„Felixianum“ wird ein Teil des Priesterseminars in Trier genannt. Hier verbringen angehende Priester und andere gleichaltrige Männern und Frauen ein gemeinsames Jahr. Die meisten nehmen ein Theologiestudium auf. Zu den Bestandteilen des Jahres gehören gemeinsames Leben, Beten und das Erlernen von Sprachen und eine Abschlussfahrt. Das Jahr war für mich eine bereichernde und intensive Erfahrung, die ich als prägend aus meinem bisherigen Lebensweg mitnehme.
Vertieftes Gebet
Der erste Jahrgang des Felixianums war 2016 gestartet. In der Ausbildung in Deutschland ist eine vorbereitende Phase („Propädeutikum“) vor dem eigentlichen Theologiestudium vorgesehen. Darin sollen das gemeinschaftliche, wie gerade auch ein geistliches Leben eingeübt werden. Nicht jeder entscheidet sich direkt nach der Schule dazu, ins Priesterseminar zu gehen und so kann, was vielleicht zunächst entspannt klingt, durchaus zur Herausforderung werden. Gerade wenn auch studienvorbereitende Kurse hinzukommen, die einen an den Schreibtisch binden. Für das Felixianum wurde nun dieses Grundgerüst übernommen und unter dem Motto spiritualität leben lernen zusammengefasst, was einerseits die drei Grundpfeiler des Orientierungsjahres darstellt, andererseits, aneinander gelesen, auch einen Prozess zum Ausdruck bringt: das Erlernen und Hineinwachsen in ein geistliches Leben.
Vielleicht gerade wegen dieser Lesart sind mir diese drei Stützen wichtig geworden. Schließlich hatte auch ich natürlich schon vorher eine Vorstellung von spiritualität. In meiner Heimatgemeinde war ich Messdiener und so natürlich – dachte ich – mit christlicher Spiritualität vertraut. Der Gottesdienst ist sicher ganz deutlich ein Ort von Spiritualität. Durch das Felixianum ist mir erst so richtig ins Bewusstsein gerückt ist, dass Liturgie immer von Gemeinschaft lebt. Das mag banal klingen, hat sich mir aber erst durch das geistliche Programm im Felixianum mir so richtig deutlich gezeigt.
Ich bin überzeugt und merke selber, dass persönliches Gebet gerade in der Messe möglich ist. Das Kennenlernen neuer Gebetsformen wie Tagesrückblick, ein stiller „Oasentag“ an einem Tag im Monat oder aber Exerzitien, also eine ganze Woche im Schweigen, haben meinen Horizont geweitet und sind mir persönlich wichtig geworden. Mein eigenes Gebetsleben wurde dadurch bereichert und das trotz oder vielleicht sogar gerade wegen der Gemeinschaft mit anderen Menschen in meinem Alter.
Gemeinsames Leben
Ebenso wie dieser erste Bereich war mir auch der Grundpfeiler leben nicht fremd. Meine Familie ist alles in allem nicht sehr groß, trotzdem bin ich immerhin mit zwei Brüdern aufgewachsen. Mir war zwar immer bewusst, dass es heute nicht mehr unbedingt selbstverständlich ist, in solch einer Familienkonstellation aufzuwachsen. Sicher wären bei einer Umfrage in meiner Schule sehr verschiedene Antworten gekommen, wenn man gefragt hätte, was sich jede und jeder Einzelne unter einer „normalen“ Familie vorstellt. All das war mir klar. Und trotzdem: mit anderen Gleichaltrigen in einer Art WG für ein knappes Jahr aufeinander geworfen zu sein, war für mich eine ganz neue Erfahrung von Gemeinschaftsleben.
Familie sucht man sich nicht aus – auch meine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner habe ich mir nicht ausgesucht. Kleinere Auseinandersetzungen gab es natürlich immer wieder, wie es wohl in jeder anderen WG auch ist, z.B. wenn es um das Sauberhalten der Küche geht, Streit zum Glück nicht. Zugegebenermaßen war die Gruppe natürlich auch sehr homogen: alle aus einem katholisch sozialisierten Umfeld, wenn auch verschiedener Ausprägung, und viele mit der Absicht, Theologie zu studieren. Diese Konstellation aus Gleichgesinnten war für mich genau passend. Ich habe gelernt, in ganz anderer Art und Weise zu diskutieren, meine Position zu finden und zu begründen. Teils euphorischer als bei simulierten Debatten in der Schule, aber hinsichtlich der Emotionen doch reservierter als in der Familie.
Sprachenlernen
Von den Debatten und Diskussionen konnte ich für mich selber lernen. Auch dieses lernen gehört eben dazu. Und darüber hinaus noch das Erlernen alter und neuer Sprachen, in meinem Fall biblisches Griechisch und biblisches Hebräisch und ein wenig Spanisch zur Vorbereitung auf das Studium. Diese Fülle an Sprachunterricht hat mir nicht immer nur Freude bereitet. Aber mit dem eigentlich dahinterstehenden Ziel des Theologiestudiums habe ich mich dann doch immer wieder aufraffen können.
Junge Erwachsene finden ihre Spiritualität
Die drei Grundpfeiler können auch in einem gelesen werden und so ist ein Selbstanspruch des Felixianums, jungen Erwachsenen zu helfen, ihre Spiritualität leben zu lernen. Aus der Not, zu wenige Priesteramtskandidaten aufnehmen zu können, ist tatsächlich eine Tugend geworden: jungen Christinnen und Christen auf ihrem Lebens- und Glaubensweg Unterstützung zu bieten.
In der Priesterausbildung wird immer häufiger der Begriff „Formation“ verwendet. Schließlich geht es nicht einfach nur darum, dass jemand wie in einer Ausbildung sein Handwerkszeug erlernt, sondern es geht um persönliche Bildung und Reifung. Formation betrifft nicht nur Priester, sondern letztlich alle Gläubigen, da das Christsein immer ein Wachstumsprozess ist. Eine Einrichtung wie das Felixianum kann dabei für junge Menschen eine Hilfe sein. Auch andernorts ist das längst erkannt worden, sodass viele Bistümer in Deutschland ähnliche Angebote haben. Christsein, aber auch immer mehr Christwerden betrifft nicht nur die, deren Weg nicht in Richtung eines sakramentalen Amtes in der Kirche geht. Eine „Formation“ brauchen nicht nur Priesteramtskandidaten, sondern alle Gläubigen. Trotzdem ist nicht alles einerlei. So wie der Lebensweg jedes Menschen unterschiedlich ist, so sind auch die Dienste und Ämter in der Kirche unterschiedlich. Daher sind auch verschiedene Ausbildungswege sinnvoll und berechtigt. Für alle gilt gleichermaßen, eine eigene Spiritualität leben lernen betrifft alle. Warum sollte hier also zwischen angehenden Priestern und anderen unterschieden werden?
Über das Felixianum als Angebot
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