Die Gläubigen, die noch zur Institution stehen, verlieren das Vertrauen, dass die Bischöfe es noch hinbekommen und somit der Makel dauerhaft an der Kirche hängen bleibt. Der Verdacht, dass Täter und deren Personalverantwortliche weiter gedeckt werden, bleibt vor allem an der Kölner Kirchenleitung haften. Diese will eine Aktenanalyse nicht für die Veröffentlichung freigeben und erklärt das noch öffentlich. Es bleibt damit der Eindruck, dass der Schutz der Täter und der Personalverantwortlichen Vorrang vor der Sorge für die Opfer behält. Diese tragen nicht nur die seelischen Verletzungen mit sich, sondern auch die Kränkung, dass ihnen nicht geglaubt wurde. Es waren nicht nur die Personalverantwortlichen, die die Opfer nicht geschützt haben, sondern auch das Umfeld der Opfer hat ihnen Verleumdung von ehrenwerten Priestern unterstellt, weil man davon ausging, dass Priester auf Grund ihres Standes immun gegenüber solchen Neigungen seien. Deshalb brauchen die Opfer umso mehr das Eingeständnis der Täter, dass sie diese nicht verleumdet haben, sondern missbraucht wurden. Ein Schuldbekenntnis wird allerdings nicht nur von dem einzelnen Täter erwartet, sondern genauso von der Institution.
Die Institution handelt durch ihre Priester
Die Institution muss zu ihrer Mittäterschaft stehen, weil ein Priester ohne die Institution Kirche nicht denkbar ist. Er ist nicht wie ein anderer Sexualstraftäter nur als Individuum zu sehen, zumal er seine Stellung, die er erst durch die Institution hat, gegenüber Abhängigen ausgenutzt hat. Weil die Institution zur Identität eines Priesters gehört, ist sie bei jeder Verletzung einer wehrlosen Person mit beteiligt. Das ist vergleichbar mit Beamten. Diese handeln ebenso wenig nur als Individuum, das für sich alleine zur Rechenschaft gezogen wird, wenn sie ihre Stellung ausnutzen, um Bürger zu erpressen. Bestechung ist auch immer ein Versagen des Staates. Noch deutlicher wird das bei Polizeibeamten, denen eine Waffe in die Hand gegeben wird. Nicht nur der einzelne Polizist, sondern immer auch der Staat wird zum Mit-Täter, wenn der Beamte die Waffe nicht gesetzeskonform einsetzt. An dieser Berufsgruppe könnte die Kirche ablesen, zu was sie als Institution verpflichtet ist.
Der Corpsgeist hat den Missbrauch nicht verhindert
Wenn Beamte oder auch Bundeswehrsoldaten die Waffe nicht zum Schutz der Bürger einsetzen, dann wird erwartet, dass der Staat Maßnahmen ergreift, die den Missbrauch erschweren. Eine solche Maßnahme ist z.B. das Nachzählen der Munition, um zu verhindern, dass Patronen abgezweigt werden. Bereits die Ausbildung muss so angelegt sein, dass ein Missbrauch der Munition dem Ethos der Polizei oder der Armee widerspricht. Besteht in der katholischen Kirche ein solches Ethos? Oder haben die anderen Priester zusammen mit den Personalverantwortlichen weggeschaut? Falscher Korpsgeist hat bei den Personalverantwortlichen dazu geführt, die Täter zu schützen. Das liegt nahe, jedoch war das der falsche Schutz. Denn den Tätern wäre wirksam geholfen worden, wenn sie sich mit ihren Übergriffen therapeutisch auseinandersetzen hätten können. Aber sie wurden nur versetzt. Der Täter konnte am anderen Ort wieder übergriffig werden. Das hat zu mehr Übergriffen geführt, denn ein Täter musste nur mit einer Versetzung rechnen. Andere Fehlgriffe von Priestern wurden sehr viel heftiger geahndet, so die Kritik an Glaubensüberzeugungen. Die schwerwiegenden Übergriffe auf Kinder und Jugendliche wurden von den Leitungspersonen nicht thematisiert und auch innerhalb der Priesterschaft eher mit Schweigen übergangen. Bei der Versetzung eines Täters wurde der eigentliche Grund nicht angegeben und die anderen Priester bzw. Ordensangehörigen an dem neuen Ort wurden oft nicht informiert. Weil das Thema besonders unangenehm ist, wurde es bei Priestertreffen und in Ordensgemeinschaften nicht besprochen. So konnte auch kein Wertebewusstsein entstehen. Hätte man vor Jahren die Täter zu einer Therapie geführt, wären die massiven Übergriffe, die einzelnen über Jahre ausüben konnten, heute nicht zum Mühlstein geworden, den die Kirche nicht vom Hals bekommt. Das wäre auch im zentralen Interesse der Institution gewesen.
