Foto: Angelika Kamlage

Spiritualität und Fotografie - wie passt das zusammen?

Ein "3 Fragen an "- Interview mit Angelika Kamlage - Geistliche Begleiterin, Coach und Fotografin - aus dem Bistum Rottenburg - Stuttgart über Fotografie, Spiritualiät und "Auszeiten mit der Kamera".

Frage 1: Spiritualität und Fotografie – wie passt das aus Ihrer Sicht zusammen? Und was macht spirituelle Fotografie eigentlich aus?

Fühlen. Sehen. Klick. -  Das beschreibt kurz und knapp, worauf es in den Foto-Exerzitien ankommt. Klassisch dokumentiert ein Foto eine Situation, ein Naturphänomen oder Menschen für die Nachwelt. Bei den Foto-Exerzitien lasse ich mich auf mich und meine Gefühle ein. Was sagt mir mein Herz? Wohin zieht es mich? Das Herz fühlt. Die Augen sehen. Erst dann macht es klick.

Das Fotografieren ist eine wunderbare Chance zu entschleunigen. Wenn ich mich ganz auf meine Suche und mein Motiv einlasse und dabei eintauche in die Welt, die mich umgibt, dann entstehen Bilder voller Leben.

Die Kamera in der Hand eröffnet die Möglichkeit, ganz neu, ganz anders das eigene Denken und Fühlen auszudrücken.

Ich sehe, was ich sonst nicht sehe... um mich herum und in mir drin.
Mit der Fotografie entdecke ich die kleinen und großen Kostbarkeiten, an denen ich sonst vorbeigegangen wäre.

Frage 2: Sie bieten Foto-Exerzitien an verschiedenen Orten an, unter anderem auf der Nordseeinsel Wangerooge. Was ist das besondere an der „Auszeit mit der Kamera“?

Die Foto-Exerzitien finden in alten Klostermauern, in turbulenten Stadtzentren, an stillen Seen und auch auf ostfriesischen Inseln statt. In diesem Jahr (2021) bieten mein Kollege Christian Schnaubelt und ich erstmals eine Foto-Auszeit auf der Insel Wangerooge an.

Foto-Exerzitien sind eine Zeit der Stille in der Gegenwart Gottes. Sie bieten die Möglichkeit, mit der eigenen Kamera dem Herzen zu folgen, sich auf verschiedene Motive einzulassen und das Foto auf sich zukommen zu lassen. Loslassen, was antreibt. Loslassen aller Gedanken. Annehmen, was geschenkt wird.
Die Insel bietet ideale Bedingungen, ganz bei sich selbst zu sein. Die Teilnehmer:innen betreten die Fähre und lassen den Alltag hinter sich. Auf der Insel selbst ist alles anders: alles etwas ruhiger – alles etwas langsamer. Der Wind, das Meer, der Sand, das Rauschen der Wellen – sich einfach treiben zu lassen ohne Zeit- oder Leistungsdruck.

Die Tage auf der Insel beginnen mit einem spirituellen Impuls. Dieser begleitet die Teilnehmer:innen durch den Tag. Mit sich selbst und der Kamera unterwegs wird das Herz aufmerksamer für das, was grad dran ist. Meditatives Fotografieren heißt auch sensibler werden für das, was die Fotos erzählen.

Frage 3: In der heutigen Zeit geht es oft um „höher, schneller, weiter“. Nicht nur bei den Olympischen Spielen, sondern auch in der Fotografie. In den Foto-Exerzitien regen Sie an, dass die Teilnehmenden sich auf ein einziges Bild konzentrieren sollen. Verraten Sie uns das Konzept dahinter?


Wir leben in einer Welt voller Bilder. Wurden früher Fotos nur zu besonderen Anlässen von ausgebildeten Personen gemacht, kann heute jeder Fotos machen und viele. Spätestens seitdem das Smartphone die Welt erobert hat, macht fast jeder von uns jederzeit Fotos. Auf Instagram werden durchschnittlich 100+ Millionen Fotos pro Tag hoch geladen. Wie die Bilderflut auf Instagram wächst, wächst auch die Bilderflut auf meinem Handy und auf dem Computer.

In dieser Flut tut es gut, sich auf ein Bild zu beschränken. Die Teilnehmer:innen dürfen natürlich so viele Bilder machen, wie sie möchten, doch wird am Ende nur ein Bild pro Tag abgegeben. Eine große Herausforderung für die meisten Teilnehmer:innen. Doch es gehört zum Prozess in den Foto-Exerzitien, dass ich mich entscheide, welches Bild mein Bild des Tages wird. Für viele Teilnehmer:innen in der heutigen Zeit, in der sich jedem anscheinend unendliche Möglichkeiten, Chancen und Wege anbieten und wir kaum noch zu endgültigen Entscheidungen gelangen ist diese Vorgabe nicht einfach.

In der Reduktion auf ein Bild zeigt das Bild alles, was ich bin – mein Leben, meine Erfahrungen und besonders das, was mich im Moment bewegt: Meine Fragen. Mein Suchen. Meine Unsicherheit.

Das Interview mit Angelika Kamlage führte explizit.net - Chefredakteur Christian Schnaubelt.

Angelika Kamlage bietet verschiedene Foto-Exerzitien an. Weitere Informationen gibt es auf den Websites www.angelika-kamlage.de und https://www.5tage5fotos.de/.

P.S.: Dieses Interview ist ein Beitrag des publicatio e.V.-Themas "Kirche + Medien". Alle Beiträge finden Sie hier: explizit.net/medien/.


Kategorie: Medien Religion

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