Facebook - bereits das Tschernobyl des Internets?

Man wusste vor der Kernschmelze des Reaktors in Tschernobyl, dass Atomkraftwerke eine Katastrophe auslösen können. Ebenso weiß man vor den Veröffentlichungen zum Datenmissbrauch bei Facebook, dass über Internetnutzer alle Daten gesammelt und auch genutzt werden. Ein Kommentar eines digital immigrants.

Es gibt mehrere Faktoren, die die Risiken des Internets immer weniger beherrschbar machen. Deshalb die These, dass es nicht allein um Anbieter wie Facebook geht.

1.      Ein System, in dem alle Daten miteinander verbunden werden, wird mit der Zunahme der Daten immer störanfälliger. Wenn Atomkraftwerke, selbstfahrende Automobile, die Steuerung der Anlagen in Fabriken wie in Privatwohnungen, die Geldüberweisungen miteinander verknüpft sind, weil die Daten durch die gleichen Leitungen fließen, steigert das Risiko ständig. Ein gravierendes Problem kommt hinzu:

2.      Jeder mit dem Internet verbundene Computer kann gehackt werden. Das wurde von Fachleuten zuletzt öffentlich erklärt, als Unbefugte in die Server der Bundesregierung eindringen konnten. Das heißt aber auch, dass es Zugänge zur Steuerungssoftware von Kraftwerken gibt wie auch zu den Servern, über die die selbstfahrenden Autos gelenkt werden. Es geht weiter fehlenden Schutz der Bürger durch den Staat:

3.      Ein fremder Staat hat dadurch wohlmöglichj mehr Kontrolle über die Bürger der Bundesrepublik als die eigene Regierung. So weiß Google, wo sich der Besitzer eines Handys mit dem Androidbetriebssystem gerade aufhält. Die Emails, die über amerikanische Server laufen, werden mitgelesen. Welche Seiten jemand ansteuert, was er, was sie online bestellen, auf Schritt und Tritt ist man im Auge des "großen Bruders".

Die bekannten Risiken werden langsam bewusst

Jeder konnte wissen, dass ein Atomreaktor zu einer Atombombe werden kann, wenn die Kühlung ausfällt und die Bleistäbe nicht mehr eingesenkt werden können. Da alles einmal passiert, was passieren kann und Fukushima lehrt, dass aus den Fehlern nicht gelernt wird, muss eine so gefährliche Technik wie die Atomreaktoren abgeschaltet werden. Für das Internet geht es möglicherweise ohne einen Supergau.

Eigentlich wissen die Onliner, sogar umso besser, je mehr sie sich im Netz bewegen, dass sie einer Totalüberwachung unterliegen. Bis in den März 2018 schienen die Vorteile so groß, dass man die Risiken ausblenden konnte. Die erfolgreichen Hackerangriffe auf die Regierungscomputer waren noch nicht hinreichend, dass die Politik eine Weichenstellung vorgenommen hätte. Aber das Problembewusstsein wurde aufgeheizt haben, so dass jetzt die Diskussion über die Datenkrake "Facebook" in Gang gekommen ist. Das mehrtätige Zögern, Stellung zu nehmen, zeigt: Wie alle Unternehmen und Institutionen, die im Trüben fischen, war auch Facebook nicht in der Lage, sofort zu reagieren. Wie sollte es auch, müsste es doch sein Unternehmenskonzept grundlegend ändern. Dieses funktioniert aber nur so lange, wie die Nutzer nicht so genau wissen wollen, was mit ihren posts passiert und für welche Manipulationen die Daten verwendet werden. Das Gleiche gilt für WhatsApp, Teil des Facebookimperiums.

Steht den Social Media steht der gleiche Weg wie der Atomindustrie bevor?

Auch wenn jetzt überlegt wird, wie man Facebook zu gesetzeskonformen Verhalten zwingen kann, wer so viele Daten über den Privatbereich von Nutzern hat, ist nicht mehr zu kontrollieren. Ob die neue Justizministerin der Herausforderung gewachsen ist, ist stark zu bezweifeln. Auch die FDP hat nach Jahren nicht erkannt, dass der Umgang mit den Daten genau die Liberalität bereits ausgehebelt hat, für die sie stehen sollte. Die Wirtschaft sieht immer noch die Potentiale der Digitalisierung als zukunftsträchtiger und lässt Milliardenschäden durch Diebstahl von know how und Betriebsgeheimnissen über sich ergehen. Ob die digitale Technik so wie die Atomreaktoren einmal wieder abgeschaltet wird, lässt sich heute noch nicht sagen. Absehen lässt sich aber:

1.      Die Zerschlagung der Monopole:  Da jedes Monopol zum Missbrauch verführt und der Staat faktisch Hoheitsbefugnisse an Monopolunternehmen abgibt, muss er schon im eigenen Interesse Monopole zerschlagen. Leider sind die Parteien, wie die FDP es zeigt, nicht bereit, das zum Schutz ihrer Wähler durchzusetzen.

2.      Es wird zu mehreren Netzen kommen, die bis an den Arbeitsplatz strikt getrennt werden: Auf die Dauer reicht es nicht aus, die Telekom zu zwingen, ihre Netze anderen Providern zu öffnen. Diese müssen gezwungen werden, wie im Mobilfunk eigene Netze auszubauen. Neben Arcor sollte ein drittes Netz ausgebaut werden.

3.      Deutschland bzw. die EU muss die Hoheit über die Daten zurückgewinnen. Sie sollte nicht so lange warten, bis die USA diese Karte ausspielt.

4.      Es ist eine Regelung unumgänglich, dass Daten nicht ohne ausdrückliche Zustimmung auf Servern gespeichert werden, die außerhalb des Zugriffsbereichs des jeweiligen Staates liegen. Wenn schon die Politik dies nicht als Auftrag erkennt, den sie zum Schutz des einzelnen Bürgers hat, muss die Rechtswissenschaft die Initiative ergreifen, damit die höchsten Gerichte mit der Frage befasst werden.

5.      Die Macht von Unternehmen wie Facebook muss begrenzt werden. Für unterschiedliche Communities muss es je eigene Netze geben, damit nicht ein Unternehmen über alle Daten verfügt.

Die Dreißigjährigen, nicht die Senioren

Dieser Beitrag ist von einem Senior geschrieben. Dessen berufliche Karriere und auch dessen Privatleben sind nicht mehr betroffen. Deshalb die Frage an die Jüngeren, warum sie die Anfrage an die Totalüberwachung mit der Bemerkung abtun: „Ich habe nichts zu verbergen.“ Das heißt doch: Apple, Google und Facebook sollen doch mit meinen Daten machen, was sie wollen. Nichts lässt sich leichter abschaffen als der Schutz der Privatsphäre - mit der Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung, wenn diese die nationalen Interessen über den Vorrang der Grundrechte stellt.

Link: Unsterblich mit facebook
Die digitlaen Menschenfresser

Ein Kommentar von Eckhard Bieger S.J.


Kategorie: Medien

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