Warum die nicht die Kinder, sondern die Priester als höchster Wert der Kirche gelten
Für die katholische Kirche sind die Kinder und Jugendlichen eigentlich der Wert, dem die höchste Aufmerksamkeit gilt. Taufe, der Unterhalt vieler Kindergärten, Religionsunterricht, Erstkommunion, Messdiener, Jugendverbände sind die Aktionsfelder der Pfarreien. Gerade die zölibatäre Lebensform erzwingt, Religiosität möglichst intensiv Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, damit es auch in Zukunft Ordensfrauen und Priester gibt. Für die evangelische Pfarrerschaft ist das nicht so dringend, weil ihre Kinder für die Nachfolge im kirchlichen Dienst ansprechbar sind. Die Konsequenz für jeden Priester liegt auf der Hand, dass gerade die Kinder und Jugendlichen einen besonders wohlwollenden Blick brauchen und nicht „miss-braucht“ werden können. Die Aufarbeitung noch ins 11 Jahr zu ziehen, setzt nicht nur das Wohlwollen der kirchennahen Katholiken aufs Spiel. Statt endlich reinen Tisch zu machen, muss die Auswertung der Akten „gerichtsfest“ gemacht werden. Die Kirchenmitglieder brauchen nicht Aktenauswertung, sondern Handlung. Diese muss auch in einer intensiveren Sorge auch für die Täter bestehen.
Aus der Truppe verbannen oder Krisenintervention
„Unehrenhaft aus der Truppe entfernen“ ist eine Möglichkeit, mit Tätern umzugehen. Diese Maßnahme kann deshalb keine Lösung sein, weil der Täter ja weiter seiner Neigung nachgehen wird. Das wäre so, als würde man einen Polizisten “aus dem Dienst entfernen“ und ihm nicht nur die Waffe belassen, sondern auch die Munition. Die Priester können auch nicht wie die Cliquen im Darknet, die sich die Opfer vermitteln und ihre Untaten noch filmen, einfach der Justiz überantwortet werden. Dafür sind die Priester zu wichtig. Sie gehören zur DNA einer sich sakramental verstehenden Kirche. Für einen Bischof oder Ordensoberen ist eine Entlassung auch deshalb schwierig, weil sie mit der Priesterweihe die Verpflichtung übernommen haben, für den Lebensunterhalt des Geweihten zu sorgen. Ein weiteres Argument, sich um die Täter zu kümmern, ist das sakramentalen Verständnis der katholischen Kirche. Mit der Weihe wird ein Priester in die Gemeinschaft des Presbyteriums, der mit dem Bischof vereinten Priesterschaft aufgenommen.
Das fast völlige Ausbleiben von Priesternachwuchs sollte nicht nur die Leitungskräfte, sondern auch jeden Priester veranlassen, das Wertgefüge, das für Priesterschaft bzw. die Ordensgemeinschaft tragend ist, zu überprüfen. Denn wie soll es jungen Männern noch möglich sein, sich für den Priesterberuf zu entscheiden. Für ein lebenslanges Engagement bieten sich auch andere Berufe an, in denen man sich nicht einer handlungsunfähigen Institution anvertrauen muss. Die katholische Kirche steuert in Deutschland auf Jahrzehnte ohne Eucharistiefeiern zu. Sie muss den Priesterberuf auf der Werteebene stärken und deutlich zeigen, dass sie bei den Tätern ansetzt. Das ist gerade deshalb notwendig und auch bei vielen mit Erfolg umzusetzen, weil nur ein Teil der Täter durch eine pädophile Orientierung übergriffig geworden ist.
Die Mehrzahl der Täter sind keine Pädophilen
Unter den Priestern wie auch unter den Tätern überhaupt ist der kleinere Teil sexuell auf das Kindchen-Schema festgelegt, also pädophil. Dieser Tatbestand wird in der Diskussion deshalb kaum berücksichtigt, weil die pädophil veranlagten Personen, ob Priester oder Trainer, Väter oder Onkel sehr viel mehr Kinder schädigen. Dadurch ist wohl das Bild entstanden, dass sich besonders viele Pädophile in den kirchlichen Dienst eingeschlichen haben. Wenn aber die Mehrheit der übergriffig gewordenen Priester gar nicht diese sexuelle Neigung haben, wird auch erklärbar, warum die meisten der späteren Täter in der Ausbildung nicht auffällig werden. Ein großer Teil der Täter ist auch nur ein- oder wenige Male übergriffig geworden. Das Bild vom Priester, der Kinder sexuell belästigt und sogar Geschlechtsverkehr hat, wird von wenigen Dauertätern bestimmt. Deren Verhalten wird auch meistens dargestellt, weil deren Opfer mit Recht endlich die Aufmerksamkeit durch die Institution erzwingen, um als glaubhaft anerkannt zu werden. Was heißt das aber für die Institution:
Sie muss nicht nur die Opfer in den Blick nehmen, sondern die Täter. Prävention kann sich nämlich nicht darauf beschränken, diejenigen unter den Priesteramtskandidaten herauszufinden, die eine pädophile Orientierung haben. Es reicht auch nicht eine Intensivierung der Kontrolle, sondern die Priesterschaft insgesamt braucht einen Wertekonsens, dass Kinder etwas Heiliges sind, die nicht angetastet werden dürfen. Hat Jesus etwa sexuellen Missbrauch von Kindern im Blick gehabt, wenn er drohend sagt:
Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde.“ Matthäus 8,6. Vorher heißt es „Amen, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.
Über die Täter und diejenigen, die eine pädophile Orientierung haben, hier zwei Links:
Pädophilie bei Priestern meistens die Ausnahmen
Sexualstraftäter sind meist erschreckend normal
Die katholische Kirche hat mit der Beichte die Mittel, um sich vor Gott und den Opfern um Vergebung zu bemühen, deshalb: Nicht gerichtsfest, sondern katholisch den Missbrauch aufarbeiten
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