(explizit.net) Am Tag vor der Wintersonnenwende gab Präsident Obama seine letzte Presskonferenz im Jahr. Im Weißen Haus wäre er vor dem Hawaiiurlaub nicht aufgetreten, hätte es nicht etwas Positives gegeben: die Wachstumsrate für Amerikas Wirtschaft erlangte im dritten Quartal 4,1 Prozent. Arbeitslosigkeit fiel von 7,8 auf sieben Prozent. Wohl lässt sich über Daten trefflich streiten. Jedoch genügten sie Barack H. Obama, auf einen Durchbruch im Aufschwung für das nächste Jahr zu hoffen. Der miese Punkt: Tiefststand von Sonne und Präsidialpopularität fielen zusammen: in nur einem Jahr verkehrten sich die Daten. Laut CNN bejahen Obama jetzt 41 Prozent, aber gar 56 Prozent lehnen seine Amtsführung ab.
Müde und abgekämpft wirkte er: jeden Tag stehe er auf, um sein Bestes zu geben. Vielen reicht das nicht mehr. Motto: gut gemeint ist nicht gut getan. Zwei Mühlsteine hängen an seinem Halse: die scheiternde Gesundheitsreform und der ausufernde Skandal um die Massenspionage mit Rückwirkungen in Europa und Mittelost. Wie im Brennglas kommt alles wieder zurück auf seine Amtsführung. Ein Faktor rückt auf: Vertrauensverlust zu ihm. Ob im Volk, in den Parteien oder im Ausland. Ist hierbei schon zu viel zerbrochen?
Obamacare
Ausgaben für Gesundheit schlucken ein Drittel des Budgets. Das sind auch die Programme Medicare – wer über 65 ist, kann diese Bundesstaatskrankenversicherung nehmen – und Medicaid für Personen mit niedrigen Einkommen. Beide haben nun über 116 Millionen Benutzer. Dass sich Programme modernisieren müssen wie Systeme der Versicherung, ist wegen der Demographie und Kosten klar. Drei Prinzipien würden viele zustimmen: keine Ablehung wegen krankheitsbedingter Vorbelastung, Wettbewerb von Versicherern über die bundesstaatlichen Grenzen hinweg und die freie Wahl von Ärzten und Institutionen.
Woran krankt die Reform? Bei Riesenkosten zusätzlich 15 Millionen Menschen zu absorbieren, auf Junge für Alte zu setzen und mit Washington durch neubürokratische Apparate alles steuern zu wollen, um Kosten zu senken. Es hätte mit der Gegenpartei eine Lösung über die Privatwirtschaft für dieses Sechstel der Ökonomie gegeben. Anders aber setzte Präsident Obama dies im Alleingang durch. Zudem misslang die Einschreibung in Obamacare über die Webseite der Regierung. Alles folgt in der Ideologie, der Staat möge durch steuerliche Umverteilung seine Bürger beglücken. Vor Weihnachten erfährt jeder nun, Obamas Versprechen, Arzt und Versicherer zu behalten, geriet von Anbeginn falsch
Radikalsozialisten wirkten in Europa ähnlich, nur ohne Privateigentum. Ihr System ging an seiner Unmenschlichkeit unter: alles, was Menschen lieb und teuer blieb, landete auf dem Index der Politbürokraten mit ihren Manipulations- und Kontrollapparaten. Wie man nun sieht, sind Fehlprozesse nicht auf Europa und Asien begrenzt. Auch in Amerika trägt der Kaiser keine Kleider. Hieß es zwei Jahre lang, flächendeckende Überwachung seiner Bürger gäbe es doch nicht, so brach alles auf. Der Nationale Geheimdienstdirektor James R. Clapper verneinte noch am 12. März 2013 vor einem Senatskomitee, ob die Nationale Sicherheitsagentur massenweise Telefondaten hunderter Millionen Amerikaner erhalte: Nein, wohl könnte sie es in einigen Fällen, aber nicht vorsätzlich. Am 6. Juni gestand er, die Agentur sammle telefonische Metadaten wie Nummern, Zeit und Dauer. Mitglied des Kongresses Justin Amash und Senator Rand Paul beschuldigten ihn daraufhin des Meineids.
