Der Natur- und Rechtsphilosoph Robert Spaemann hat in seinem jüngsten Interview im Spiegel gesagt: "Der Anspruch auf Wahrheit ist selbst schon politisch unkorrekt, weil man ihm unterstellt, die Gleichberechtigung des anderen nicht anzuerkennen. Damit wird aber auch die Toleranz bedeutungslos, denn sie muss einen Grund haben, der nur in der Achtung der Würde des anderen bestehen kann. Dazu gehört, ihm die Wahrheitsfähigkeit zuzusprechen.“ Er widerspricht damit vehement auch einem modernen Diktum, das besagt, dass die Religionen erst dann friedensstiftend wirken könnten, wenn sie ihren Wahrheitsanspruch aufgäben.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. mit seinem bischöflichen Leitspruch „Mitarbeiter der Wahrheit“ stellte sich ebenfalls dagegen: Nicht bloß in seiner Theologie, sondern gerade wenn er sehr philosophisch wurde. Er erkannte eine notwendige Verbindung zwischen der Suche nach Wahrheit und der Freiheit: „Die Wahrheit kann nur in der Freiheit erkannt und gelebt werden“, steht in seinem Nachsynodalen Schreiben „Ecclesia in Medio Oriente“.