Anlässlich der Weltsynode 2024 haben die Online-Portale www.explizit.net und www.kath.de eine Artikelserie zum Thema "Synodalität von Kirche" gestartet.
Johannes Norpoth ist Mitglied des Betroffenenbeirates bei der Deutschen Bischofskonferenz und ZdK-Mitglied.
1. Am 27. Oktober werden in Rom die Beratungen über die Synodalität der (Welt-) Kirche enden. Wie bewerten Sie die bisherigen Beratungen in der Generalversammlung oder in den Arbeitsgruppen? Welche Themen haben aus Ihrer Sicht Vorrang? Welche Themen fehlen?
Norpoth: Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Weltsynode wirklich spürbare Impulse für den weiteren Weg zu einer synodalen Kirche setzen wird. Ich bedauere, dass in Rom hinter den verschlossenen Türen in der Synodenaula getagt wurde. Ein wesentliches Element sollte doch der offene Dialog um den richtigen Weg sein und der kann und muss doch heute mehr denn je im offenen Diskurs und nicht im stillen Kämmerlein geführt werden. Insofern geht meine Bewertung auch weniger auf einzelne Themen, sondern auf das grundsätzliche Setting. Wenn ich beispielsweise Themen von der Tagesordnung nehme, obwohl diese in der kontinentalen Phase der Weltsynode nahezu weltweit als relevant und wichtig definiert wurden, dann steht das für mich gegen den an so vielen Stellen postulierten Anspruch einer synodalen Kirche.
Insofern will ich es sehr offen formulieren: Es bleibt einfach abzuwarten, inwiefern die kommenden Monate und Jahre zeigen werden, ob sich diese Kirche in Rom wie in den Ortskirchen tatsächlich auf einen wirklich von Synodalität getragenen Weg machen wird. Ich gebe offen zu: Meine Zweifel werden an dieser Stelle zunehmend größer, aber ich will auch gerne ergebnisoffen die weitere Entwicklung abwarten.
2. "Die Machtfrage ist gestellt. Die, die Macht haben können an Legitimität gewinnen, wenn sie Macht teilen", hat Prof. Thomas Söding vom ZdK gegenüber www.kath.de gesagt. Inwieweit hat die Weltsynode 2024 aus Ihrer Sicht diese Thematik aufgegriffen und sind hier strukturelle Veränderungen zu erwarten, die zukünftigen Missbrauch verhindert?
Norpoth: Die Synodalen mögen das Thema Macht und Gewaltenteilung aufgegriffen haben, entweder im direkten Diskurs in der Synodalaula oder in den vielen Gesprächen und Veranstaltungen, die in den letzten Wochen in Rom stattgefunden haben. Merk- und Spürbar hat man aber einen großen Bogen um das Thema Missbrauch gemacht und da ändert auch die große Vergebungsbitte zu Beginn der zweiten Plenarphase der Weltsynode nichts. Wenn das Themenfeld aus der gesamten Diskussion herausgehalten wird, wenn die Gruppe der Betroffenen in der Auswahl der Synodalen nicht berücksichtigt wird, wenn das alles also nicht Gegenstand der Beratungen wird, dann wird die Bußvigil zu einem schlechten Schauspiel aber nicht Ausdruck einer beschämten und bußbereiten Haltung.
Insofern sehe ich aktuell keine Gründe, warum ausgerechnet diese Weltsynode einen aktiven Beitrag zur Verhinderung von Missbrauch, geschweige denn zu Aufarbeitung und betroffenenorientierter, tätiger Reue leisten kann bzw. wird. Hier wird es darauf ankommen, mindestens in Deutschland die strukturellen Dinge auf den Weg zu bringen, die zu Macht und Gewaltenteilung und auch zu einer nachhaltigen Reduzierung der systemischen Risiken, die sexualisierte Gewalt fördern, kommen wird.
3. Welche Impulse erhoffen sie sich von der Weltsynode 2024 für die kath. Kirche in Deutschland und welche Schritte zu einer synodaleren Kirche sollten in Deutschland auf die Weltsynode folgen?
Norpoth: Es bleibt die Hoffnung, dass der mit dem Synodalen Weg beginnende Prozess nicht durch die römischen Hardliner beschränkt wird, sondern im Sinne einer wirklichen Synodalität die Erfahrungen und Überlegungen in Deutschland offen und vorbehaltlos gehört und im Dialog weiterentwickelt werden.
Vielleicht ist ja die Weltsynode dazu der Startpunkt - ich hoffe das zumindest!
Das Interview führte Christian Schnaubelt, Chefredakteur und Herausgeber von www.kath.de.
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!