Richter
Richard Leon erklärte am Montag, den 16. Dezember, das Überwachungsprogramm – sieben Jahre legal bestätigt, jedoch fünf Jahre illegal geführt – für nicht verfassungskonform. Der Bundesrichter brandmarkte diese Telefonspionage „fast Orwellian“, benannt nach Eric A. Blairs alais George Orwells Roman „1984“, der 1949 einen so bedrückenden Horch- und Guckstaat vorhersah. Am 18. Dezember hieß es im Bericht einer Kommission, dass solche massenhaften Metadaten mögliche Risiken für das öffentliche Vertrauen, die persönliche Privatheit und zivile Freiheiten schafften. Am Tage von Obamas Pressekonferenz zeigten durch Edward J. Snowden erhellte Daten, diese Spionage erfasse nicht bloß Amerikaner, sondern Tausende in über 60 Ländern. Laut New York Times vom 20. und 21. Dezember ebenso Chefs globaler Firmen und Vereine sowie – Israels Premier Benjamin Netanjahu.
Durch die 300 Seiten der Präsidialkommission mögen sich Obamas Weihnachtsgefühle in Hawai in Grenzen halten. Es gäbe, so dieser Bericht, keine Anzeichen, wo die fragliche Spionageagentur mit Gewissheit behaupten konnte, die Telefondaten hätten das Ergebnis einer Ermittlung schlagend beeinflusst. Es sei hier daran erinnert, daß Usama Bin Ladin völlig aller Telefonate entsagte. Eine Dekade steuerte er seine Leute allein durch Kuriere.
In Amerika lief seit 2001 die globale Überwachung der Telefonate und Emails an, oft auch ohne richterliche Verfügungen. Gesellschaften der Telekommunikation halfen dabei (als Fazit ediert Verizon nun halbjährliche Transparenzberichte, auch was an Dritte ging).
Terror zu verhindern und freie Bürger zu beschützen, ist ein gutes Anliegen. Aber dafür kann man sich nicht alle Welt zu Feinden machen. Im Oktober sagte Präsident Obama zu Kanzlerin Angela Merkel, Amerika würde nie ihr Handy belauschen. Sie meinte noch vor der Sommerpause, ihr Handy werde doch nicht observiert. Und doch ist dies geschehen.
Das wäre „wie bei der Stasi“, habe sie laut New York Times vom 16. Dezember dem Präsidenten gesagt. Washington hat nicht nur in Berlin viel Vertrauenskapitel zerstört, zumal Obama noch Freitag sagte, es gäbe keine Zeichen für Missbrauch des Programms. Aber das wird sich Ende Januar zeigen, welche Regeln er erlässt. Richter Jeffrey S. White aus Kalifornien trug zudem der Regierung auf, zu evaluieren, wie Snowdens Daten das Geheimnisprivileg des Staates berührt haben. Eine Lawine an Klagen rollt nun an. Die Hauptsache liegt beim Kongress im Wahljahr, neue Gesetze gegen Übergriffe zu erlassen. Denn selbst Präsident Obama hat noch zur Jahresmitte betont, die Datensammlung träfe die „rechte Balance von Sicherheit und Freiheit“. Über eine Volkshälfte sieht das anders.
Philadelphia
Wie jedes Jahr trafen sich Bürger im Zentrum Philadelphias auf dem Weihnachtsmarkt –nach deutschem Bilde. Samstagabend waren es ungewöhnliche 20 Grad. Es gab dort 60 Büdchen in Lichterketten, Krippenbilder und Weihnachtsgeschichten. Chöre traten auf, etwa der Mormonen. Leicht kommt man ins Gespräch. Einige hegten Bedenken für die Einschreibung in Obamacare am Montag, den 23.: bestehen Kleingewerbe fort, werden Pflichtversicherung und Pflichtanteile so unbezahlbar geraten, wie es Medien kritisieren? Der Mann, der sein Weihnachten auf Hawaii verbringt, „beschert“ die Mittelschicht, da er tief in deren Taschen greift. Für alle und für ihn kommt das dramatischste Jahr in seiner Amtszeit. Ein Durchbruch oder Einbruch, auch global, vor allem mit Iran und Mittelost.
<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>
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