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Den Priesterberuf wieder lebbar machen

Der Priester scheint in der Kirche der eine zu sein, der für alles zuständig ist. Er scheint alleine bestimmen zu können, was geht und was nicht. Aber es gibt sie immer weniger, die das machen wollen. Die Proteste katholischer Frauen richten sich gegen eine Kirchenorganisation die es bald nicht mehr gibt – oder sie wird entflochten

Der Pfarrer als der Priester in leitender Position kann über alles bestimmen, er ist Chef der Kindergartenleiterin, des Organisten, des Hausmeisters. Wenn die Pfarrei Trägerin eines Altenheimes oder eines Krankenhauses ist, stellt er sogar die Chefärzte, die Pflegedienstleitung u.a. ein. Das scheint allen Beteiligten so selbstverständlich, dass katholische Frauen, um mehr bestimmen zu können, Zugang zu diesem Beruf haben wollen. Warum aber gegen eine Struktur streiten, für die die Diözesen seit Jahren nicht mehr das geeignete Personal finden. Das scheint so anachronistisch wie das Eintreten von evangelischen Landeskirchen für ein Tempolimit auf Autobahnen. Mit dem Autonomen Fahren wird das Fahrzeug so gelenkt werden müssen, dass kein Unfall passieren darf. Dann gibt es keine überhöhte Geschwindigkeit und kein zu nahes Auffahren mehr.

Das Pfarrerbild bestimmt fast allein das Bild der Kirche

Will die katholische Kirche sich in ihrem Erscheinungsbild so an eine Berufsgruppe binden und wollen es die Mitglieder dieser Berufsgruppe überhaupt? Es ist wie mit dem Amt des Oberbürgermeisters, des Vorstandsvorsitzenden, des Dirigenten. Sie verkörpern die Stadt, das Unternehmen, das Orchester in der einen Person. Einer steckt die Lorbeeren für den Erfolg ein, einer ist dann auch für den Misserfolg alleine verantwortlich. Die katholische Kirche hat sich damit das abschreckende Image einer Männer-dominierten Institution zugelegt. Der Missbrauch dieser Leitungskräfte bestimmt über Jahre das Erscheinungsbild einer doch riesengroßen Institution, die doch nicht allein von den Pfarrern „am Laufen gehalten wird“. Nicht der Zölibat ist das Problem, sondern die Isolierung von den anderen Kirchenmitgliedern, diese geschieht nicht durch Marginalisierung, sondern durch Aufgabenhäufung. Aber braucht die Kirche ein Amt, das alles zu managen hat, so dass Machtmissbrauch nicht mehr durch eine Gegenkraft ausgebremst werden kann? Und warum müssen die vielen gutwilligen Seelsorger immer mehr unter der Last zusammenbrechen?

Statt Einmannshow ein Ensemble

Ist Kirche nur als ein straff hierarchisch strukturiertes Unternehmen zu verstehen oder nicht eher einer Fußballmannschaft oder einem Theaterensemble vergleichbar? Da braucht es verschiedene Rollen, damit die Inszenierung gelingt. Im Fußball ist der gute Tormann genauso wichtig wie der, der die Pässe spielt. Die Verteidiger, die dem Gegner keinen Raum lassen, nehmen dem Stürmer nichts, der die Tore schießt. Wenn die katholische Kirche, nicht nur die Bischöfe und Priester, sich auf die entscheidenden Funktionen besinnen, durch die sich die katholische Kirche bestimmt, dann könnte sich eine Lösung in Richtung Ensemble abzeichnen.

