reaktion auch auf Regierungsversagen ist. Die folgende Aussage von Stetter-Karp werden von der Mehrheit der Bevölkerung und wohl auch der Katholiken nicht mehr geteilt:
„Die These einer erschöpften Gesellschaft teile ich nicht. Wir können zufrieden sein, wie Deutschland im internationalen Vergleich die Pandemie bewältigt hat und im Vergleich zu den Ländern des Südens tragen wir bezüglich Kriegs- und Klimafolgen relativ gesehen bisher die kleineren Lasten."
Viele wählen doch die AFD nicht wegen der scharfen Parolen ihrer Sprecher, sondern als Reaktion auf die Regierung, der auch über 70% der Beamten nicht mehr zutrauen, mit den Problemen fertig zu werden. Das immer weitere Rücken nach Rechts kommt wohl nicht auf Druck der Wähler zustande, sondern entspringt aus Dynamiken innerhalb der Partei, von denen, die verstehen, sich in der Partei durchzusetzen. Wenn diese Diagnose zutrifft, werden die Wähler nicht dadurch erreicht, dass man die Sprecher der Partei angreift. Es hilft auch nicht, Ausländerfreundlichkeit den zu predigen, die Integration von so Vielen nicht mehr für möglich halten. Es müssen vor allem diejenigen die Integration leisten, die an schlecht bezahlten Arbeitsplätzen tätig sind. Nicht Frau Stetter-Karp artikuliert die Ängste und Resignation dieser Bevölkerungsgruppen, sondern Frau Weigel. Ich würde auf eine Rede im Bundestag aufmerksam gemacht, durch die sich Viele verstanden fühlen. Link s.u.
Die AFD spricht für viele Enttäuschte
Es sind doch wahrscheinlich mehr als 50% der Deutschen, die nicht wenigen Teilen der Rede zustimmen. Sie wählen deshalb nicht alle die AFD, wohl aber der immer größer gewordene Teil der Bevölkerung, der von Abstiegsängsten besetzt ist. Dass die Menschen, sofern sie für die Kirchensteuer veranlagt werden, diese Zahlung nicht mehr leisten können, weil sie das Geld für die Energiekosten und Lebensmittelpreise brauchen. Denn ein entscheidender Faktor für die Wahlerfolge nationalistischer Parteien in Europa ist die ungleiche Verteilung der Gewinne aus der Globalisierung. Wer nur die höhere Arbeitsbelastung, die mit dem größeren Konkurrenzdruck und der Digitalisierung zu verkraften ist, zu spüren bekommt, ohne von dem wirtschaftlichen Erfolg etwas abzubekommen, wendet sich von den Parteien ab, die sich eher für die Gewinner einzusetzen scheinen. Eine Erhöhung des Mindestlohns reicht nicht, es bleibt ein Mindestlohn für zu Viele. Alle Wohltaten des Sozialministers oder der Familienministerin haben den Makel, bloß Almosen zu sein. Die katholische Soziallehre verlangt einen angemessenen Lohn. Auch die Gewerkschaften tragen zum immer weiteren Auseinanderklaffen der Einkommen bei. Lohnerhöhungen in Prozent spülen denjenigen mehr in das Portemonnaie, die schon ein hohes Gehalt beziehen. Lohnerhöhungen wirken psychologisch anders als Sozialleistungen, nämlich am Wirtschaftswachstum beteiligt zu werden.
Eine Strategie für die Integration braucht Gruppen vor Ort
Der Laienkatholizismus hatte einmal Verbände und Gremien, über die er viele Mitglieder erreichen konnte. Wo sind die Katholiken fremder Muttersprache in den Pfarrgemeinderäten und Gruppen, so wie früher die Katholiken bei Kolping, der Frauengemeinschaft u.a. Gruppierungen Solidarität und Beheimatung gefunden haben? Es genügt nicht, dass die Gemeinde sich zum Sonntagsgottesdienst versammelt. Es fehlt der persönlich Austausch, andere kennenlernen, dazu zu gehören, nicht bloß weil der Pfarrer einen begrüßt, sondern will man in einer Gruppe willkommen ist. Die Pfarrgemeinderäte halten Sitzungen ab, aber keine Zeltlager, keine Wallfahrten, keine Dritte Welt Aktionen, noch bringen sie Chöre auf die Beine. Nicht die gutgemeinten Forderungen bewirken Integration, sondern gemeinsam etwas machen und dazu die Katholiken aus dem Ausland gezielt einladen. Dann würde wenigstens den Katholiken die Angst vor Überfremdung genommen.
Eine kritische Frage am Ende: Gibt es nicht Parallelen zwischen der Rolle, die das Zentralkomitee in der Kirche einnimmt und der der AFD in der Politik. Ich kenne aus meiner Studienzeit ein anderes Zentralkomitee, das mit seinen hoch-kompetenten Mitgliedern der Kirche in schwierigen Problemen geholfen hat. Wer die Hilfen sucht, die der mehrheitlich von Laien besetzte Synodale Weg in den letzten Jahren für die Bewältigung der Missbrauchskrise entwickelt hat, sei das Studium von dessen Dokumente empfohlen. Wenn Stetter-Karp das verlorene Vertrauen in die Demokratie beklagt, kann man doch das Gleiche von der Katholischen Kirche sagen. Es hängt dann von der Reaktion der Mitglieder, der Bevölkerung ab: Wenn man nur von unhaltbaren Zuständen hört und keine Bereitschaft entwickelt, Ideen für eine Veränderung nicht nur zu fordern, sondern selbst zu verwirklichen, ist man doch bei dem, was mit Recht der AFD vorgeworfen wird. Krisen bewältigt man nur durch Zusammenstehen und dass man den Beteiligten zutraut, aus der Krise herauszuwollen. Bischof Overbeck beschreibt die Mechanismen. Ob allerdings konservative Katholiken ein Reservoir für die AFD sind, müsste geprüft werden. Lin s.u.
Das Interview mit Frau Stetter-Karp AFD-Mitglieder dürfen kein kirchliches Amt bekommen
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