Michaelskirche, Foto: Florian Böth

Tod und Auferstehung in der Michaelskirche Fulda

Die Michaelskirche in Fulda ist der Jerusalemer Grabeskirche nachempfunden. Einst diente sie als Totenkapelle für die Mönche und Äbte des Klosters Fulda. Die christliche Auferstehungshoffnung wird in der Kirche durch zahlreiche Motive gegenwärtig.

Jerusalemer Grabeskirche als bauliches Vorbild

Als Totenkirche für ihr Kloster wählten die Fuldaer Mönche kein geringeres Vorbild als die Jerusalemer Grabeskirche, die über der Grabstätte Jesu bereits von Kaiser Konstantin errichtet wurde. Der ursprünglich karolingische Bau aus dem neunten Jahrhundert bestand aus einem runden eingeschossigen Zentralbau mit acht Säulen, deren Last eine einzige Säule in der Krypta trägt. Nachdem Teile der Kirche stark beschädigt wurden, wurde sie im elften Jahrhundert wieder aufgebaut, um ein Langhaus und einen Westturm erweitert, sodass der heutige Grundriss einem Kreuz gleicht.

Grabeskirche als ideale Gestalt einer Totenkapelle

Im Mittelalter werden an vielen Orten die heiligen Stätte Jerusalems nachgebaut und imitiert. Da sich in der Grabeskirche der Ort, an dem sich das Heil für die Toten ereignet, mit der Funktion des Bestattungsorts verbinden, bot sich die Grabeskirche als ideales Vorbild für den Bau einer Totenkapellen an. Die Michaelskirche ist die früheste Nachbildung der Grabeskirche in Deutschland. Auch hier gab es eine Nachbildung des Heiligengrabs, die aber nicht mehr erhalten ist.

Bausymbolik in der Vita Eigils beschrieben

Der Mönch und Urkundenschreiber Brun Candidus, ein Zeitgenosse und Biograf des Abtes Eigil, deutet die Architektur der Michaelskirche symbolisch aus. Im ersten Buch der Vita des Eigils erkennt Brun Candidus in der Michaelskirche eine Abbildung der Heilsgeschichte und Anspielungen auf die Beziehung zwischen Christus und der Kirche:
Die Säule, die den Zentralbau trägt, steht für Christus, auf den die Kirche gegründet ist und an ihrem Anfang steht. Die acht Säulen in der Rotunde erinnern Brun Candidus an die Seligpreisungen. Sie stehen für die Kirche, die das Heil in der Welt wirkt. Der Schlussstein im Gewölbe, der heute nicht mehr sichtbar ist, deutet er als Christus, der seine Kirche vollenden wird.

Nur der Trierer Dom ist älter

In der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts unter Abt Eigil erbaut, ist die Michaelskirche eine der ältesten Kirchen Deutschlands. Auch wenn es immer wieder Streitigkeiten um die exakte Rangfolge gibt, ist die Michaelskirche mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit die zweitälteste, noch heute genutzte Kirche in Deutschland. Die heutige Krypta der Michaelskirche wurde um 820 erbaut und im Jahr 822 zu Ehren des Erzengels Michael geweiht. Sie diente den Mönchen als Totenkapelle, noch heute werden in der Kirche die verstorbene Bischöfe von Fulda bis zu ihrer Beerdigung aufgebahrt.

Hoffnung auf Vollendung und Auferstehung

In der Mitte des Zentralbaus auf einer vertikalen Achse wird die Heilsgeschichte symbolisch dargestellt, an deren Anfang und Ende Christus selbst steht. Die acht Säulen stehen dabei nicht nur für die Kirche. Die Zahl acht ist auch Symbol für die Auferstehung, weil Jesus am achten Tag auferweckt wurde. Der vorangegangen jüdische Sabbat ist der siebte Tag. Viele Tauf- und Grabeskirchen haben einen achteckigen Grundriss, so die Kirchen in Schwarzrheindorf bei Bonn oder Ottmarsheim im südlichen Elsass. Die Anordnung der Säulen in einem Kreis, als Zeichen der Unendlichkeit, nimmt das Motiv des ewigen Lebens mit auf. Im Innenraum der Michaelskirche wird die christliche Hoffnung auf Auferstehung und Vollendung im Ewigen Leben symbolisch sichtbar. Die gleiche Hoffnung, auf die auch die Totenleuchte jedes Jahr im November verweisen will.

Ein Licht für die Toten

Jedes Jahr im November brennt an der Michaelskirche ein Licht. Im Monat des Totengedenkens erinnert die Totenleuchte des Westturms an die verstorbenen Mönche des Klosters Fulda, die in und um die Kirche begraben wurden. Wenn ein Mönch gestorben war, wurde er in der Kirche aufgebahrt. Als äußeres Zeichen wurde die Totenleuchte am Westturm der Kirche angezündet, bis der er bestattet war. Der Brauch der Totenleuchte stammt sehr wahrscheinlich aus dem Kloster Cluny und breitete sich ab dem elften Jahrhundert in vielen Benediktiner- und Zisterzienser-Klöstern aus. Vielerorts dienten Totenleuchten auch als Ewiges Licht für Verstorbene, die außerhalb der Kirchen bestattet waren. Dieses sollte den Verstorbenen bis zu ihrer Auferstehung Trost und Hoffnung spenden.

 


Kategorie: Kirche

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