Caritas, Gottesdienst, religiöse Unterweisung

Die katholische Kirche scheint sich vom Liturgen her zu verstehen, die protestantischen Kirchen ziehen dem Pfarrer dagegen die Robe eines Universitätspräsidenten an. Dann gibt es noch den barmherzigen Samariter als Leitbild, der anders als der vorbeigehende Priester den Überfallenen nicht belehrt und mit ihm auch nicht betet, sondern ihn versorgt. Papst Franziskus gewichtet diese Rolle, indem er die Kirche als Lazarett umgestalten will. Auch er feiert Gottesdienste und versteht sich als Lehrer, denn alle drei Bereiche gehören zusammen: Gottesdienst, religiöse Unterweisung, Einsatz für Arme und Kranke. Sie sollen alle drei gelebt werden, von jedem Christen und von jeder Berufsgruppe. Wer Kranke pflegt oder Obdachlose betreut, soll ihnen auch von der Vergebung der Sünden und dem Ewigen Leben erzählen und mit ihnen beten. Wer als Professor Theologie lehrt, soll auch Gottesdienste feiern und in einem Sozialprojekt mitarbeiten. Die drei Bereiche sollen sich gegenseitig durchdringen. Nicht nur der Liturge, sondern alle drei Grundfunktionen müssen die Kirche nach außen repräsentieren. Hier liegen die Voraussetzungen, um das Amt des leitenden Pfarrers zu entflechten.

Priester, Religionslehrerin, Krankenpfleger oder Sozialarbeiter

Wenn eine Kirche durch das Ineinander von Caritas, Liturgie und Unterweisung bestimmt ist, dann sollte sie das auch nach außen zeigen. Da der Pfarrer zuerst für Gottesdienst steht, gehören die Repräsentantin der Caritas und ein Vertreter von Religionsunterricht und Bildung zum Gesicht der Kirche, z.B. einer Stadt oder eines Landkreises. Wie ein Krankenhaus von einem Dreigremium, nämlich der Pflegedienstleitung, dem ärztlichen Direktor und dem Leiter, der Leiterin der Verwaltung gesteuert und nach außen vertreten wird, sollte die Katholische Kirche sich mit ihren drei Grundfunktionen deutlicher darstellen. Zwar soll nichts dem Gottesdienst vorgezogen werden, aber religiöse Unterweisung und Caritas müssen mit der Liturgie verbunden werden, weil sie auch Gottesdienst sind. 

Der Sprecher, die Sprecherin der Kirche

Wenn diese Überlegungen tragfähig sind, dann entlasten sie nicht nur den leitenden Pfarrer, sondern ermöglichen es der katholischen Kirche auch, dass eine Frau Sprecherin der Katholiken einer Stadt oder Landkreises wird, z.B. eine Religionslehrerin oder die Vorsitzende des Caritasverbandes. Konkret hieße das, dass wie im Krankenhaus ein Leitungsgremium eingesetzt wird, also neben dem Liturgen auch die Caritas und die religiöse Unterweisung vertreten sind. Sie können sich im Vorsitz ablösen, nach außen kann jeder die Kirche vertreten. Das würde einen Stadtpfarrer terminlich entlasten, Zugleich würde die Kirche in mehreren Feldern nicht nur wie bisher schon durch Fachleute vertreten, sie wären nur nicht mehr Vertreter des leitenden Pfarrers.

Die hier vorgeschlagene Neukonstruktion von Leitung beinträchtig die Rolle des Pfarrers nicht. Sie würde vielmehr dessen Aufgabenlast senken und gleichzeitig Frauen als Sprecherin der Katholiken zum Zuge kommen lassen. Sicher gibt es noch andere Lösungen. explizit.net veröffentlicht solche Vorschläge und Überlegungen, wie der Priesterberuf wieder anziehend sein könnte und Frauen sich von Leitungsämtern nicht mehr ausgeschlossen sind. Auf jeden Fall muss das Aufgabenprofil des Pfarrer neu ausgestaltet werden, denn für die jetzige Funktion findet die Katholische Kirche in Deutschland keine Protagonisten mehr. Zudem werben viele Pfarrer nicht mehr für ihren Beruf, weil sie faktisch kaum noch als Seelsorger ansprechbar sind. Deshalb müssen die Katholiken da ansetzen, wo die jetzigen Pfarrer nicht mehr Aus noch Ein wissen. Denn das Volk Gottes ist durch Taufe und Firmung eine priesterliche Gemeinschaft. Ein Verschwinden des Priestertums betrifft jede Katholiken, jede Katholikin. Warum das amtliche Priestertum für den priesterlichen Charakter aller von Bedeutung ist, bedarf einer eigenen Erklärung. Dafür wird in einem eigenen Beitrag die Lehre des letzten Konzils darzustellen sein.

s. weitere Beiträge:
Weniger Priester – weniger Kirche?
Kein Priesternachwuchs aus der GenerationZ


Kategorie: Kirche

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